Deutsche Spuren im Libanon
Familie Baz – Deutscher Adel im Libanon

Nur wenige Besucher verirren sich dieser Tage in das Wachsmuseum Marie Baz, das im alten Palast von Fakhreddine in Deir el-Qamar liegt. Im Inneren des Jahrhunderte alten Palasts finden sich auf mehreren Etagen über 40 wahrheitsgetreue Wachsfiguren, die den wichtigsten Persönlichkeiten der libanesischen Geschichte nachempfunden sind.
Sie bieten den Besuchern einen spannenden Zugang zur turbulenten Geschichte des Landes. Zeigt ein Besucher besonderes Interesse, so bittet Samir Emile Baz ihn zu sich zum Tee. Das betagte Oberhaupt der Familie Baz leitet noch immer das Museum und freut sich besonders, wenn er jungen Menschen die libanesische Geschichte näher bringen kann. In den libanesischen Schulbüchern bricht die Geschichte des Libanon vor dem Ausbruch des Bürgerkriegs ab. Was danach geschah, wird in den Schulen nicht vermittelt – wohl aber im Wachsmuseum Marie Baz.
Vor zwei Jahrzehnten eröffnete Samir Baz das Museum, um den Libanesen und Libanesinnen die Geschichte ihres Landes anhand berühmter Persönlichkeiten zugänglich zu machen. Für eine halbe Million Libanesische Pfund ließ er über 40 Wachsfiguren in Frankreich herstellen und in den Libanon verschiffen. Den Fakhreddine-Palast, der sich seit Generationen im Besitz der Familie Baz befand, gestaltete er zu einem geräumigen Museum um. Lebensechte Drusenprinzessinnen, Besatzer und Milizenführer erwecken dort die ereignisreiche Geschichte des Libanon zum Leben. Neben ehemaligen Staatspräsidenten und Patriarchen findet sich auch Gergiz Baz, ein Vorfahre des Museumsgründers. Im 19. Jahrhundert zählten die Baz zu den wichtigsten und einflussreichsten Familien der Region. Gergis diente der Herrscherfamilie Shihab als Berater und war für die Ausbildung ihrer Söhne zuständig. In dieser Zeit kaufte er den Palast von Emir Ahmed Shihab in Deir El-Qamar, der neben dem Fakhreddine-Palast noch immer im Besitz der Baz-Familie ist und zu den prächtigsten Palästen der Region gehört. Die Ursprünge der Familie liegen jedoch an einem ganz anderen Ort: in Deutschland.
Wie die meisten libanesischen Familien besitzt auch Samir Baz keinen lückenlosen Stammbaum. Zu viele seiner Vorfahren zählen zu den Millionen libanesischer Migrantinnen und Migranten, die in den letzten Jahrhunderten nach Amerika, Afrika, Australien und Europa auswanderten und das Wissen um ihre Herkunft mit sich nahmen. Heute kommen sie aus der ganzen Welt als Besucher zurück in den Libanon und enden fast immer im Büro des Museumsleiters, wo sie gemeinsam versuchen, die Ursprünge Ihrer Familie zu rekonstruieren.
Und kürzlich erst hat das Oberhaupt der Familie Baz herausfinden können, dass es noch immer eine Familie Baz gibt, die in Köln lebt. Er plant sie nun zu kontaktieren und möchte sie im kommenden Jahr in Deutschland besuchen – vielleicht kann ein solcher Besuch die Lücken in der deutsch-libanesischen Familienchronik schließen.