FANTASMEEM Focus
Design in Krisenzeiten

Vier Panelisten

"Design ist der Berührungspunkt von Kreativität und Technologie. Wer, wenn nicht ein Designer, kann Krisen transformieren?", fragte Gilbert Doumit auf der ersten Sitzung von FANTASMEEM Focus am 5. Februar 2019, wo vier Podiumsdiskutanten im Antwork über "Design in Krisenzeiten" sprachen.

Es ist vielleicht nicht überraschend, dass die Podiumsdiskussion mit dem kürzlich veröffentlichten McKinsey-Bericht startete, einer ernüchternden Einschätzung der verschuldeten libanesischen Wirtschaft, der andererseits schnelle Erfolge auf fünf Gebieten, darunter der Wissensökonomie, für möglich hielt.

Gilbert Doumit ©   Gilbert Doumit
Doumit, ein Aktivist und geschäftsführender Teilhaber eines regionalen Beratungsunternehmens, bemerkte, dass der 1200 Seiten starke Bericht zwar Investitionen in die zur Wissensökonomie gehörende Kultur- und Kreativwirtschaft empfahl, aber kaum auf die boomende Designindustrie des Libanon einging.
 
Dieses Übersehen spiegelt sich, so Doumit, in den libanesischen Arbeitsgesetzen wider, deren Bestimmungen Freiberuflern gegenwärtig keine soziale Sicherheit bieten. Eine kurze Umfrage im Publikum ergab per Handzeichen, dass die beträchtliche Mehrheit der Designer freiberuflich arbeitet. "Warum hat der Bericht nicht vorgeschlagen, [die Sozialversicherung] auf diese Arbeitskräfte auszudehnen?", fragte er.
 
Ghassan Salameh, Direktor der Beirut Design Week 2018 und Berater des Goethe-Instituts, stimmte zu, dass die Politik die Branche typischerweise eher vernachlässigt, obwohl der Libanon im letzten Jahr im jährlichen World Design Ranking an 24. Stelle stand und 33 der renommierten A' Design Awards erhielt.
 
Ghassan Salameh ©   Ghassan Salameh
"Als ich 2013 mein Designstudio gründete, hatte ich Mühe, jemanden zu finden, der mich betreut. Alle Gelder gingen in die Technologiebranche. Für Kulturprojekte gibt es [im Libanon] keine öffentlichen Mittel, außer in eng umgrenzten Bereichen wie Musikfestivals", sagte Salameh.
 
Salameh erlebte diese Vernachlässigung selbst bei der Suche nach Sponsoren für die Beirut Design Week. "Wir mussten [den Sponsoren] zeigen, wie Design eine Stadt verändern kann. Um die Beiruter Stadtverwaltung davon zu überzeugen, als Partner aufzutreten, haben wir sie nicht in die Planungsphase einbezogen, sondern sie erst dann angesprochen, als wir beweisen konnten, dass wir relevant sind", sagte er.
 
FANTASMEEM möchte Designern dabei helfen, diese Hürden zu überwinden, so Salameh weiter, indem es ein spezielles Ausbildungsprogramm für vielversprechende Nachwuchsdesigner im Libanon anbiete. "Im größeren Maßstab ist es das Ziel [von FANTASMEEM], Jobs zu schaffen und die lokale Wirtschaft zu unterstützen. Jedenfalls werden die Teilnehmer an FANTASMEEM das Programm mit einem Aktionsplan verlassen. Sie müssen Impulsgeber sein", sagte er.

Roula Haidar ©   Roula Haidar
Die Nützlichkeit des Designs für die Gesellschaft zu beweisen, galt den meisten Diskussionsteilnehmern als Hauptproblem, so auch Roula Haidar, Geschäftsführerin von L'Artisan du Liban. "Design muss einen Zweck haben. Es sollte den Menschen Lösungen bringen. Wie können wir es wagen, Design auf die traditionelle Definition des Handwerks zu beschränken?", fragte Haidar.
 
Rana Beiruti, Direktorin der Amman Design Week, bestätigte, dass traditionelles jordanisches Handwerk in der Regel gut finanziert ist. "Ausländische Gelder gehen oft an ländliche Gemeinschaften, wo Design hauptsächlich Handwerk ist, etwas, das als altertümlich und traditionell angesehen wird", sagte sie.
 
"Aber was ist mit modernem Handwerk? "Um ehrlich zu sein, habe ich es etwas satt, Design in Problemlösungszusammenhängen zu denken. [Probleme wie die] Wasser- und die Flüchtlingskrise können Designern schwer zu schaffen machen."
 
Beiruti sagte, sie fände es nützlich, Design in Form von Venn-Diagrammen zu betrachten. "Ja, Design kann eine Schnittmenge mit Technik und Kunst haben, aber auch mit anderen Disziplinen", so ihr Argument.
Rana Beiruti ©   Rana Beiruti

 
Aus diesem Grund dreht sich laut Beiruti die dritte Ausgabe der Amman Design Week um Träume.  "Dieses Jah entlasten wir die Designer von der Pflicht, Lösungen für große Probleme zu entwickeln und wir geben ihnen Gelegenheit, eine ganz andere Welt zu erträumen", sagte sie.
 
Liliane Abou Zeki, die Moderatorin der Diskussion, eröffnete sie mit dem Hinweis, Design könne nicht alle Probleme des Libanon lösen. "Design in Krisenzeiten ist ein großer Titel. Wir wollen die Erwartungen abgleichen, bevor wir beginnen", sagte sie.
 
Doch die Teilnehmer waren einhellig der Meinung, dass Reform und Fortschritt beim Design beginnen müssen.  "Die Frage ist nicht: 'Welche Technik verwenden wir?' Die Frage ist vielmehr: 'Was können wir in jeder Technik besser machen?' Wir müssen die Geduld haben, etwas zu ändern," sagte Haidar.

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