Neuer Deutscher Film 2018

ndf2018 © Sommerhaus Filmproduktion GmbH

Überraschend regional

Eine Überraschung auf Festivals und an den Arthouse-Kinokassen in
Deutschland: Zu den aufsehenerregendsten nationalen Erfolgen zählten
in diesem Jahr Filme, die ihre Themen sehr stark im Regionalen suchten.
Andreas Dresen verfilmte das Leben eines in Westdeutschland kaum
bekannten, in Ostdeutschland umso mehr geliebten Liedermachers – und
landete damit einen Hit. Ob das Leben der sogenannten kleinen Leute
in der Provinz oder der Kampf um politische Teilhabe an historischen
Beispielen in Ost und West: Neben der immensen Genauigkeit der
beschriebenen Lebensrealitäten eint viele Filme auch ihr politischer
Anspruch. Sie wollen in das Hier und Jetzt in einem durchaus zerrissenen
Deutschland im Jahr 2018 hineinwirken. Für das Publikum in Estland bietet
sich damit die Möglichkeit, Deutschland so vielseitig wie selten auf der
Leinwand kennenzulernen.

Das aktuelle Kino verortet sich darüber hinaus entlang der Bruchlinien
aktueller gesellschaftlicher Entwicklungen, die ganz Europa, ja, die ganze
Welt beschäftigen. Ob es um das Verhältnis der Geschlechter im Jahr
2018 geht oder um eine genaue künstlerische Reflexion zum Umgang
der Gesellschaft mit den ausgegrenzten „Anderen“: Vom Debut bis zum
gestandenen Meisterwerk regen die vertretenen Filme auf künstlerisch
reizvolle Weise zu tiefem Nachdenken – und Handeln – an.

Filmemacherinnen sind dabei mit zentralen Filmen vertreten: Über diese
Auswahl deutscher Filme hinaus findet sich zum Beispiel in einer anderen
Reihe des Festivals, Wavemakers, das formal äußerst selbstsichere Debüt
von Katinka Narjes, NIXEN. Hier wird ein Geschwisterverhältnis mit fluider
Kamera beschrieben. Und um Familie geht es auch in einer Weltpremiere:
LYSIS von Rick Ostermann zeigt Vater und Sohn im Kampf gegen die Natur,
gefilmt mit Helmkameras. Der formale Wagemut ist im deutschen Kino in
vielen Werken zu spüren – sehen Sie sie hier.
 
Christoph Gröner

 


 

Zurück