Ero Hoke gehört zum Erbe des Stammes der Berta, einem Teil der Funj-Ethnie, die im Gebiet des Blauen Nil und an der Grenze zu Äthiopien leben.
Dieser Tanz wird von Männern und Frauen unter der Leitung eines Hauptsängers aufgeführt, dessen Refrains vom Chor erwidert werden. Der Tanz besteht aus den drei unterschiedlichen Rhythmen Ero, Manqa und Ab-boom-oom-wa’aqzu. Seinen Rhythmus begleiten die Naqqara (eine Gruppe von Kesseltrommeln) und ein einfacher Zweiviertel-Schlag.
Das Lied wird während der Erntefeierlichkeiten in einem Kreis aus Männern und Frauen aufgeführt. Sie bewegen sich erst langsam und führen dann gleichzeitig schnelle Sprünge um den Rhythmusgeber herum auf. Mit ihren Füßen schlagen die Tänzer dabei einen zu den Naqqara passenden Takt auf dem Boden, der von Frauenrufen, Hornklängen und vom Aufeinanderschlagen zweier Safariq begleitet wird
Ero Hoke wird auch „der Feuerstamm” genannt und gilt als repräsentatives Lied dieses Stammes. Während der letzten Nacht der Erntefeierlichkeiten, die bis zum Morgengrauen dauern, versammeln sich alle Bewohner, um “Feuer an die Grenzen des Dorfes zu werfen”. Dies stellt das Ende der Festlichkeiten dar und leitet dazu über, die Geister des Hungers, der Armut, der Krankheit und Schäden gegen den Stamm mit Schreien, Ululationen (Rufen) und Steinen zu vertreiben.
Das Ritual ist von kultureller und religiöser Bedeutung, weil es das kulturelle Erbe des Stammes bewahrt, jüngere Generationen mit ihren Vorfahren verbindet und den Gesellschaftsvertrag erneuert. Es bietet außerdem neben religiösen und spirituellen Konnotationen, die durch den Dank an Gott, den Ursprung des Regens, des Wachstums und alles Gutem repräsentiert sind, eine Möglichkeit zur Versöhnung unter Kontrahenten.
Mohamed Adam fand eine Aufnahme des Liedes im Berliner „Phonogramm-Archiv“, welches er neu arrangierte und aufnahm. Angesichts der sozialen und kulturellen Bedeutung des Funj-Erbes, versuchte er mit großer Sorgfalt, es in sein Projekt zu integrieren. Dabei fand er jedoch kaum Informationen und Quellen zu diesem Lied, dessen Sprache heute kaum noch gesprochen wird. Auch eine Vokabelsammlung oder Textquellen waren nicht zu finden.
Um dennoch mehr über das Lied zu erfahren, wandte sich Mohamed an Ing. Abdul-Jalil Mahjoub Abdul-Sayed, einen Bauingenieur und Musikforscher, und an Dr. Salah Musa Al-Akkad, Wissenschaftler und einer der wenigen, die noch immer diese Sprache der Berta sprechen können. Bei der Untersuchung der einzelnen Texte fand Mohamed heraus, dass einige der Verse sexueller Natur waren und von manchen heutigen Hörern als unangemessen empfunden werden könnten. Aus diesem Grund passte der Künstler die Texte an, um den Hörgewohnheiten eines zeitgenössischen Publikums entgegenzukommen und die Verse akzeptabler zu gestalten. Er ersetzte die sexuellen Anspielungen durch Verse, die sich mit Arbeit und dem Wiederaufbau des Landes befassen. Durch die Hilfe von Ing. Abdul-Jalil Mahjoub Abdul-Sayed und Dr. Salah Musa Al-Akkad war Mohamed schließlich in der Lage, die Schwierigkeiten, vor denen seine Forschungen gestanden hatten, zu überwinden.
Dauer: 3’20
Verfasser: Aus populären Erinnerungen
Komposition: das Volk
Arrangement: Mohamed Adam
Instrumentierung: Calabash, Bongo, Conga, Gitarren, Glocken, Kalimba, virtuelle Instrumente, Schlagzeug, Bass
Sänger: Mohamed Adam
Instrumentalistik: Sequencer-Instrumente von Mohamed Araki,
Melody Lines von Solina Organ, virtuelle Instrumentalisierung, Schlagzeug und Bass von Mohamed Sharhabil,
Bongo von Al doma Dreij
Aufnahme: August 2021
Text: keine Angabe
Ingenieur: Abd Al-Jalil Mahjoub Abd Al-Sayed
Dr. Salah Musa Al-Akkad
Das Warum hinter der Musik
Meine Kindheit im Dorf Grabbishi bei Darfur hat mir die sprachliche, musikalische und kulturelle Vielfalt, die in den zentralen Städten des Sudan und seinen peripheren Regionen existiert, bewusst gemacht. Von klein auf hat mich mein musikalisches Interesse dazu veranlasst, die Melodien, die ich hörte, miteinander zu vergleichen. Seitdem nahm auch mein auditives Gedächtnis Form an, welches ein integraler Teil der vielfältigen sudanesischen Kulturproduktion ist.
Trotz der ethnischen, kulturellen und sprachlichen Vielfalt des Sudan dominiert seit der Verbreitung des Radios und den Anfängen der Dokumentation sudanesischer Musik der sehr spezifische Musikstil des Al-Hakiba die Medien, der während der 1940er-Jahre mit dem Aufkommen des Radios in Khartoum entstand und vor allem mit Khartoum, dem Zentrum des Sudans, verbunden wird.
Jedoch bringt uns die Musik aus den verschiedensten Teilen Afrikas trotz kultureller oder sozialer Unterschiede zusammen. Deshalb will ich die Zuhörer durch dieses Projekt mit den vielfältigen sudanesischen Musikstilen bekannt machen, von denen ich glaube, dass sie religiöse und ethnische Grenzen zwischen verschiedenen Völkern einreißen können. Die Tatsache, dass verschiedene Regierungen daran gescheitert sind, viele der bestehenden Kulturen sichtbar zu machen, während sie sich auf andere konzentriert haben, hat ein größeres Bewusstsein für die Unterschiede zwischen verschiedenen Gruppen hervorgebracht. Das wurde noch durch die Präsenz sozialer Klassenunterschiede, die die Gegensätze zwischen urbanen und ruralen Bevölkerungen betonten, verstärkt und festigte dadurch das Bewusstsein für die eigene Kultur. Diese Unterschiede schmelzen in urbanen Zentren wie Darfur und Khartoum dahin, wenn Einwohner ruraler Gegenden versuchen, sich in die Mehrheitskultur der Stadt einzufügen.
Aufgrund meiner Obsession, unser reichhaltiges musikalisches Erbe zu dokumentieren und an meine Zuhörer weiterzugeben, habe ich mich dem, was ich das „auditive Gedächtnis“ des sudanesischen Volkes nenne, zugewandt. Ich habe mit vielen Musikern, Instrumentalisten und Tänzern gesprochen und Forscher kontaktiert, die mir mit der Analyse der Archivmaterialien halfen. Durch Interviews und Feldforschung habe ich schließlich verstanden, dass das sudanesische Volk sein eigenes kulturelles Archiv durch Erinnerung aufgebaut hat, ein Archiv, das als Teil seines Seins in seinem eigenen Bewusstsein lebt.
Es war schwierig, all diesen kulturellen Reichtum in meinen Liedern zu reflektieren, die überwiegend aus Beispielen aus verschiedenen Ecken dieses großartigen Landes stammen. Dennoch sind sie ein bescheidener Versuch, Teile unseres geliebten Sudans kennenzulernen. Das Projekt und diese Dokumentation bestätigen, dass der Sudan eine Mischung musikalischer und kultureller Identitäten und so ein wahres Beispiel der Vielfalt ist.
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November 2021