Elektro-Fahrzeuge
Norwegen Vorreiter

ELbiler Hydrogenstasjon Rosenholm Oslo
Foto: ©Svein Thompson

Bei vier von zehn Pkw, die zum September 2016 in Norwegen gekauft wurden, handelt es entweder Elektro- oder um Hybrid-Fahrzeuge mit einem Elektro- und einem normalen Motor. Könnte es uns gelingen, sämtliche Emissionen von allen Fahrzeugen zu Lande, zu Wasser und in der Luft zu vermeiden?

Es ist möglich, und in den nächsten 10‒15 Jahren wird sich in diesem Bereich viel bewegen. Dieser Ansicht ist jedenfalls ein Zusammenschluss der größten Interessenverbände in Norwegen, die gemeinsam mit dem Gewerkschaftsdachverband Landsorganisasjonen i Norge (LO) und der Umweltorganisation Zero den Bericht „Wegweiser für grünen Verkehr ‒ mit hoher Mobilität in Richtung Nullemission 2050“ veröffentlicht haben.

Zukunftsvision Foto: ©Ruter Die 13 Organisationen sind überzeugt: Der Elektromotor ist die Zukunft auch für Busse, Lkw und andere schwere Fahrzeuge. Elektromotoren werden sich als beste und preisgünstigste Lösung herausstellen. In einem normalen Verbrennungsmotor werden 75 % der Energie nicht für den Antrieb des Fahrzeugs genutzt. Das meiste wird in Wärme umgewandelt, und nur für einen geringen Teil davon haben Sie Verwendung, wenn es kalt ist. In einem Elektromotor wird nahezu sämtliche Energie zum Fahren verwendet. Deshalb erreichen Sie im Handumdrehen die volle Leistung, ganz so, als würden Sie einen Föhn einschalten. Wrooom!
Um Ölwechsel und andere schmutzige Arbeiten müssen Sie sich nicht mehr kümmern. Das Elektro-Auto ist viel einfacher aufgebaut und hat viel weniger bewegliche Teile als ein normales Auto. Daher wird es bald nicht nur in der Reparatur, sondern auch im Unterhalt erheblich billiger sein. Der Strom kommt aus bestehenden Leitungen, Sie können das Auto zu Hause oder an Ladestationen „tanken“. Strom ist in der Produktion billiger als Benzin und in der Anwendung absolut sauber.
Doch derzeit ist ein Elektro-Auto noch teurer in der Anschaffung, es sei denn, Sie wohnen in Norwegen oder einem anderen Land, das Elektro-Autos subventioniert. In Norwegen sind Elektro-Fahrzeuge viel günstiger und normale Autos sehr teuer, weil auf Neufahrzeuge hohe Abgaben anfallen. Die Abgaben sind in etwa so hoch wie die Kosten des Fahrzeuges ab Werk. Doch auf Fahrzeuge mit Elektro-Motor fallen diese Abgaben nicht an; daher sind diese Autos in Norwegen erheblich günstiger als normale Pkw. Hybrid-Fahrzeuge, die einen Verbrennungsmotor haben, aber auch einige Kilometer mit der Batterie zurücklegen können, werden ebenfalls viel billiger. Die Höhe der Abgaben richtet sich nämlich meist danach, wie hoch der Ausstoß an CO2 pro Kilometer ist.
Verkehr Foto: ©Colourbox
In Norwegen betrug der durchschnittliche CO2-Ausstoß pro Kilometer der im September 2016 verkauften Fahrzeuge 88 g ‒ ein Rückgang um ein Drittel in nur fünf Jahren (laut Opplysningsrådet for Veitraffiken AS) und weltweit der niedrigste Wert. 2015 betrug der EU-weite Durchschnitt 119,6 g CO2 (laut European Environment Agency).

Biokraftstoff auf der Basis von Rohstoffen aus dem Wald

Aber was ist mit all den Bussen, Transportern und Lkw? Nicht zu vergessen den Baggern, Fähren, Schiffen und Flugzeugen?
Dem Bericht der 13 Organisationen zufolge werden sich elektrische Lösungen in allen Sektoren durchsetzen. Doch es wird noch einige Zeit dauern, bis wir ein großes Passagierflugzeug mit einem Elektro-Motor betreiben oder einen viele Tonnen schweren Trailer mit der Energie aus den heutigen Batterien bewegen können. Daher brauchen wir mehr klima- und umweltfreundliche Bio-Kraftstoffe. In Norwegen verfolgt das staatliche Energieunternehmen Statkraft Pläne für die Produktion von Bio-Kraftstoffen basierend aus Rohstoffen aus dem Wald. 2020 sollen die ersten Tropfen auf der Basis von Sägespänen, Ästen und Baumspitzen verwendet werden, um Kraftstoffe zu entwickeln, die sowohl in Flugzeugen als auch in Fahrzeugen an Land eingesetzt werden können. Auch die Nutzung von Bio-Kraftstoffen wird nicht ohne Emissionen vonstattengehen. Doch der Wald wächst nach und reduziert so den CO2-Ausstoß, sodass die Bilanz der Klimagas-Emissionen langfristig ausgeglichen wird.
Bio-Kraftstoffe aus nachhaltiger Forstwirtschaft werden keine Flächen in Anspruch nehmen, die sonst für die Lebensmittelproduktion verwendet würden. Das ist wichtig, damit der Kampf um die Umwelt nicht Lebensmittel verteuert und damit die Ärmsten trifft.

Wie wird sich der Elektro-Motor durchsetzen?

Als Nächstes sind in Norwegen Transporter und Busse dran. Pkw werden bereits allmählich ausgetauscht. Das durchschnittliche Alter eines Pkw beträgt in Norwegen 10,5 Jahre, in der EU nur 7,4. Transporter werden dort ebenso schnell ausgetauscht wie im Rest der EU. Daher geht die Wirtschaft davon aus, dass bessere Subventionsregelungen für Elektro-Transporter den Wechsel beschleunigen werden und dass es schon 2030 fast nur noch elektrisch betriebene Transporter geben wird.
Wer sich besonders für diese Fahrzeugkategorie interessiert, weiß vielleicht, dass der Crafter, ein großer Transporter, auf der großen Transportermesse in Hannover im September zum Transporter des Jahres („Van of the Year“) gewählt wurde. Aber wussten Sie auch, dass es ihn in einer Elektro-Ausführung gibt? Er eignet sich gut für Lieferfahrten in Städten und Ballungsgebieten.
Auch Elektro-Busse werden sich in den Städten schnell durchsetzen, denn die Batterien können an fast allen Haltestellen oder sogar unterwegs aufgeladen werden. Und wie Volvo verlauten lässt, werden wir bald große, sehr leistungsstarke Elektro-Bagger sehen.
In Oslo werden schon heute testweise Elektro-Busse eingesetzt, die mit Wasserstoff betrieben werden.

Getriebe, Zündkerzen oder Kupplungen überflüssig

Der Transportsektor in Norwegen und dem Rest der Welt wird nie emissionsfrei werden, wenn nicht „Autoländer“ wie Deutschland diesen riesigen Industriezweig umstellen. Es sind nicht nur die Fahrzeughersteller, die ihre Produktion ändern müssen. Für ein Elektro-Fahrzeug sind große, leistungsstarke Batterien und kleine Elektromotoren notwendig, die direkt an den Rädern sitzen. Auf der anderen Seite können wir dann auf die bisherigen großen Motoren, Kolben, Einspritzmechanismen für Kraftstoffe und all die Elektronik, die eine optimale Ausnutzung des Kraftstoffes sicherstellt, verzichten. Wir brauchen auch keine Getriebe, Zündkerzen oder Kupplungen mehr, die dafür sorgen, dass die Kraft vom Motor auf die Räder übertragen wird.