This Is Not Lebanon: Festival for Visual Arts, Performance, Music and Talks

This is not Lebanon Künstlerhaus Mousonturm und Frankfurt LAB

Innerhalb kurzer Zeit hat der Libanon eine vierfache Katastrophe erlebt: die Revolution vom Oktober 2019, die zum Stillstand kam, die Hyperinflation durch den freien Fall der libanesischen Lira auf den Devisenmärkten, die Explosion im Hafen von Beirut am 4. August 2020 und schließlich die Pandemie. Vor diesem Hintergrund wurde "This is Not Lebanon" von dem Dramaturgen Matthias Lilienthal, dem Frankfurt LAB mit dem Künstlerhaus Mousonturm und dem Ensemble Modern in Zusammenarbeit mit dem Goethe-Institut Libanon initiiert, um Künstler/innen, deren Praxis von den vielen Krisen überschattet wird, eine Plattform zu bieten, um einer vereinfachenden Berichterstattung über die Situation im Libanon zu widersprechen und differenzierte Perspektiven auf das Land zu entwickeln.

Das dreiwöchige Festival, das vom 26. August bis zum 12. September 2021 in Frankfurt am Main stattfinden wird, ist vor allem eine Gelegenheit, die Stimme einer aufstrebenden Generation von Künstler/innen zu entdecken, die entweder im Libanon leben oder deren Arbeit in irgendeiner Weise mit dem Land verbunden ist und die aus den Bereichen Performance, bildende Kunst, Choreografie und Musik kommen.

Eröffnet wird das Festival mit einer Weltpremiere von Lawrence Abu Hamdan: ein audiovisueller Essay, der die Beziehung zwischen Territorialität und atmosphärischer Gewalt untersucht. Es folgen neue Produktionen von vier weiteren Künstler/innen, die im Vorfeld des Festivals im Rahmen von Produktionsresidenzen in Frankfurt entwickelt werden:

Die Choreografin und ausgebildete Architektin Ghida Hachicho erforscht gemeinsam mit vier weiteren Performer/innen das Verhalten von Gruppen und Schwärmen - die Performance verhandelt Fragen zu Gruppenbildungsprozessen, wie und wodurch welche Beziehungen zwischen den Beteiligten entstehen und was diese über die Einzelnen im Verhältnis zur Gruppe aussagen können; Die Künstlerin und Filmemacherin Marwa Arsanios erläutert das vierte Kapitel ihrer Forschungsarbeit, das einen interdisziplinären Blick auf die antikolonialen Kämpfe von Frauen für einen umfassenden sozialen und politischen Wandel wirft. In diesem Kapitel befasst sich die Künstlerin mit Fragen des Erbes, des Besitzes, des Eigentums und des Wertes durch eine Videoinstallation; Gemeinsam mit der Autorin Sanja Grozdajnic untersucht der Künstler Bassem Saad den verschiedenen Prozessen des Internationalen Strafgerichtshofs und die Inkongruenz von historischen Erzählungen und dem eigenen Erleben – in seiner ersten Videoperformance hinterfragt der Künstler die Verteilung von Gewalt und Begehren; In einer performativen Intervention schafft der multidisziplinäre Künstler Ali Eyal einen Raum zwischen eigener Geschichte und vergänglichen Erinnerungen. Diese erweitert er um fiktionale, künstlerische Erzählungen und verbindet die öffentliche Wahrnehmung des Irakkriegs mit seinen persönlichen Erlebnissen und deren Nachwirkungen. 

Neben weiteren Arbeiten von Künstler/innen wie Rabih Mroué, Maan Abu Taleb, Lily Abi Chahine, Noor Abed und Mark Lotfy findet am ersten Wochenende des Festivals ein von Rabih Mroué kuratiertes Diskursprogramm mit dem Titel “We cannot determine what will make us surrender” statt. Der Kurator lädt Künstler/innen und Autor/innen ein, um die vergangenen und aktuellen Ereignisse im Libanon in Vorträgen, Gesprächen und Filmen aus vielfältigen Perspektiven zu beleuchten. Der Titel, ein Zitat einer libanesischen Aktivistin, das anlässlich des ersten Jahrestages der Oktober-Proteste in einer Zeitung veröffentlicht wurde, hat den Kurator zu der Frage veranlasst, ob der Satz als solcher gemeint war oder ob die Aktivistin vom Journalisten missverstanden wurde. Er suggeriert, dass die Revolutionär/innen unvermeidbar scheitern werden, bestätigt jedoch zugleich, dass der Moment der Kapitulation noch nicht eingetreten ist. Rabih Mroué fördert dazu auf, diese Ambivalenz auszuhalten und schafft zusammen mit seinen Gäst/innen einen Diskussions- und Denkraum für alte und neue Fragen, für Zweifel, Ängste sowie unfertige Ideen und Gedanken.

Das Ensemble Modern hat für das Festival ein mehrteiliges Musikprogramm entwickelt, das sowohl Kompositions- als auch Produktionsaufträge vorsieht. Ein Teil ist eine Zusammenarbeit mit dem Komponisten Saed Haddad - ein anderer ist ein Auftragswerk des libanesischen Komponisten und bildenden Künstlers Zad Moultaka. Weitere Kooperationen des Ensembles Modern werden mit der Pianistin, Komponistin und Installationskünstlerin Cynthia Zaven sowie mit der Sounddesignerin und Filmemacherin Nour Sokhon entwickelt. Darüber hinaus ist eine Zusammenarbeit des Jazzpianisten Florian Weber mit Rabih Lahoud, Sänger der erfolgreichen Jazzband Masaa, geplant. 


Nach dem Festival in Frankfurt wird es im Oktober 2021 eine zweite Iteration in Beirut geben, in Zusammenarbeit mit Ashkal Alwan. 


Matthias Lilienthal, der Hauptkurator des Festivals, hat das Programm in enger Zusammenarbeit mit seinen Ko-Kurator/innen – Christine Tohmé, Leiterin von Ashkal Alwan, Rabih Mroué, Performance- und Medienkünstler, Anna Wagner, Dramaturgin und künstlerische Ko-Leiterin am Mousonturm und den Mitgliedern des Ensemble Modern Jaan Bossier, Uwe Dierksen und Christian Hommel – entwickelt.

 “This Is Not Lebanon. Festival for Visual Arts, Performance, Music and Talks” ist ein Kooperationsprojekt des Frankfurt LAB mit Künstlerhaus Mousonturm und Ensemble Modern in Zusammenarbeit mit dem Goethe-Institut Libanon. Gefördert durch die Kulturstiftung des Bundes, das Goethe-Institut und die Ensemble Modern Patronatsgesellschaft e.V. Das begleitende diskursive Programm wird gefördert durch die Bundeszentrale für politische Bildung. Die Residenzen im Rahmen von “This Is Not Lebanon. Festival for Visual Arts, Performance, Music and Talks” sind Teil von „Frankfurt Moves!", einer Kooperation der KfW Stiftung mit dem Frankfurt LAB zur Förderung internationaler aufstrebender Künstler:innen im Bereich Tanz und Darstellende Künste.




 


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