Milica Dukić: Glücksspiele und noch einiges mehr
Schaufensterausstellung|Galerie „Wechselstube“
-
Goethe-Institut Belgrad, Bibliothek, Beograd
Über die künstlerische Praxis von Milica Dukić
Die künstlerische Praxis von Milica Dukić besteht aus vielfältigen Strategien: Sie ist gleichzeitig Aneignung und Umformung von Inhalten, Meditation durch langwierige repetitive Handlungen sowie eine kritische Überprüfung von Klassifikationen und Hierarchien handwerklicher und künstlerischer Verfahren. Sowohl eigenständig, als auch in Zusammenarbeit mit dem Publikum oder häufig durch langwierige kollektive Arbeitsprozesse mit marginalisierten gesellschaftlichen Gruppen transformiert sie – mit einfach zu erlernenden manuellen Techniken, die Inklusivität ermöglichen – sehr wiedererkennbare Inhalte, übernommen aus Printmedien wie Rubbellosen und Spielkarten. Diese Inhalte werden in den Bereich der Kunst übertragen, wobei Medien eingesetzt werden, die mit der Tradition weiblicher Hausarbeit verbunden sind, wie etwa Handstickerei. Dabei entstehen kleine, temporäre kommunikative Gemeinschaften, in denen Alters-, Klassen-, Kultur- und Identitätsunterschiede im gemeinsamen Schaffensprozess relativiert werden. Die auf diese Weise erschaffenen Werke – ästhetisch fesselnd, reich an Farben und Texturen, mit einer taktilen Anmutung und absichtlicher Unvollkommenheit der Ausführung – sind zugleich materielle Spuren emanzipatorischer Prozesse, die in kollaborativen künstlerischen und aktivistischen Unternehmungen entwickelt werden, welche alle Teilnehmenden stärken. Durch diese Remediatisierung, bei der traditionelle Techniken mit zeitgenössischen Themen verknüpft werden, werden ursprünglich kommerzielle Gegenstände und Szenen, die zur materiellen Kultur der Massenunterhaltung zählen, zu Trägern neuer persönlicher, kollektiver und gesellschaftlicher Narrative transformiert.Die Werkzyklen, die in der Ausstellung unter dem Titel „Glücksspiele und noch einiges mehr“ präsentiert werden, sind durch persönliche künstlerische Recherchen der Künstlerin initiiert und werden in Zusammenarbeit mit den um das Magazin Liceulice versammelten Gemeinschaften weiterentwickelt und präsentiert. Dies erfolgt parallel zur Ausstellung in Form von Workshops, die auch für das Publikum offen sind und deren Ergebnisse nach und nach in die Ausstellung integriert werden. In diesen Prozessen verwandeln sich flüchtige Inhalte im Zusammenhang mit Glücksspielen in einem sehr langsamen Rhythmus in sorgfältig handgefertigte Artefakte. Durch die Verbindung von Motiv und Verfahren wird in diesen Arbeiten der Gegensatz zwischen der Aufregung bei der Suche nach sofortigem Glück betont, ebenso wie die mit der Lotteriekultur verbundene Angst, in der man nach Wegen sucht, um die Zufälligkeit des Ausgangs zu überwinden. Dasselbe gilt für das Gefühl der Zufriedenheit bei langen, meditativen Stickprozessen. Die ästhetische Interpretation einer allgegenwärtigen Ikonografie des Glücksspiels wird hier mit impliziten Kommentaren zur gesellschaftlichen Realität verwoben, die durch die Konsumkultur geprägt ist, und übersetzt abstrakte Gewinnwahrscheinlichkeiten in eine taktile, visuelle Form. Stickerei, einst als häusliche Tätigkeit oder dekoratives Handwerk betrachtet, wird hier zu einem kraftvollen Ausdrucksmedium, das Handarbeit, bildende Kunst und gesellschaftliches Engagement vereint und zu einem Mittel des Widerstands gegen Standardisierung wird. Zudem wandelt sie sich zu einem Werkzeug für die Neubetrachtung potenziell emanzipatorischer Rollen der Kunst in der Gesellschaft.
Über die Künstlerin
Milica Dukić
Milica Dukić (geb. 1989 in Kraljevo) ist eine freischaffende bildende Künstlerin und Mitglied des Verbands der Vereinigungen der bildenden Künstler der Vojvodina (SULUV). Sie schloss ihr Diplom- und Masterstudium der Malerei sowie ein weiteres Masterstudium im Bereich Zeichnung an der Kunstakademie in Novi Sad ab. Milica arbeitet überwiegend mit der Technik der Stickerei, oft in Kombination mit Fotografie oder Textil, und hat ihre Werke in sechzehn Einzelausstellungen sowie auf über hundert Gruppenausstellungen im In- und Ausland präsentiert. Ein besonderes Interesse gilt inklusiven künstlerischen Praktiken und der Arbeit mit marginalisierten Gruppen, was am deutlichsten sichtbar in ihrer Werkreihe Textile Zeitungen ist. Sie verbrachte ein Jahr in der Schweiz an der Ecole d’Humanité (2017-18) und lebte fast zwei Jahre in Jerusalem (2021-23), wo sie im Zentrum AKIM, das sich Menschen mit unterschiedlichen Formen von Behinderung widmet, ein Volontariat absolviert hat und gleichzeitig als Gastkünstlerin in den Art Cube Artists’ Studios tätig war. m Jahr 2024 war sie Finalistin für den Mangelos-Preis und erhielt eine besondere Auszeichnung auf der 60. Oktobersalon-Ausstellung in Belgrad für das Projekt Textile Zeitungen, das in Zusammenarbeit mit dem Magazin Liceulice entstand.
Ort
Knez Mihailova 50
11000 Beograd
Serbien