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Interview
Jazz ist für mich eine Mischung aus Freiheit, Neugierde, Leidenschaft, Power und purer Ehrlichkeit

Pianistin Shuteen
@Georg Stirnweiss

Ein interessantes Interview, in dem Pianistin Shuteen Erdenebaatar von ihrer Ausbildung am Goethe Musiklabor Ulan Bator, der Jazzmusik und Deutschland erzählt. 

Wie bist du damals auf das Goethe Musiklabor Ulan Bator aufmerksam geworden?

Ich war auf dem Musik- und Tanzkolleg (jetztiges staatliches Konservatorium) und habe 2014 meinen Abschluss im Hauptfach klassisches Klavier gemacht. Nach meinem Schulabschluss hatte ich jedoch das Gefühl, dass die klassische Musik nicht unbedingt meine musikalische Sprache ist, mit der ich mich nach außen ausdrücken kann. Gleichzeitig habe ich aus meinem Freundeskreis in der Schule erfahren, dass es demnächst ein „Jazz-Labor“ geben wird, das vom Goethe-Institut in Zusammenarbeit mit unserer Schule ins Leben gerufen wird. Ohne groß nachzudenken, habe ich mich einfach beworben. Irgendwie wusste ich, dass Musik der größte und auch wichtigste Teil meines Lebens war, und ich wollte sie nicht einfach so aufgeben, ohne mir noch eine Chance zu geben, sie vielleicht aus einer anderen Perspektive neu zu entdecken.

Was hat dich zur Jazzmusik inspiriert?

Für mich fühlte sich der Jazz an, als wäre ich in ein anderes Land gezogen, in dem ich mich jedoch relativ schnell eingelebt habe. Es war eine neue Welt für mich, sowohl musikalisch als auch vom Umfeld her. Jazz ist für mich eine Mischung aus Freiheit, Neugierde, Leidenschaft, Power und purer Ehrlichkeit. Ich habe mich darin sehr wohl gefühlt, schon kurz nachdem ich beim Goethe Musiklabor Ulan Bator (GMUB) angefangen habe, und ich wollte unbedingt dabei bleiben.

In Deutschland spielt Jazzmusik heute eine wichtige Rolle. Wie entwickelt sich Jazzmusik in der Mongolei?

Ich bin vor 5 Jahren nach München weggezogen und war seitdem nicht mehr in der Jazzszene in Ulan Bator aktiv. Ich kriege allerdings viel mit und bin sehr froh darüber, wie sehr und wie schnell die Jazzmusik in der Mongolei, insbesondere in Ulan Bator, aufblüht und wächst. Als ich zum Studium nach Deutschlang ging, gab es zum Beispiel den Fat Cat Jazzclub noch nicht. Und heute sehe ich viele engagierte und begeisterte junge Leute, die lokale Künstler/innen unterstützen und eine junge Generation von Musiker/innen, die jeden Abend den Jazzclub auftreten. Das sehe ich in Deutschland nicht so häufig.

Du studierst seit 2018 in Deutschland. Was sind die größten Unterschiede zwischen Deutschland und der Mongolei?

Die Infrastruktur ist in der Mongolei in vielerlei Hinsicht deutlich schwach, was in Deutschland das Gegenteil ist. Aber meiner Meinung nach sind die mongolische Menschen sehr neugierig, sehr offen für Neues und hungrig nach Kultur-, und Bildungsangeboten, denn es wird nicht allzu viel angeboten. Allein im Musikbereich ist es in Deutschland, was die Bildung angeht, durchaus beneidenswert. Hier erhält fast jedes Kind schon in jungen Jahren irgendeine Art von musikalischer Erziehung oder Begegnung, im Gegensatz zu uns, wo nur Kinder, die in die einzige staatliche Musikschule (eben dieses Musik- und Tanzkolleg, wo ich auch war) gehen wollen, eine vergleichbar gute Ausbildung erhalten. Dazu muss man sich schon als Kind dafür entscheiden, professionelle/r Musiker/in zu werden und eine 3-Stufen-Aufnahmeprüfung bestehen, auch wenn man erst sechs Jahre alt ist.
 


Was sind deine Ziele und deine nächsten Projekte?

Ich habe kürzlich einen Plattenvertrag mit dem mehrfach mit einem Grammy ausgezeichneten Label Motema Music aus New York unterzeichnet. Viele meiner musikalischen Vorbilder sind bzw. waren auch bei diesem Label, wie Ben Wendel, Gregory Porter, Terri Lyne Carrington, Lakecia Benjamin, Donny McCaslin, Geri Allen oder Shai Maestro. Es ist eine große Ehre mit diesem großartigen Team zusammenzuarbeiten.
Derzeit leite ich drei Ensembles in München, mein Jazzquartett, ein 20-köpfiges Kammerjazzorchester und ein Duo für Klavier und Kontraalto-Klarinette namens Ligthville. Im Rahmen dieses Plattenvertrags werden alle drei Projekte nacheinander veröffentlicht. Mein erstes Album "Rising Sun" mit meinem Quartett wird dieses Jahr am 15. September erscheinen. Das zweite Album mit meinem Orchester und das dritte mit dem Duo sind noch in der Entwicklung.
Im Moment bereite ich mich auf unsere erste Release-Tour in Europa vor, die im September dieses Jahres beginnt. Ich hoffe, dass wir die Musik unserer Alben in den kommenden Jahren in vielen anderen Ländern präsentieren können, insbesondere in meinem Heimatland, der Mongolei.

Shuteen Erdenebaatar´s Debutalbum "Rising Sun" ist jetzt erhältlich
  Shuteen Erdenebaatar @Georg Stirnweiss
 

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