Die Nawabs von Dhaka und ihre kulinarischen Abenteuer

Ahsan Manzil, Palastresidenz und Sitz der Nawabs von Dhaka
Ahsan Manzil, Palastresidenz und Sitz der Nawabs von Dhaka | © Orchid Chakma

Die Geschichte und Architektur des Ahsan Manzil werden viel gefeiert. Darüber hinaus gibt es fesselnde, weniger bekannte Geschichten der Festmahle, die dort stattfanden, und des köstlichen Essens, das dort serviert wurde.

Von M H Haider

Das den Fluss Buriganga überblickende Ahsan Manzil ist ein architektonisches und historisches Juwel Alt-Dhakas. Das Palastgebäude war die Residenz der Nawabs von Dhaka während der Herrschaftszeit der Briten, ein politscher Schauplatz und Verkörperung des Wohlstands. Heute ist es ein Museum – ein Zeugnis der einst machtvollen Dynastie – und zieht sowohl lokale als auch ausländische Besucher*innen an.

Natürlich fragt sich der Foodie in dir sicherlich: In den Genuss welcher gastronomischen Köstlichkeiten kam die aristokratische Familie?

Einblicke in die Familie der Nawabs von Dhaka   

Bevor wir zum Thema Essen kommen, erst einmal eine grundlegende Geschichtsstunde um den Gesamtkontext verstehen zu können. Ein guter Startpunkt ist es, sich zu fragen, wie die Menschen von Dhaka heute über die Nawabs denken.

Einige werden vielleicht sagen, dass es Landbesitzer waren, die im prächtigen Ahsan Manzil wohnten und einen opulenten Lebensstil pflegten. Andere werden vielleicht herausstellen, dass sie den Grundstein für die politische Landschaft Bangladeschs legten. Viele werden aber auch tiefgründig über die großen Leistungen der Familie diskutieren, die sie zur Entwicklung Dhakas beigetragen haben.

Gemäß Banglapedia gehörten zu den philanthropischen Aktivitäten der Familie umfangreiche Spenden sowie das Voranbringen von Projekten für die Entwicklung der Wasser- und Stromversorgung, Bildung etc.

Banglapedia sagt uns desweiteren, dass die koloniale britische Regierung Khwaja Abdul Ghani (1813-1896) den Titel des Nawabs verlieh. Er war der Erbauer des Ahsan Manzil, benannt nach seinem Sohn Nawab Khwaja Ahsanullah (1846-1901). Nawab Ahsanullahs Sohn war Nawab Khwaja Salimullah (1871-1915), ein legendärer Politiker.

Die Wurzeln der Familie können bis nach Kashmir zurückverfolgt werden.

Speisen im Ahsan Manzil

Der Pink Palace — benannt nach der pinken Farbe des Ahsan Manzil — ist ein majestätisches Bauwerk mit seiner imposanten Treppe, großzügigen Verandas, halbrunden Bögen und natürlich der prachtvollen Kuppel als Kronjuwel.

Das Gefühl des Prunks lässt sich auch im Inneren des Gebäudes wiederfinden. Allem voran: der Speisesaal des Ahsan Manzil!

Der amüsierte Besucher sieht einen sehr langen und eleganten Esstisch, darauf das wunderschöne Besteck. Man kann sich vorstellen, wie es damals ausgesehen haben muss, das Klackern der Löffel und Teller und die allgemeine Geräuschkulisse in diesem Speisesaal in der Vergangenheit.  

Um uns ein besseres Bild machen zu können, sprechen wir mit dem Autor und Wissenschaftler Saad ur Rahman, Generalsekretär des Dhaka Forum, der mehrere Bücher über das Essen, die Kultur und die Geschichte dieser Stadt verfasst hat.

Er ist der Meinung: „Ich glaube nicht, dass es generell viele Gelegenheiten gab, nur ganz alleine mit der Familie im Speisesaal zu sitzen, da Beamte und Verwandte immer für verschiedene Zwecke und Treffen das Ahsan Manzil besuchten, auf die stets Mahlzeiten folgten. Der Tisch war nie leer“.

Andererseits schrieb Yasmeen Murshed, eine Nachfahrin der Familie a family descendent — eine eminente Persönlichkeit, die neben zahlreichen weiteren Aktivitäten als Beraterin der früheren Übergangsregierung Bangladeschs tätig war— in ihrem Buch ‘Khana Peena: Memories of Food and Family´: „Der Speisesaal war der Treffpunkt, an dem sich die Familie im vollen Aufgebot für Festessen und formalere Abendessen traf. Der lange Tisch war bedeckt mit Gerichten, die mit ihrer Kombination aus Aromen die Sinne verführten, sodass man kaum geduldig warten konnte, um seinen Teller zu füllen“.
 
Die ikonische Kuppel des Ahsan Manzil

Die ikonische Kuppel des Ahsan Manzil | © Orchid Chakma

Das Menu

Die kulinarischen Genüsse der Nawabs waren zahlreich und abwechslungsreich wie Murshed in ihrem Buch ausführt: „Die Zahl der Gerichte ist so groß wie die der Tage im Jahr, da Varietät gepriesen wurde und übersättigte Gaumen von den gestresste Köche und den sie beaufsichtigten Begums stimuliert werden mussten“.

Da die Ursprüng der Dynastie iin Kashmir lagen, ist es nicht überraschend, dass viele ihrer Gerichte dieses Erbe widerspiegelten. Um dies zu illustrieren, servierte der Haushalt laut Rahman kaschmirischen Tee, der in unserer Stadt fremd war und auch heute nicht vorherrschend ist. Dabei gab es zwei Arten Tee:   namkin cha (salziger Tee) und sheer cha (süßer Tee). 

Im Hinblick auf Getränke gab es den exotischen und reichen Namashor Nimash, ein Favorit im Winter, beschrieben von Murshed mit den Worten „nichts weniger als Schlagsahne in hohen, kalten Gläsern“. 
  
Zum Zubereitungsprozess gehörte es, gesüßte Milch über Nacht an die kalte Luft zu stellen. Danach entstand am frühen Morgen durch das anstrengende Schlagen der Milch die Sahne, die in Gläser gefüllt und dann serviert wurde.

Ein weiteres Beispiel für eine Spezilität ist Khoshka. „Dies ist im Grund der Kopf einer Ziege — zusammen mit anderem Fleisch — gekocht mit Milch und Ghee“, sagt Saad ur Rahman. „Am besten ist man es zusammen mit einfachem Reis“.

Scheint wie eine königliche Angelegenheit!

Rahman führt weiter aus: „Kabli polao war sehr verbreitet und beliebt im Haushalt der Nawabs. Man darf es nicht mit dem Kabli Poloa verwechseln, das wir kennen. Es war anders und enthielt Zutaten wie Kishmish, Nüsse, Dalim-Früchte, Safran und Ghee. Es herzustellen war sehr kostspielig!“.

Wenn all dies zu distanziert und geheimnisvoll erscheint – die Mahlzeiten umfassten auch viele weitere Gerichte, die wir kennen. In dem Buch ‘Dhakai Rondhonshoily,’ erwähnt Rahman verschiedene Iftar-Delikatessen, die die Nawabs genossen, die wir alle kennen — selbst wenn der Geschmack oder das Rezept möglicherweise anders waren oder noch einen Kniff enthielten — z.B. Kebabs, Biriyani, Doi Bora und Falooda.

Neben den Rezepten aus Kashmir waren die Essensgewohnheiten der Nawabs natürlich auch von der Küche und den beliebten Delikatessen der Mogulen, der Briten und Bengalens beeinflusst — oftmals gekocht mit ihren eigenen Präferenzen im Hinterkopf, so wie es in jedem Haushalt der Fall ist. Zum Beispiel schreibt Yasmeen Murshed in ihrem Buch über Hilsa, den Lieblingsfisch der Bengalis: „Für die Famlie wurde der Fisch oft in Joghurt gekocht und mit Zucker und Tamarinde abgeschmeckt, um ihm einen einzigartigen süßen und sauren Geschmack zu verleihen“.

Wenn wir das Ahsan Manzil besuchen, denken wir an die philanthropischen Aktivitäten der Menschen, die es einst ihr Zuhause nannten, den Reichtum der Familie und die Politik, in der sie sich einbrachten.  

Man sollte sich auch daran erinnern, dass der Gaumen ebenso kompliziert ist wie Politik und dass das Ahsan Manzil in beidem ein Meister war!

M H Haider © ©  M H Haider M H Haider © M H Haider

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