Urbaner Raum
Kulturelle Strategien für Fjordstadt

Die Stadtplaner wünschen sich mehrere solcher Signalbauten wie die Oper.
Die Stadtplaner wünschen sich mehrere solcher Signalbauten wie die Oper. | © Heidi Bergsli

Oslos Hafenbezirk Fjordby ist ein Stadtentwicklungsprojekt, das die Uferlinie der norwegischen Hauptstadt verändert – von Sjursøya im Südosten, wo sich der Industriehafen niedergelassen hat, bis zum Erholungsgebiet Frogneriken im Westen.

Angrenzend erstreckt sich das Stadtzentrum und weitet sich entlang des Fjords aus, dahin, wo einst große Transport- und Industrieanlagen angesiedelt waren.
Bis in die 80er Jahre behinderte das Hafengebiet den Zugang zum Ufer für die Allgemeinheit. Dann fand die Industrie ihren Weg aus der Stadt heraus und die räumlichen Bedürfnisse des Hafens veränderten sich. Neue städtebauliche Trends und Formen des urbanen Lebens sollten die Weichen für Oslos Zukunft stellen – als Stadt der Bildung, der Kultur und der Kreativität. Mit der Abschottung vom Verkehr bekommt der Hafenbezirk nun eine Bedeutung, die sowohl der wirtschaftlichen Entwicklung wie auch den neuen Lebensstilen angemessen ist. Eingerahmt wird die Vision von Fjordby als kompakte Stadtentwicklung durch den Fjord und die Oslo-Region, einer blau-grünen Umrandung, welche die Landschafts- und Erholungselemente der Stadt verstärkt. Aufgrund ihres enormen Wachstums ist Oslo eine Stadt, die sich zügig verdichtet und ausweitet. Gerade deshalb wird die besondere Nähe zur Natur geschætzt. Dasselbe gilt für öffentliche Zugänglichkeit und gemeinsame Kulturareale. Städtebauliche Trends wie Fjordby stehen beispielhaft für das, was man als „Kulturgeleitete Stadtentwicklung“ bezeichnet, einem gängigen Begriff in der heutigen Städteplanung. Gemeint ist eine Strategie, die besonders neue Freizeit- und Arbeitsformen einbezieht, indem sie kulturelle Viertel, Kulturhäuser, Erlebnisangebote und Produktions-Cluster für die Kulturindustrie entwickelt. Zugleich spielen bei der Entwicklung der neuen urbanen Räume ästhetische Kriterien eine große Rolle.

Ganzheitliche Integration des Hafengebiets

 Häufig richten sich diese Strategien inzwischen an ein jüngeres, gut ausgebildetes und wohlhabendes Publikum – eine Herausforderung für ein inklusives Stadtzentrum. In Fjordby sind öffentliche und private Gesellschaften für die Entwicklung der Teilbezirke zuständig, während die kommunalen Planungsbehörden die Verantwortung für eine ganzheitliche Integration des Hafengebiets in die Stadt tragen. Bietet diese Form der Organisation Raum für öffentliche Zugänglichkeit und die Chance, Fjordby als neue, gemeinsame Kulturfläche in Oslo zu etablieren? Die kulturellen Strategien für Fjordby sind vielfältig. Der östliche Bezirk Bjørvika verfügt über ein eigenes Kulturprogramm sowie ein Kunsthandbuch als Leitfaden für die Entwickler. Bjørvikas Entwicklungsgesellschaft hat eine neue Kunsthalle, künstlerische Ausgestaltung und eine Reihe mittelfristiger Kunstprojekte unterstützt, die besonders das Verhältnis zwischen Natur und Kulturtraditionen in den Fokus rückten.
Gleichzeitig wurden die kulturelle Produktionsstätte Borgen und das Theaterboot MS Innvik (in der Hand einer jungen, multikulturellen Theaterschule und –szene) verdrängt, weil sie nicht in ein Gesamtkonzept passten, das den Fokus von Kultur auf Kunst verschoben hat. In Tjuvholmen, einer westlichen Gegend von Fjordby, hat sich im Zusammenspiel mit dem neu errichteten Astrup Fearnley Museum für Zeitgenössische Kunst ein Netz von Gallerien als Erlebnisraum etabliert. Zwischen diesen Abschnitten liegen Vippetangen und Akershus Festning, die man zu kulturhistorischen Erfahrungsräumen veredelt hat. Obgleich jedoch Kultur in der Stadtentwicklungspolitik zu neuer Bedeutung gelangt ist, fehlt es Fjordby bislang an solchen kulturellen Produktionsstätten, die von der Forschung als besonders bedeutsam für das Schaffen einer „kreativen Stadt“ hervorgehoben werden. Das Kulturkonzept der Stadt zeichnet sich zudem dadurch aus, dass verschiedene von Oslos bedeutsamsten kulturellen Einrichtungen in die neuen Signalbauten entlang des Hafenbezirks verlagert werden. Die erste der umgesiedelten Institutionen, Den Norske Opera & Ballett, machte durch ihre Gestaltung die Einrichtung einer breiten Öffentlichkeit zugänglich und wurde unmittelbar zum Erfolg. Mit offenen Armen begrüßte man die Oper als nationales Symbolbauwerk einer neuen Zeit. Angesichts dieses Erfolges beschloss man, auch andere kulturelle Institutionen nach Fjordby zu verlagern und sie auf diese Weise zum Bestandteil eines „Kulturnetzes“ zu machen. Die daran entfachte politische und öffentliche Debatte über Kosten und kulturelles Vermächtnis umfasst auch die Diskussion, was die Verlagerung existierender Kulturbauten für die Identität der Stadt und für die Bildung kulturhistorischer Stätten bedeutet. Besondere Kritik galt den Umzügen des Munch-Museums aus Tøyen und der Nationalgallerie aus Tullinløkka.

Neue kulturelle Prestigeprojekte

Derartige Umsiedelungen bringen eine nicht unbedeutende Erweiterung des Zentrums der norwegischen Hauptstadt mit sich, in der das Nebeneinander kultureller Flaggschiffe, moderner Gewerbeanlagen und exklusiver Wohnungen der Stadt zu einem neuen Erscheinungsbild und Image verhilft. Zugleich verkörpert dies eine gesellschaftliche Entwicklung, die darauf abzielt, Exklusivität zu erzeugen, während die neuen kulturellen Prestigeprojekte dazu beitragen sollen, Oslos Attraktivität als internationale Kulturstadt zu erhöhen. Die Einbeziehung einer breiten Öffentlichkeit bei der Gestaltung öffentlicher Räume ist daher von großer Bedeutung.
Gegenüber von Fjordby entsteht eine Hafenpromenade, wo sich angrenzende Außenflächen mit verschiedensten Nutzungsmöglichkeiten entwickeln. Am Wasser werden Erholungsmöglichkeiten für eine aktive Freizeit geschaffen. In den Teilbezirken Bjørvika und Tjuvholmen werden öffentliche Flächen angelegt, die allgemeine Zugänglichkeit gewährleisten sollen. Dabei handelt es sich jedoch um kleine öffentliche Räume, die eher zur Durchreise als zum Verweilen einladen. Oslos Klima bringt außerdem die Notwendigkeit einer größeren Vielfalt an Innenräumen mit niedrigeren Schwellen und breiterem Angebot mit sich. Außenanlagen müssen durch öffentliche Innenräume kompensiert werden, um die gesamte städtische Bewohnerschaft einzubeziehen.