Juni: Notes On Falling
Bronwyn Law-Viljoen
Rezension von Moon Mokgoro
Verbundenheit in der Vielfalt
Notes on Falling von Law-Viljoen ist ein vielschichtiger Roman, der sich zwischen Kontinenten und Jahrzehnten bewegt - von der experimentellen Energie des New Yorks der 1970er Jahre bis zur zersplitterten Landschaft des Südafrikas der 1990er Jahre. Der Roman folgt dem Leben von drei Künstlern - Thalia, Paige und Robert - deren Geschichten durch gemeinsame Themen wie Tanz, Bewegung, Fotografie und Erinnerung miteinander verwoben sind. Law-Viljoen widersetzt sich den traditionellen Erzählformen; stattdessen lehnt sie sich an die Mehrdeutigkeit und Unbestimmtheit an und lässt die Grenzen zwischen Vergangenheit und Gegenwart verschwimmen. Sie betont die Andeutung, Untersuchung und Erkundung. Sie baut eine Welt aus Fragmenten und Reflexionen auf, in der ihr Schreiben die Stille der Fotografie widerspiegelt.Die Autorin und ihre Weite
Der Roman zeigt Bronwyn Law-Viljoens breites Portfolio; sie ist Schriftstellerin, Herausgeberin und Professorin. Ihre Arbeit reicht von Fotografie und Druckgrafik bis hin zu Schreib- und Redaktionsprojekten, die Schlüsselmomente der südafrikanischen Geschichte dokumentieren. Sie hat über die Architektur und Kunst des südafrikanischen Verfassungsgerichts geschrieben.
Coverbild Notes On Falling | © UMUZI
Die Geschichte in ihrer Vielfalt
Notes on Falling erzählt die Geschichte von Thalia, Paige und Robert. Thalia, eine junge Kunstfotografin, die in einer Universitätsstadt im Südafrika der 1990er Jahre lebt. Sie ist orientierungslos angesichts der unbeantworteten Fragen zu ihrer mütterlichen Vergangenheit. Von ihrem Vater, einem Zeitungsredakteur, aufgezogen, wächst Thalia in einer Welt auf, in der die Wahrheit im Verborgenen liegt. Ihre Reise nach New York ist auch eine Suche nach ihrer Mutter, die sie als kleines Mädchen verlassen hat. Thalias Geschichte ist eine Geschichte, die auf Erinnerungen baut, eine Geschichte, die der Erinnerung vertraut und sich von ihr leiten lässt. Paige ist eine Balletttänzerin, die von Südafrika nach New York gegangen ist, um ihre Ballettkarriere voranzutreiben. Ihre Geschichte wird in Stücken durch Erinnerung und Archiv erzählt. Sie ist emotional, verletzlich, aber auch ehrgeizig und engagiert. Robert ist ein Fotograf, der in der New Yorker Szene der experimentellen und avantgardistischen Kunst der 1970er Jahre aktiv ist. Er ist ein Künstler, ein vergessener Künstler. Seine Geschichte ist mit der von Thalia durch ihre beiden Geschichten verwoben - Thalias Mutter, die Tänzerin war, und Robert durch seine Fotografien, die den Tanz festhalten.Die Struktur und die Vielfalt
Die Struktur verzichtet bewusst auf eine lineare Chronologie und Erzählung zugunsten einer archivartigen Struktur. Wie im Leben verläuft die Zeit nicht geradlinig, sondern unterbricht, zerbricht. Dieser Ansatz passt perfekt zu ihrer Erzählung einer Geschichte, die die Zeit und die Geografie im Leben aller drei Figuren durchläuft.Aus dieser verwobenen Erzählung ergeben sich auch Überlegungen zur Fotografie, zum Tanz, zum Raum und zum Geschichtenerzählen. Law-Viljoens Kenntnis ihrer Disziplinen prägt nicht nur den Inhalt, sondern verstärkt auch ihre Fähigkeit, in jede einzelne auf eine Weise einzutauchen, die zur Schönheit dieses Romans beiträgt.
Das Erlebnis in seiner Vielfältigkeit
Notes on Falling ist kein gewöhnlicher Roman. Es ist kein Roman, den man im Vorbeigehen liest, wenn man einen Moment Zeit hat. Er verlangt Ihre Aufmerksamkeit, Ihre Zeit, Ihr Engagement. Ihre Hingabe, sich im Buch zu verlieren. An einer Stelle schreibt Law-Viljoen: „Perhaps the problem was her claustrophobia, her inability to forget that she was standing under tons of earth trying to make photographs in half darkness.“ - Ein Satz, der meiner Meinung nach eine hervorragende Metapher für das Leseerlebnis selbst ist.Über die Verfasserin
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Moon Mokgoro
Moon Mokgoro studiert Physik und Mathematik und lebt als Autorin in Johannesburg, Südafrika. Sie ist die Gründerin von Protest Poster Project, einer gemeinnützigen Organisation, die sich gegen geschlechtsspezifische Gewalt einsetzt und eine Bibliothek bzw. ein Archiv mit aktivistischer, anarchistischer und feministischer Literatur aufbaut. Sie schreibt u.a. für das "Are.na 2023 Annual" und gelegentlich über ihren "Substack". Archivieren und Dokumentieren, Sammeln und Erinnern sind die Ziele, die Moon mit ihrer Arbeit erreichen will.