„Ortsgespräche“
Am Anfang stand die Neugierde

„Wandelkonzert“ in der Hilbertmühle
„Wandelkonzert“ in der Hilbertmühle | Foto: Christian Ahlbo

West-östliche Klangkunst. Mit einem „Wandelkonzert“ in der Hilbertmühle in dem polnischen Städtchen Dzierżoniów endeten die „Ortsgespräche“ des Goethe-Instituts. Artur Celiński, Kurator der „Ortsgespräche“, blickt für „Goethe aktuell“ auf die zweijährige Arbeit an diesem Projekt zurück.

Von Artur Celiński, Kurator des Projekts „Ortsgespräche“

Im Wesentlichen sollten die „Ortsgespräche“ in fünf Städten Potentiale und Konzepte zusammenbringen. Jede Etappe des Projekts nutzten wir als Möglichkeit, Erfahrungen und lokale Geschichten auszutauschen. Eine der deutschen Künstlerinnen, Sarah Washington, die zu Beginn ihrer Arbeit Gespräche mit den ehemaligen Arbeiterinnen des Textilwerkes führte, hat es sehr treffend beschrieben: „Ich hatte kein fertiges Drehbuch für den Workshop im Kopf, auch wenn ich mir ein paar gemeinsame Übungen überlegt hatte. […] Diese Frauen haben nicht mal vermutet, wie sehr ihre Erinnerungen an die Arbeit im Rhythmus der Webstühle sich zu einem großen Ganzen fügten und mir damit halfen, das Hauptmotiv für mein Klangstück zu finden.“

Mit Helmen zum Konzert in der Hilbertmühle
Mit Helmen zum Konzert in der Hilbertmühle | Foto: Christian Ahlbo

Ein Konzert zwischen Maschinen

Das „Wandelkonzert“ lockte über 150 Einwohnerinnen und Einwohner aus Dzierżoniów an. Kaum einer dürfte jemals zuvor von den Arbeiten Knut Aufermanns und der anderen zwölf polnischen und deutschen Künstlerinnen und Künstler des Projektes gehört haben. Was sie anlockte, war die Möglichkeit, an einem nicht alltäglichen Ereignis teilzuhaben und den Klängen zu lauschen, die die weiträumigen Produktionshallen der Hilbertmühle erfüllten, in denen immer noch mehlbestäubte Maschinen standen. Für uns, die Organisatoren des Projektes, war der Spaziergang durch die Etagen, entlang der Produktionslinie, eine Art Zeitreise. Wir reisten zurück zu den Schlüsselmomenten unseres Projektes, dank derer wir es geschafft haben, den Kontext des Ortes, die Geschichte eines konkreten Gebäudes und der darin arbeitenden Menschen mit dem kreativen Potenzial der eingeladenen Künstler und Kulturveranstalter zu verbinden.

Abseits der Metropolen

Am Anfang stand Neugierde. Der übliche Handlungsraum des Goethe-Instituts sind Metropolen und größere Städte. Ein Treffen mit Kulturschaffenden und Kuratoren aus mittelgroßen Städten sollte uns dabei helfen, den Wandel, den wir heutzutage erfahren, besser zu verstehen. Auch brauchten wir neue Inspiration für weitere Aktionen. Es war uns daran gelegen, in diese für uns fremde Welt eingeladen zu werden und die Eigentümlichkeiten mittelgroßer Städte mit den Augen ihrer Bewohnerinnen und Bewohner zu betrachten. Wir riefen also keinen üblichen Wettbewerb für die Projekte aus. Wir überwiesen kein Geld auf die Konten von Stipendiaten.

Über 150 Einwohnerinnen und Einwohner des Ortes Dzierżoniów besuchten das „Wandelkonzert“
Über 150 Einwohnerinnen und Einwohner des Ortes Dzierżoniów besuchten das „Wandelkonzert“ | Foto: Christian Ahlbo

Kreativität und Vertrauen

Stattdessen verbrachten wir das erste halbe Jahr damit, uns auf die Zusammenarbeit mit den potenziellen Partnern vorzubereiten. Wir wollten wenigstens in Ansätzen gegenseitiges Vertrauen aufbauen. Wir brauchten dieses Vertrauen, um Grundregeln der Zusammenarbeit zu entwickeln, die nicht jene bevorzugen sollten, die bereits hervorragend Anträge schreiben können. Deshalb konnte man bei unserem Wettbewerb die Beschreibung seiner Idee in beliebiger Form einreichen – auch als Zeichnung.

Die Methodologie der Zusammenarbeit war der Schlüssel zum Erfolg der „Ortsgespräche“. Bereits beim ersten Treffen nach der Verkündung der Ergebnisse des Auswahlverfahrens bemerkten sie, dass sie uns niemals von dem Wert ihrer Idee hätten überzeugen können, wenn sie sie nur mit Worten hätten beschreiben müssen.

Für die künstlerische Dimension der „Ortsgespräche“ waren zuständig: Knut Aufermann (Ürzig, Kurator), Frauke Berg (Düsseldorf), Gunnar Geisse (München), Wojciech Kurek (Słupsk/Warszawa), Aleksander Moś (Siemianowice Śląskie), Udo Noll (Berlin), Di.Aria aka Hania Piosik (Gorzów Wielkopolski), Katarzyna Pokuta (Jaworzno), Mateusz Rosiński (Gorzów Wielkopolski), Ralf Schreiber (Köln), Sarah Washington (Ürzig), Barbara Wójcik-Wiktorowicz (Jaworzno), Barbara Kuźmińska (Dzierżoniów).

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