Ausstellung Grace Schwindt

Grace Schwindt. An Order of Things, 2014. Video HD, Ton, 180’. © Courtesy of the artist

Freitag, 19.02.2016 - Sonntag, 15.05.2016

Museo de Arte Contemporáneo de Vigo

Einen Haushalt führen, eine Stadt bauen, eine Revolution anführen. Eine Ausstellung in drei Akten

Vom 19. Februar bis zum 15. Mai 2016 präsentiert das Museo de Arte Contemporánea de Vigo [Museum für zeitgenössische Kunst], in Zusammenarbeit mit dem Goethe-Institut Madrid die von Agar Ledo Arias und Gillian Park kuratierte Ausstellung von Grace Schwindt Run a Home, Build a Town, Lead a Revolution. An Exhibition in Three Acts [Einen Haushalt führen, eine Stadt bauen, eine Revolution anführen. Eine Ausstellung in drei Akten].
 
Es ist nicht einfach, die Arbeit von Grace Schwindt (Deutschland, 1979) einer einzigen Kategorie zuzuordnen, aber das sollte man auch nicht versuchen, denn ihre Arbeit zielt darauf ab, die Systematisierung und Standardisierung, die unsere moderne Gesellschaft bestimmt, zu hinterfragen. Mit ihren Filmen, Performances, Zeichnungen, Skulpturen und Texten  analysiert Schwindt die Rolle von Körper, Sprache und Gegenständen bei der Konstruktion von Geschichte und Erinnerung. Ihr Werk übt Kritik an den etablierten Systemen und hinterfragt die angebliche individuelle Freiheit, die der Kapitalismus verfechtet, sowie  die Moralvorstellungen, die dessen Handlungsmechanismen  auszeichnet. Durch die Dekonstruktion dieser Macht-Systeme -  die Familie,  die Gemeinschaft, der Staats oder die Glaubensgemeinschaft - lehnt die Künstlerin eine unreflektierte Annahme der Realität ab und lädt dazu ein, darüber nachzudenken, wie sich diese soziopolitischen Strukturen, denen wir angehören, bilden. Wie koexistieren in einem gleichen System diese verschiedenen Formen der Repräsentation und wie verhalten sie sich zueinander?  Wer erzählt  Geschichte, wie und warum? Sind wir uns darüber bewusst, wie die sozialen Strukturen konstruiert sind, in denen wir leben?

Grace Schwindt greift in ihrem kreativen Schaffensprozess auf Elemente aus dem Bereich Theater, Tanz oder Musik zurück und auf eine Forschungsmethodik, die der Mikro-Geschichte oder dem eines benjaminschen Historikers - der die etablierte Art & Weise, die Vergangenheit zu erzählen, aufbricht -  nahe steht.  Oftmals geht sie dabei von Gesprächen und Interviews mit Aktivisten, Politikern oder Familienangehörigen  aus, und überträgt ihnen damit die Entscheidung, was als Erzählung ausgewählt wird:  "Ich lehne es ab, die Rolle des Zeugen oder  der Autorität einzunehmen, wenn es darum geht zu entscheiden, wem man eine Stimme gibt“ sagt die Künstlerin. Ihre Art des Arbeitens  kann daher nicht von der kritischen Positionierung, die sie seit ihren ersten Filmen und Performances vertritt, getrennt werden. In diesen ersten Arbeiten formuliert sie eine Aufarbeitung der jüngsten deutschen Geschichte anhand von alltäglichen oder einzelnen Erzählungen, die aufzeigen, wie persönliche Geschichten, die Geschichte der Gemeinschaft beeinflussen und wie sich soziale Beziehungen durch Ausgrenzung und Zerstörung bilden.

Wie auch schon in ihren früheren Arbeiten, in denen der Einfluss der dialektischen Theatertradition von Bertolt Brecht zum Vorschein kommt, hat auch diese neue Ausstellung eine hohe performative Komponente. In Run a Home, Build a Town, Lead a Revolution. An Exhibition in Three Acts [Einen Haushalt führen, eine Stadt bauen, eine Revolution anführen. Eine Ausstellung in drei Akten] setzt sich Schwindt mit den Auswirkungen, die die Ölindustrie auf die Veränderung der Umwelt hatte, auseinander und erwägt eine Reflexion über  die Magie, den Glauben oder den Kapitalismus als Formen der sozialen Organisation. Der Zusammenhang zwischen Kapitalismus und Moral, die Phantasie der Unsterblichkeit, die Repräsentation des Körpers ohne Geschlechterrollen, das Meer als ein politischer und idealisierter Raum und die Anspielung auf Welten, die über den Tod hinaus bestehen, sind einige der Erzählstränge, die in dieser Ausstellung zusammenfließen. Ihr Titel ist aus den  Forschungen über die Repräsentation von Frauen in der Folklore entstanden - genauer gesagt, aus den Legenden der "Moura", Schlüsselfigur der galizischen und portugiesischen Tradition, die trotz übernatürlicher Kräfte, die es Ihr erlauben, Megalithen zu bauen, nicht in der Lage sein wird,  eine Revolution anzuführen. Dies würde voraussetzen, dass die Ordnung, die Mythen und Legenden wahren, verändert werden müsste.

Die Arbeit Schwindts dekonstruiert etablierte Systeme, sowohl jene, die Teil der sozialen Ordnung sind, als auch solche wie Glaubens- oder politische Systeme. Hiermit weist sie auf, dass nichts von dem, was diese Systeme bildet, neutral ist, sondern bestimmten Ordnungen folgt, die von Machtstrukturen gebildet wurden. Auch eine Ausstellung ist, als institutionalisiertes System, nicht neutral. Diese Ausstellung wird als Choreographie entworfen, in der die Beziehung zwischen den Objekten untereinander – Besucher inbegriffen – vielfältigste Subjektivität durch ihre Aktivierung generiert.

*Die Ausstellung wird begleitet mit einer Retrospektive der Filme von Grace Schwindt, die in der Bibliothek des Museums gezeigt werden.
 
Produktion: 
MARCO, Museo de Arte Contemporánea de Vigo / In Zusammenarbeit mit: Goethe-Institut Madrid. Mit Unterstützung von: Pavilion, Leeds / Fundación Centro Galego da Artesanía e do Deseño / Pavestone Projects / Facultad de Bellas Artes, Universidad de Vigo
Kuratiert von: Agar Ledo Arias und Gillian Park
 
In Zusammenarbeit mit:

MARCO - Museo de Arte Contemporánea de Vigo © MARCO
 

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