Filmreihe und Symposium Die Zukunft der Vergangenheit – Wer macht Geschichte?

Nagisa Oshima: "The Ceremony"Zukunft der Vergangenheit © Nagisa Oshima

Filmreihe:
Mi, 16. November 2016–
Sa, 19. November 2016
Symposium:
Sa, 19. November 2016

Cinematheque des Korean Film Archives

Filmreihe und Symposium über Public History im Spielfilm

Die Gegenwart dirigiert die Vergangenheit wie die Mitglieder eines Orchesters. Sie benötigt diese Töne und keine anderen. So erscheint die Vergangenheit bald lang, bald kurz. In die Gegenwart wirkt nur jener Teil des Vergangenen hinein, der dazu bestimmt ist, sie zu erhellen oder zu verdunkeln.
Italo Svevo
 
Die Beziehungen der Länder Nordostasiens sind immer noch stark beeinflusst von dem Umgang mit der imperialen Vergangenheit Japans, sowohl dort selbst als auch in China und Korea. Häufig wird auf die vermeintliche mustergültige „Vergangenheitsbewältigung“ in Deutschland verwiesen und außer Acht gelassen, dass viele Ereignisse der jüngeren und jüngsten Geschichte oftmals im eigenen, offiziellen Geschichtsdiskurs fehlen oder nur verkürzt dargestellt werden.
 
Wenn die offizielle Geschichtsschreibung je nach Interessenslage selektiv Ereignisse aufgreift und beschreibt, gibt es so etwas wie eine alternative Narrative jenseits der politischen Instrumentalisierung? Unterscheidet sich diese „Public History“ von der offiziellen, wissenschaftlichen Geschichtsschreibung?
 
Das Goethe-Institut Korea hat, in Zusammenarbeit mit dem Critical Global Studies Institute der Sogang University, Film- und Geschichtswissenschaftler aus der Region Nordostasien und aus Deutschland eingeladen, in einem Workshop der Frage von Public History im populären Medium Film nachzugehen. Das Ergebnis wird im Korean Film Archive in Form einer kuratierten Filmreihe und eines internationalen Symposiums präsentiert.
 
Die Filmreihe besteht aus vier Spielfilmen aus Deutschland, Japan, Südkorea und Taiwan, die sich auf spezifische Weise mit der Vergangenheit auseinandersetzen. Für die Hauptvorstellung führt der Kurator mit einem kurzen Referat in den jeweiligen Film ein. Alle Filme werden im Originalton mit koreanischen Untertiteln gezeigt.
 
„Barbara“ (Deutschland, 2012): Rund neun Jahre vor dem Fall der Mauer: Die Berliner Ärztin Barbara hatte einen Antrag auf Ausreise aus der DDR gestellt. Sie wurde inhaftiert und nach ihrer Entlassung im Sommer 1980 an ein Provinzkrankenhaus strafversetzt. Während ihr Geliebter aus dem Westen die Flucht über die Ostsee vorbereitet, arbeitet Barbara, häufig observiert und oft kontrolliert, in der Kinderchirurgie. Ihr neuer Chef André scheint mit den Mitarbeitern der Staatssicherheit zu kooperieren - aber wie weit würde er im Ernstfall gehen? Zumindest Barbaras Engagement für die junge Außenseiterin Stella scheint er zu billigen. Ist er in seine Kollegin verliebt? Am Tag der Flucht trifft Barbara eine nur bedingt überraschende Entscheidung. Christian Petzolds Film, bei der Berlinale 2012 mit dem Regie-Preis ausgezeichnet, ist ein stiller, unaufgeregter und bedingungslos genauer Film über das Leben in der DDR - weit entfernt von ideologischen Diskursen.

Spielzeiten (Deutsch mit koreanischen und englischen Untertiteln):
Mi, 16. November um 19 Uhr (mit einer Einführung von Rainer Rother)
Fr, 18. November um 14 Uhr
 
 
„Banana Paradise“ (Taiwan, 1989) handelt von der Nachkriegszeit des chinesischen Bürgerkrieges. Zwei junge Männer schließen sich der Armee der Kuomintag an um nach Taiwan überzusiedeln. Sie fälschen ihre Identitäten, suchen nach Arbeit und erhoffen sich in Taiwan ein glücklicheres Leben als in China.

Spielzeiten (Chinesisch mit chinesischen, englischen und koreanischen Untertiteln):
Do, 17. November um 19 Uhr (mit einer Einführung von Jane Yu)
Fr, 18. November um 16 Uhr
 
 
In „The Ceremony“ (Japan, 1971) stirbt das Familienoberhaupt eines Familienclans. Masuo, der sich vor vielen Jahren nach dem Krieg mit seiner Mutter dem Familienclan anschloss, erinnert sich an die Zeit in der Familie zurück. Rückblenden und Erinnerungen erzählen das grausame Schicksal seiner Familie zwischen 1946 bis zur Gegenwart.

Spielzeiten (Japanisch mit englischen und koreanischen Untertiteln):
Do, 17. November um 16 Uhr
Fr, 18. November um 19 Uhr (mit einer Einführung von Inuhiko Yomota)
 
 
„The Sea Knows“ (Südkorea, 1961) ist ein Kriegsfilm, der im Jahre 1944 spielt. Koreanische Soldaten werden nach Japan geschickt um dem Militär zu dienen. Sie stehen unter ständiger Kontrolle des japanischen Militärs. Der Kontakt zu Freunden und Verwandten ist untersagt. Einer der koreanischen Soldaten aber verliebt sich in eine junge Japanerin.

Spielzeiten (Koreanisch mit englischen Untertitel)
Mi, 16. November um 16 Uhr (mit einer Einführung von Soyoung Kim)
Sa, 19. November um 18 Uhr

The Sea Knows Foto: Korean Film Archive
Am 19. November wird ab 13:30 Uhr ein internationales Symposium zu dem Thema „Die Zukunft der Vergangenheit – Wer macht Geschichte?“ stattfinden. Inuhiko Yomota aus Japan, Jane Yu aus Taiwan, Soyoung Kim aus Südkorea und Rainer Rother aus Deutschland setzen sich mit dem Thema Geschichtsschreibung und Public History im Medium Film auseinander.
 
Der Autor und Filmhistoriker Inuhiko Yomota studierte Religion und fokussierte sich danach auf vergleichende Literatur und Kulturen. Nach seinem zweiten Studium im Fach der Filmgeschichte Asiens veröffentlichte er zahlreiche Bücher und gewann diverse Literaturpreise. Inuhiko Yomota wird zu dem Symposium mit einem Vortrag über The Ceremony von Nagisa Oshima beitragen: Manchuria's Shadow.
 
Jane Yu ist seit 1990 Direktorin des Taiwan International Documentary Festival und Gründerin des Book Meets Film-Forum. Sie organisiert diverse Festivals, wie das Women Make Waves Festival und das Taipei Golden Horse Film Festival. Im Mittelpunkt ihres Vortrags steht die Geschichtsauffassung in dem Film Banana Paradise.
 
Soyoung Kim arbeitet für diverse Filmmagazine als Filmkritikerin. Zudem ist sie Regisseurin und Autorin. Zu ihren bekanntesten Filmen zählt die Trilogie Women’s History Trilogy (2000-2004). In ihren literarischen Werken widmet sie sich u.a. der heutigen Modernität, den Geschlechterrollen in den Medien und der koreanischen Filmgeschichte. Soyoung Kim wird in dem Symposium über den Film The Sea Knows referieren.

Rainer Rother ist deutscher Medienwissenschaftler, Leiter der Deutschen Kinemathek und der Retrospektive der Berlinale. In seinen Publikationen beschäftigt er sich mit Filmgeschichte und zeitgenössischer Literatur. Von 1991 bis 2006 arbeitete er als Ausstellungskurator in der Kinemathek des Deutschen Historischen Museums. Sein Vortrag im Rahmen des Symposiums beschäftigt sich mit der Darstellung der DDR im Medium Film: Portraits of a Vanished State - the GDR in film.

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