Radio Art Residency
Verschiedene Formen der Stille

Sol Rezza performt eine Klangcollage zum Thema Zeit
Sol Rezza performt eine Klangcollage zum Thema Zeit | Foto: Marcus-Andreas Mohr

Eine Klangkarte von Halle, eine Live-Sendung aus dem Wasserturm: In Kooperation mit Radio CORAX vergibt das Goethe-Institut erstmals ein internationales Stipendium für Radiokunst. Die argentinische Künstlerin Sol Rezza ist die erste Stipendiatin der Radio Art Residency. Wir haben sie zu ihren Klangexperimenten in Halle befragt. 

Sie sind gerade von Mexiko nach Halle gezogen. Was sind Ihre ersten Eindrücke?

Halle ist ein Gegensatz zu Mexiko. Es erscheint mir alles ganz still, die Stille hängt mit dem Wetter zusammen, mit dem Schnee. In einem Klangstück erarbeite ich die verschiedenen Formen der Stille. Mich beschäftigen die vertikalen Geräusche der wichtigsten Wahrzeichen der Stadt. Der Glockenklang oder auch die Klänge der Türme der Stadt. Ich hatte die Gelegenheit, einen der Wassertürme zu besichtigen, in dem wir eine Live-Radiosendung produzieren.

Im Saal hörten die Zuschauer bei der Eröffnung gebannt der Klangkollage zu
Im Saal hörten die Zuschauer bei der Eröffnung gebannt der Klangkollage zu | Foto: Marcus-Andreas Mohr
Wie würden Sie den Klang von Halle beschreiben?

Die Glocken sind sehr dominant, aber ich finde nicht, dass das allein die Stadt definiert. Ich arbeite mit der Idee von vertikalen Geräuschen und Stille. Zum Beispiel die Geräusche, die mit zwei wichtigen Malern verbunden sind: mit den Wandbildern von Hans-Joachim Triebsch und Lyonel Feiningers Stadtansichten von Halle. Sie haben die Geräusche und die Geschichte von Halle eingefangen. Spannend ist auch das Salinemuseum: Die Geschichte des Salzes beinhaltet ganz besondere Klänge, die mit dem Abbau, der Verarbeitung und dem Handel von Salz verbunden sind.

Migration hörbar machen

Welche Projekte möchten Sie verfolgen?

Wir erstellen eine Klangkarte von Halle. Sie umfasst mehrere experimentelle Klangstücke, Klanglandschaften und Radiosendungen, die mit verschiedenen Orten in Halle verbunden sind. Beispielsweise Spaziergänge am Fluss, die Menschen in verschiedenen Sprachen beschreiben, um Migration hörbar zu machen. Wir senden live aus dem Wasserturm, in dem wir die Akustik des Ortes und vorher aufgenommene Klänge aus den Badezimmern Halles miteinander verbinden. Dadurch entsteht eine neuartige spielerische Wahrnehmung gewöhnlicher Geräusche.

Die Eröffnung der Radio Art Residency fand im Literaturhaus Halle statt
Die Eröffnung der Radio Art Residency fand im Literaturhaus Halle statt | Foto: Marcus-Andreas Mohr
Erzählen Sie uns von der Radiokunst in Lateinamerika. Worin liegen die größten Unterschiede?

Der größte Unterschied liegt darin, dass in Lateinamerika Projekte stark von politischen Organisationen geprägt sind. Leider gibt es keinen definierten Raum für Klangexperimente und die Entwicklung neuer Kommunikationsweisen. Wir wollen Geschichtenerzählen, Technologien und Medien zu einer einheitlichen Idee zusammenbringen. Das freie Radio kann einen zentralen Raum dafür bieten. Deshalb sollten wir es mehr erforschen.

Die Arbeit mit Klängen und Stille

Was werden Sie mit zurück nach Mexiko nehmen?

Die Erfahrung, bei einem freien Radiosender gearbeitet zu haben, und der Austausch mit Menschen an einem anderen Ort werden meine Arbeit mit Klängen und Stille grundlegend verändern. Ich hoffe auch, mit einem Berg neuer Aufnahmen und fertiger Klangstücke sowie mit vielen neuen Ideen zurück nach Hause zu kommen.

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