Ort der Begegnung
Stadtmöbel als Magnet

Dreieck
Fotos: ©"byVerksted"

Tøyen, ein pulsierender, zentrumsnaher Stadtteil im Osten Oslos, ist geprägt von einer vielfältigen Einwohnerstruktur und einer lebendigen Kulturszene. Hier gibt es für Osloer Verhältnisse noch recht günstigen Wohnraum. Einige Straßenzüge gelten jedoch als soziale Brennpunkte.
 

Von vielen Bewohnern werden die oft schlecht beleuchteten Straßen und vernachlässigten Freiflächen als wenig einladend und unsicher empfunden. Private Initiativen und das Stadtentwicklungsprogramm Tøyen Løft sind dabei das zu ändern.
Wenn man in Tøyen Richtung Botanischer Garten läuft, sieht man bereits von weitem ein magisch rot leuchtendes Dreieck. Beim Näherkommen erkennt man, dass es sich hier keineswegs um ein überdimensionales Warnschild handelt, sondern ganz im Gegenteil um eine Einladung - zum Erkunden, Betreten und Be-sitzen.

Unkonventionelle Gestaltungsideen

Aufgestellt wurde das Multifunktions-Dreieck von einer Gruppe junger engagierter Designer, Architekten und Handwerker, allesamt Bewohner des Stadtteils. Nachdem Forderungen von Anwohnerinitiativen nach besserer Beleuchtung und sicheren Wegen bei der Stadtverwaltung kein Gehör fanden, gründete die Gruppe die „ByVerksted“ (StadtWerkstatt), um das durch unkonventionelle Gestaltungsideen zu ändern.
 „Es bestand sowohl der Bedarf für mehr und besseres Licht im öffentlichen Stadtraum, als auch für einen Treffpunkt in unserer Nachbarschaft. Das Ergebnis war daher ein leuchtendes Stadtmöbel, das sowohl für Erwachsene als auch Jugendliche und Kinder attraktiv ist. Es wurde zum Startschuss für unsere weiteren Projekte“, erklärt Jinn, Grafische Designerin und Projektleiterin bei „ByVerksted“.
Dem städtische Programm geht es vor allem darum, gesunde und sichere Lebensbedingungen zu schaffen sowie Armut und Kriminalität zu bekämpfen. Damit soll zum Beispiel der Abwanderung junger Familien etwas entgegen gesetzt werden. Auch auf mehr Gemeinschaft wird besonderen Wert gelegt.

Byverksted Foto: ©"byVerksted"

Teils intime, teils offene Zonen

So ist auch Tøyen Torg zu einem Ort der Begegnung geworden. Zuvor war dieser zentrale Platz, der von mehrgeschossigen Gebäuden aus den sechziger Jahren, grauem Betonpflaster und einigen lieblosen Pflanzkübeln geprägt war, selbst im Sommerhalbjahr überwiegend menschenleer.
Nicht zuletzt durch die Hilfe von Anwohnern und Gewerbetreibenden entstanden kreative und multifunktionale Stadtmöbel aus einfachen Materialien. Zudem gibt es teils intime, teils offene Zonen, um Bedürfnissen wie Rückzug oder Miteinander zu entsprechen.
Dem Wunsch der Anwohner nach einer eher schlichten Gestaltung, die Raum für unterschiedliche Aktivtät und Bedürfnisse gibt, wurde erfüllt:  Alle Installationen können vielfältig genutzt werden.  So sind Sitzplätze so konstruiert, dass sie gleichzeitig zum Erforschen und Klettern einladen. Der Fahrradparkplatz dient als Werkstatt, und die Informationssäule ist zu einem markanten und beliebten Treffpunkt geworden. „Das Ziel mit diesem temporären Projekt ist es, innovative Lösungen und neue Ideen für Raumnutzungen ausprobieren zu können. Nicht alles muss vom ersten Tag an perfekt sein. Man kann die Erfahrungen, die wir hier sammeln, mitnehmen für die endgültige Platzgestaltung“, meint Jinn.

Spielzeug Foto: ©"byVerksted"

Zugehörigkeit und Gemeinschaft

Die „ByVerksted“ engagiert sich auch bei vielen anderen Projekten z.B. mit Fahrrad-, Schmuck- und Holzbearbeitungs-Workshops an lokalen Schulen. Ihre Erfahrung ist, dass gemeinsam etwas zu bauen und Dinge herzustellen Zugehörigkeit und Gemeinschaft schaffen, unabhängig von sozialem Hintergrund, Alter oder Kultur.
2016 waren ihre innovativen Stadtmöbel sogar für den Architekturpreis der Stadt vorgeschlagen, doch die Mitglieder der StadtWerkstatt sehen ihre größte Belohnung darin,  bessere Lebensbedingungen für Tøyens Bewohner schaffen zu können.
Heute vibriert Tøyen Torg geradezu vor Leben. Kinder erkunden neugierig die Platzelemente, während ihre Eltern in den angrenzenden Läden einkaufen, junge Selbständige sitzen mit ihren Laptops  vor einem der angesagten Cafés und die vor der öffentlichen Bibliothek aufgestellten Leseboxen erfreuen sich sogar in der kälteren Jahreszeit allgemeiner Beliebtheit.
 „Das Konzept der StadtWerkstatt kann in jeder beliebigen Stadt funktionieren“, ist Jinn überzeugt.  Projektgruppen in anderen Städten blicken bereits nach Tøyen. „Wir denken, dass es ein guter Ausgangspunkt ist, im Kleinen anzufangen und sein eigenes lokales Netzwerk zu nutzen. Wir haben festgestellt, dass wenn man erst einmal begonnen hat, viele freiwillige und offizielle Akteure ihre Mithilfe anbieten.“