Shakrain: Drachen und Geschmäcker von Alt-Dhaka

Shakrain ist nicht nur ein Drachenfestival. Es ist ein sinnliches und kulinarisches Vergnügen, dass die Viertel Dhakas und seine Bewohner vereint.
Von Mannan Mashhur Zarif
Jedes Jahr am Abend des 14. Januar lässt sich bei einem Spaziergang durch die Straßen Alt-Dhakas ein ungewohnter Vibe in den bekannten Straßen erleben, wenn die Bewohner Dhakas sich auf Shakrain vorbereiten.
Zusammen mit den lebendigen Unterhaltungen auf den Straßen erwacht auch auf den Dächern das Leben und der Himmel wird zum Schauplatz für Drachenkämpfe in der Luft.
„Poush Sankranti“ markiert das Ende des Poush im bengalischen Kalender und dabei geht es nicht nur um Feierlichkeiten draußen auf den Straßen. Wenn die Drachen hoch in den Lüften fliegen, werden in den Haushalten traditionelle Pithas, Reiskuchen und andere Genüsse zubereitet, die Familien und Nachbarn zusammenbringen.
Narinda und die Tradition des Shakrain
Unter den ältestes Vierteln Dhakas ist Narinda bekannt für seine einzigartigen Monumente, darunter die Bibi Mosque (erbaut 1452), der berühmte Baldah Garden und der historische christliche Friedhof. Wenn man durch das Viertel spaziert, kommt man zu Restaurants wie Beauty Lassi und Jhunur Polao, die eine gastronomische Schicht zum Stoff dieses berühmten Ortes hinzufügen.Syed Jahangir, 74, hat den Großteil seines Lebens hier verbracht und kann die Wurzeln seiner Vorfahren zur Narinda’s Lalmohan Saha Street zurückführen. Über Generationen hinweg hat die Familie die glorreichen Tage Alt-Dhakas erlegt, ihren Niedergang sowie das erneute Interesse in die Geschichte und Kultur der Stadt.
„Während es anfangs ein Ritual für die hinduistische Gemeinschaft war, wird Shakrain mittlerweile von allen in Alt-Dhaka gefeiert“, sagt er. „Bis heute zählt Narinda zu einem der Hotspots des Shakrain-Fests“.
Wandelt man auf diesen Straßen umher, kann man ein Gefühl der Einheit spüren, wenn die Einwohner die Vorbereitungen für das Fest treffen. Es scheint als seien die Feierlichkeiten weithin akzeptiert und werden verfolgt, auch, wenn die Rituale des Festes nicht vollständig übernommen wurden.

Bhapa Pitha ist im Winter in ganz Bangladesch eines der Lieblingsessen | © Orchid Chakma. Foodstyling: Raffat Binte Rashid
Frühe Erinnerungen und Festessen
Syed Jahangir gab uns einen kleinen Einblick in seine frühesten Erinnerungen an die Festlichkeiten — die stets zur Morgendämmerung begannen.„Kurz nach den Morgengebeten versammelten sich die Familien um einen Berg köstlicher Pithas, die die Frauen des Haushalts vorbereitet hatten“, erzählt er.
Für mehr als vierzig Jahre hielt Nasima Jahan die Familie Jahangir zusammen. Sie berichtet, dass die duftenden Reiskuchen quasi die Wärme der Tradition symbolisieren.
„Die Vorbereitungen für das aufgefeilte Frühstück begannen bereits Tage zuvor, da die feinsten Reiskörner besorgt, geschält und zermahlen werden mussten, um Pithas zu machen. Zuckerrohr der besten Qualität und Dattelpalmsaft wurden zudem als Süßungsmittel verwendet“, erzählt Jahan.
Dies war auch für die Älteren eine Gelegenheit, nochmals ihre kulinarischen Fertigkeiten ihren Schwiegersöhnen zu zeigen, da diese die besonderen Gäste dieser jährlich stattfindenden Tradition waren.
„Um 8 Uhr morgens war jeder mit seinen Drachen auf dem Dach und bereit, an den Luftkämpfen teilzunehmen“, erwähnt Syed Jahangir. Er fügt hinzu: „Beliebte Lieder aus Kinofilmen liefen im Hintergrund als Motivation für die Kämpfer“.
Der Dufthauch des Senföls aus der Küche signalisierte, dass das Mittagessen fertig war. Syed Jahangir und seine Frau Nasima Jahan erinnern sich, dass damals und sogar heute das Mittagessen zu Shakrain in ihrem Haushalt ohne Beef Tehari unvollständig war.
„In meiner Familie wurde Entenfleisch zusammen mit dem gelegentlichen Fang serviert, den mein Vater von seinen Jagdabenteuern nach Hause brachte“, erzählt Nasima Jahan weiter. „Dieses wurde zusammen mit warmen, weichen Chitoipithas gegessen“.
Während der Tag voranschritt, nahm die Aufregung und Spannung in den Straßen zu, als die Drachenkämpfe ihren Höhepunkt erreichten. Es gab festgelegte Regeln für das Spiel mit Punkterastern und zum Sonnenuntergang wurde dann der Gewinner festgelegt.
„Traditionell kam das Shakrain-Fest zu Sonneuntergang zu seinem Ende. Ein Abendsnack aus Pithas und anderen in Fett gebackenen Sachen ließ den Abend auf hohem Niveau ausklingen“, sagt Nasima Jahan. Wenn das Fest jedes Jahr zu seinem Ende kam, verließen Familien und Freunde die Dächer nicht nur mit Erinnerungen an die Drachenkämpfe, sondern auch mit dem verführerischen Geschmack der geliebten Gerichte Dhakas.

Ein süßes Vergnügen! | © Orchid Chakma. Foodstyling: Raffat Binte Rashid
Sich entwickelnde Geschmäcker
Das Essen zu Shakrain und die verschiedenen Geschmäcker halten den Geist des Festivals immer noch am Leben. Syed Murtaja Jahangir, ein Anlagespezialist, erinnert sich daran, wie er seit den frühen 1990er Jahren Shakrain mit seinen Eltern feierte.„Während beim Fest früher lokale Lieblinge wie Pithas und Terari im Vordergrund standen, umfassen die modernen Versionen auch Tandoori und Barbeque — Gerichte, die neben den Drachen ihren Weg auf das Panorama der Dächer Alt-Dhakas geschafft haben.
„Geht man heutzutage an verschiedenen Dächern vorbei, ist der Geruch gegrillter Spieße oftmals stärker als der traditioneller Reiskuchen. Ehrlich gesagt freuen sich die jüngeren Generationen mehr auf die gegrillten Spieße als auch die Pithas“, merkt er an und zeigt damit in Richtung der Veränderungen im Hinblick auf Geschmack und Tradition.
Murtaja hatte die Möglichkeit zu erleben, wie Shakrain in seiner orthodoxeren Form zusammen mit den Neuerungen des 21. Jahrhunderts gefeiert wird.
„In den frühren 2000ern war, was die Feierlichkeiten betrifft, das Drachenfliegen begleitet von Bollywoodmusik, die nun westlichen Chartstürmern weichen musste“, sagt er.
Jetzt sind die Dinge ziemlich „chaotisch“ geworden mit DJs, die gebucht werden, und Feuerkünstlern in Aktion. Dieser Wandel wird zwar erwartet, aber vielleicht nicht von der Mehrheit der Menschen akzeptiert.
Für ältere Bürger wie Syed Jahangir und Nasima Jahan ist dies nicht die Art und Weise, wie sie gerne Shakrain feiern möchten. Sogar Murtaja ist zurückhaltend.
„Traditionell kamen die Festlichkeiten zum Sonnenuntergang zum Ende. Ein Abendsnack auf Pithas und in Fett Gebackenem schloss den Vorhang für Shakrain für ein ganzes Jahr. Jedoch bleiben manche Dächer heute erleuchtet und es gibt Musik und Tanz bis tief in die Nacht“.
Shakrain in Narinda fängt wunderbar den Geist einer Gemeinschaft ein, die durch Tradition und gutes Essen verbunden ist. Während sich wandelnde Geschmäcker und moderne Neuerungen die Feierlichkeiten verändern, bleibt das Fest weiterhin ein lieb gewennenes Element des kulturellen Erbes Dhakas. Es hat Generationen in der Vergangenheit vereint und vermag dies auch heute noch.
