Dita Zipfel
Lucie und der Wahnsinn

Die fast dreizehnjährige Lucie ist von vielem genervt, vor allem, dass sie für Mamas neuen Freund ihr Zimmer räumen soll. Deshalb will sie nach Berlin ziehen, aber das kostet. Sie findet einen Job – bei einem sehr merkwürdigen alten Mann.

Von Holger Moos

Zipfel: Wie der Wahnsinn mir die Welt erklärte © © Hanser Zipfel: Wie der Wahnsinn mir die Welt erklärte © Hanser
Alles war perfekt. Lucie, ihre Mama und ihr kleiner Bruder Janni wohnten mit Mamas Freundin Bernie zusammen. Doch dann geht Bernie nach Berlin und Mamas neuer Freund Michi zieht ein. Ein Typ der „Mamas Kriterien zu 150 %“ entspricht. Michi stammt aus einem Yogakurs, er liebt „Wale, die auf der Panflöte gregorianische Mönchsgesänge imitieren“. Außerdem hält er sich für sehr einfühlsam, beweist für Lucie aber jeden Tag das Gegenteil.
 
Für sie steht fest: Das ist kein Leben mehr – zumindest nicht mehr der Ort, an dem sie leben möchte. Sie beschließt, Geld zu verdienen, weil sie bei der geliebten Bernie in Berlin wohnen will. So beginnt Dita Zipfels Jugendbuch Wie der Wahnsinn mir die Welt erklärte.

Gassi gehen Mit einem toten Hund

Lucie entdeckt eine vielversprechende Jobanzeige: 20 Euro pro Stunde soll sie für das Ausführen eines Hundes bekommen. Doch als sie bei ihrem potenziellen Arbeitgeber klingelt, öffnet Herr Klinge, ein „barfüßiger Opa in Outdoor-Uniform“, der extrem fit aussieht. Er konfrontiert sie mit so überraschenden Dingen, dass sie an dem Verstand des alten Mannes zweifelt.
 
Einen Hund gebe es gar nicht, der sei tot – daher: Auftragsänderung. Jetzt soll Lucie rätselhafte Rezepte für Liebestränke oder Kuchen, der Gedankenübertragung möglich macht, aufschreiben. Herr Klinge scheint außerdem unter Verfolgungswahn zu leiden. Jedenfalls hat er Wortfindungsschwierigkeiten, muss aber seine Rezepte dringend zu Papier bringen. Dazu braucht er Lucie als Sekretärin.

was ist schon normal?

In der Schule fühlt Lucie sich als Außenseiterin, über die sich die anderen, ach so perfekten Mädchen lustig machen. Dann ist da noch Marvin, der coolste Typ in ihrer Klasse. Zu Lucies Verwunderung interessiert sich Marvin für sie – jedoch nur, um sie zu hintergehen. Doch zum Glück lernt Lucie noch Leo kennen.
 
Bald aber wird der verrückte, paranoide Herr Klinge die wichtigste Figur in Lucies Leben. Dank ihm erkennt sie, dass kein Zwang besteht, normal zu sein, dass man aus der Realität ausbrechen kann und manchmal sogar muss. Für Klinge sind Himbeeren Nixenhirn, Tomaten Drachenherzen und Rhabarber Einhornknochen, allesamt Zutaten für seine magischen Rezepte.
 
In Zipfels Buch geht es um sehr viele Dinge: um die Probleme einer Jugendlichen mit ihrer alleinerziehenden Mutter, um die Schwierigkeiten, sich in einer von Erwachsenen dominierten Welt zurechtzufinden und um die Frage, was eigentlich normal ist und wie viel Fantasie diese Welt erlaubt. Die ebenfalls sehr fantasievollen Illustrationen von Rán Flygenring runden das Buch nicht nur ab, sondern bereichern die Geschichte um neue Facetten.
 
Rosinenpicker © © Goethe-Institut / Illustration: Tobias Schrank © Goethe-Institut / Illustration: Tobias Schrank © Goethe-Institut / Illustration: Tobias Schrank
Dita Zipfel: Wie der Wahnsinn mir die Welt erklärte (mit Illustrationen von Rán Flygenring)
München: Carl Hanser, 2019.  208 S.
ISBN: 978-3-446-26444-1

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