Februar: Piggy Boy's Blues
von Nakhane Touré

Rezension von Moon Mokgoro

Wer schreibt?

Ich lernte Nakhane Touré zum ersten Mal über die Musik kennen. Im In- und Ausland ist Nakhane als außergewöhnlicher Musiker mit einer sanften, aber fesselnden Stimme bekannt. Erst Jahre später entdeckte ich, dass Nakhane Touré auch als Schriftsteller tätig ist. They hat Literatur studiert und ist vielleicht durchs Schicksal, Zufall oder Vorsehung zur Musik gekommen. They hat sich jedoch weiter mit Literatur beschäftigt und ein Buch geschrieben - Piggy Boy's Blues.

Das Cover zeigt stilistische Gräser, Federn und Blätter in unterschiedlichen grau, grün und orange Tönungen. © Blackbird Books

Was wird erzählt?

In Piggy Boy's Blues erzählt Touré die Geschichte von Davide. Die Lebensgeschichte ist komplex. Sein Leben erscheint wie ein verschlungenes Netz, das dringend entwirrt werden muss. Davide trägt Traurigkeit, Scham, Einsamkeit und eine schwere Geschichte auf seinen Schultern. Zu Beginn des Buches kehrt er in seine Heimatstadt Alice im Ostkap zurück. Das Buch beginnt durchschnittlich: Es entsteht eine Welt und die Hauptpersonen werden vorgestellt - Davide, seinen Onkel (Ndimphiwe) und den Mann, mit dem sein Onkel zusammenlebt (Gray). Es ist leicht und unauffällig. Doch mit der Zeit werden die Kapitel immer heftiger. Die Geschichte wird natürlich immer intensiver, und das Verhalten der Figuren löst die Befürchtung aus, dass sich langsam etwas Schreckliches ankündigt. Sätze wie "Übelkeit mit Melancholie" und "Nichts ist zu schaffen“ bereiten darauf vor. Und dann taucht es auf - die Tragödie nimmt überhand. 

Das Besondere

Tourés Fähigkeit, Emotionen zu erfassen, ist das, was das Buch für am Schönsten macht. Die Vergleiche geben nicht nur einen Einblick in die Gedanken, sondern auch in das Wesen der einzelnen Figuren. Sätze wie „He turned to Davide, who was whacking scorched shrubs with a twig. Their dead leaves disintegrated like ash.“ geben uns einen Einblick in die Stimmung des Buches. Vergleiche sind oft bezeichnend für die Denkweise des Autors oder die Art und Weise, wie die Figuren wahrgenommen werden - Tourés von toten Blättern, die zur Asche rießeln, das Weinen eines Gastes, der darum bittet, einen Raum voller Lachen zu betreten, oder das Gefühl, dass einen die Emotionen überwältigen, wenn man mit „einer freundschaftlichen Vertrautheit“ angesprochen wird. Meine Reaktion auf diese Vergleiche und Worte könnte Tourés Emotionen und Denkweise widerspiegeln, oder sie könnten tatsächlich mehr von meinen eigenen offenlegen. Diese Dualität ist einer der Gründe, warum Schreiben eine Kunstform ist, und obwohl eine Geschichte bereits erzählt wurde, sind die Worte immer noch offen für Interpretationen.

“The strangest scenes are at play in my mind. They are most biblical, but do not exist in the text. These are scenes that I have created in my imagination: the after scenes, parts that always left a question mark in my mind. And they are quite simple.” Dieser kurze Absatz des Buches ist für mich eine perfekte „Beschreibung“ der gesamten Geschichte.
Piggy Boy's Blues ist eine Tragödie, Selbstfindung und Melancholie in Worte gefasst. Es ist grafisch. Es gibt Beschreibungen von Vergewaltigungen, von Körpern, die von der Kälte gebissen werden, von Leere. Die Geschichte erzählt auch von patriarchalischen und traditionellen Definitionen von Männlichkeit, Schwäche und den verschiedenen Formen des Leidens.
Was bedeutet es, ein Mann zu sein? Was bedeutet es, zu lieben? In wen verwandelt man sich in Momenten der Verletzung? 
Nakhane Touré hat ein Meisterwerk geschrieben. Einen Klassiker.


*Nakhane Touré Pronomen sind they/them.

Über die Verfasserin

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