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#STUDIO202X - Staffel 2: Folge 1 "Freiheitsrechte vs. Recht auf Lebensschutz?"

Staffel 2 Studio202X 2-1
© Goethe-Institut Tokyo

Die Zukunft der Demokratie

Demokratische Verfassungen schreiben in der Regel sowohl das Recht des Einzelnen auf körperliche Unversehrtheit wie auch individuelle Freiheitsrechte fest. Was in Zeiten der Normalität ausbalanciert werden kann, erschien angesichts der Verbreitung des Coronavirus unversöhnlich miteinander. Um dem gesetzlich garantierten Recht auf Lebensschutz zu entsprechen, verhängten viele Staaten Ausgangs- und Kontaktsperren, Betriebe und öffentliche Einrichtungen wurden vorübergehend geschlossen. Diese Einschränkung der Freiheitsrechte wird seit der Lockerung der Corona-Maßnahmen von vielen Bürger*innen als Ausdruck eines Demokratieabbaus kritisiert.

Mit Blick auf die zukünftige Krisenbewältigung stellen sich u.a. die Fragen: Wie lassen sich die genannten Grundrechte „Lebensschutz“ und „Freiheitsrechte“ überhaupt gegeneinander abwägen? Wie werden die Parameter einer solchen Debatte kommuniziert und getroffene Entscheidungen demokratisch legitimiert? Wie können in einem Krisenzustand die Vielfalt der Zivilgesellschaft bewahrt und die Interessen von Minderheiten im öffentlichen Diskurs sichtbar gemacht und geschützt werden? Welche Strategien sind notwendig, damit der Prozess der demokratischen Konsensbildung auch in der Krise gewahrt bleibt?

Darüber diskutieren mit Daisuke Tsuda die Gäste Kazuko Ito (Rechtsanwältin, Generalsekretärin Human Rights Now),  Toshihito Kayano  (Philosoph und Professor, Tsuda University) und Christoph Möllers (Rechtswissenschaftler und Professor, Humboldt-Universität Berlin).

Während der Sendung haben die Zuschauer*innen die Gelegenheit, Fragen an die Studiogäste zu stellen.

Biographien der Gäste:
 
Kazuko Ito wurde 1994 als Rechtsanwältin registriert und arbeitet seitdem in den Bereichen Frauenrechte, Rechte von Kindern, Kriminalrecht. Umweltprobleme und Fragen des internationalen Menschenrechts. Als Hauser Research Fellow an der New York University School of Law forschte Ito zum internationalen Menschenrecht und führte eine ländervergleichende Studie zu Systemen des Kriminalrechts durch. Im Jahr 2005 arbeitete sie für verschiedene Menschenrechtsorganisationen, unter anderem das Center for Constitutional Rights in New York.
2006 begann Ito bei Human Rights Now mitzuarbeiten, eine internationale NGO mit Sitz in Japan, für die sei heute als Generalsekretärin tätig ist. Human Rights Now ist die erste japanische NGO, die sich für die Förderung und den Schutz der Menschenrechte von Personen aus aller Welt einsetzt, mit besonderem Fokus auf Asien. Die Organisation setzt verschiedene Techniken ein, unter anderem Stärkung von Basisgruppen zur Verteidigung der Menschenrechte, Solidaritätsaktionen und Lobbyarbeit.

Toshihito Kayano wurde 1970 in der Präfektur Aichi geboren. Er studierte an der Universität Paris Ouest Nanterre La Défense (Universität X) Philosophie und  erwarb dort einen Doktorgrad in Philosophie. Er ist Professor für Philosophie an der Tsuda Universität und außerdem als Kommentator für Radio und Fernsehen tätig. Er veröffentlichte zahlreiche Publikationen zu den Themen Nationalismus, Globalisierung und zur Anwendung der Philosophie im Alltag.

Christoph Möllers ist Professor für Öffentliches Recht und Rechtsphilosophie an der Humboldt-Universität zu Berlin und Permanent Fellow am Wissenschaftskolleg zu Berlin. Seine Forschungen bewegen sich in den Bereichen deutsches, europäisches und vergleichendes Verfassungsrecht, Demokratietheorie und Theorie sozialer Normen. Er war zuvor Professor für Öffentliches Recht an den Universitäten Münster und Göttingen, Emile Noël-Fellow an der NYU, Fellow am Wissenschaftskolleg und Gastprofessor u.a. an der CEU Budapest, Princeton University und der Université Paris II. Von 2011 bis 2014 war er Richter im Nebenamt am Oberverwal­tungsgericht Berlin-Brandenburg. Er ist Träger des Gotthold-Wilhelm-Leibniz-Preises der DFG 2016.

Weitere Sendetermine:
 
Freitag, 12.6., 20:00 – 22:00
Folge 2: Demokratische Institutionen in der Krise?
 
Freitag, 19.6., 22:00 – 24:00
Folge 3: Öffentlichkeit im Umbruch und die Rolle der Medien
 
Freitag, 26.6., 20:00 – 22:00
Folge 4: Kunst und Demokratie
 
Sprache: Japanisch und Englisch mit Simultanübersetzung

Übertragung via
facebook.com/goethe.institut.tokyo (Englisch)
twitter.com/GI_Tokyo (Japanisch)
https://www.youtube.com/user/goethetokyo(Japanisch)
 
Über das #Studio202X

#Studio202X ist ein über Facebook und Twitter ausgestrahltes Talkformat, dessen Inhalte das Goethe-Institut Tokyo in Kooperation mit dem Journalisten Daisuke Tsuda entwickelt. Die erste Staffel mit vier Folgen wurde im April 2020 gesendet. In Reaktion auf die täglich neuen Fragen und Herausforderungen, mit denen uns die Corona-Krise konfrontiert, nimmt das #Studio202X Perspektiven auf die aktuelle Pandemie in den Blick, die über die Ebene der konkreten Krisenbewältigung im Alltag hinausgehen. Im Juni geht die zweite Staffel des #Studio202X unter dem Titel „Die Zukunft der Demokratie“ auf Sendung.

Die Corona-Pandemie hat das politische und soziale System demokratischer Gesellschaften in den Zustand eines permanenten Stresstests versetzt. Für Bürger*innen der jüngeren Generation waren die mit dem Lockdown einhergehenden Kontaktbeschränkungen und Ausgangsverbote oft die erste Erfahrung einer temporären Aufhebung bzw. Begrenzung demokratischer Freiheits- und Partizipationsrechte. Wie reagieren demokratische Systeme auf das Dilemma, die Ausbreitung des Virus zu kontrollieren und zugleich die für die Demokratie essenzielle Bürgerbeteiligung und Debattenkultur aufrechtzuerhalten? Unter welchen Prämissen können/müssen wir Demokratie im Zuge der Corona-Krise neu und anders denken? In der zweiten Staffel des #Studio202X beleuchtet Daisuke Tsuda im Gespräch mit japanischen und internationalen Expert*innen aus den Bereichen Philosophie, Soziologie, Psychologie, Rechtswissenschaft und anderen Disziplinen verschiedenen Aspekte dieser Fragestellung und fragt nach Szenarien des sozialen Wandels, die die Krise in Bewegung setzen könnte.

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