Buenos Aires  Stadt der bizarren Museen

 “Força da caatinga”, 2024. Acrylfarbe und Permanentmarker auf ungebleichtem Leinen.
“Força da caatinga”, 2024. Acrylfarbe und Permanentmarker auf ungebleichtem Leinen. © Aislan Pankararu. Foto: Ricardo Prado

In Buenos Aires gibt es Museen, die sich – zumindest auf den ersten Blick – mit recht exzentrischen Themen beschäftigen. Drei dieser merkwürdigen Museen stellen wir hier vor.

Einige Museen in der Stadt Buenos Aires und Umgebung bieten über gewöhnliche Ausstellungen hinaus Einblicke in unbekannte, vergessene oder bizarre Welten. Im Folgenden stellen wir das Wassermuseum, das Fotografiemuseum Simik und das Ziegelmuseum vor.

„Klomuseum“

Das Wassermuseum, das wegen seiner großen Sammlung von Sanitärobjekten auch als „Klomuseum“ (Museo de Inodoro) bekannt ist, befindet sich im emblematischen Palacio de las Aguas Corrientes, dem „Palast des fließenden Wassers“ von Buenos Aires.

Dieses eklektische architektonische Juwel im Stadtteil Balvanera wurde von den englischen Ingenieuren Bateman, Parsons & Bateman entworfen und 1894 eingeweiht. Fortan sollte es die Wassertanks der argentinischen Hauptstadt beherbergen.

Im heutigen Museum, das kostenlos ist und zum Unternehmen Agua y Saneamientos Argentinos S.A. gehört, sind glasierte Terrakottafliesen aus England zu sehen, die jenen auf der beeindruckenden Fassade entsprechen. Doch seinen Spitznamen verdankt es der umfassenden Sammlung von “stillen Örtchen”, den Klos. So können verschiedenste Modelle von Sanitäranlagen besichtigt werden, wie etwa die türkische Toilette, der slop sink oder Krankenhausabfluss, ein tragbares Bidet von circa 1910 und Eckurinale.

Außerdem führt die Architektin und Museumsleiterin Celina Noya an einem Toilettenbidet von 1940 vorbei, das zur Behandlung von Hämorrhoiden entworfen wurde (allerdings wurde dessen Produktion nicht genehmigt), sowie an einem Objekt aus einer Aluminiumlegierung, das Waschbecken und Toilette in einem ist und um 1969 in Gefängnissen in Gebrauch war.

Auch Leitungen aus verschiedenen Materialien, Messgeräte in vielen Farben und Größen und Armaturen sind Teil der Ausstellung. In einem Raum, der wie in den 1920er/1930er Jahren eingerichtet ist, sind handwerklich gefertigte Möbel, Schreibmaschinen, Zeichentafeln, Karteikästen und Verzeichnisse aus dieser Zeit zu sehen.

Der Rundgang endet im Zentrum des Wassertanks, der Buenos Aires zwischen 1894 und 1978 versorgte. Der prächtige, denkmalgeschützte Palast erfüllt zwar schon lange nicht mehr seine ursprüngliche Funktion, aber er legt weiterhin Zeugnis ab von der Bedeutung, die wir öffentlicher Hygiene und Trinkwasser zugestehen.
 

Fotografiemuseum Simik

Vor dem Fotografiemuseum Simik steht eine Schaufensterpuppe, die einen Fotografen mit Anzug und Hut darstellt. Sie deutet bereits darauf hin, dass dieser wunderliche Ort, der zu einem Café im Stadtteil Characita gehört, kein traditionelles Museum ist.

Am Eingang ist in goldenen Lettern Bar Palacio – „Palast-Bar“ – zu lesen. Und auf der rot-weiß gestreiften Markise heißt es dann „Fotografiemuseum Simik“. Im Inneren wartet sogleich die erste Überraschung: Unter den Glasplatten der Cafétische liegen verschiedene Gegenstände, die mit Fotografie zu tun haben.

Der Inhaber der Bar, der Fotograf Alejandro Simik, beschreibt sich selbst als „Sammler seit frühester Jugend“. Während der Wirtschaftskrise von 2001 stellte er im Café die erste Vitrine auf, mit Kameras, die er auf Flohmärkten und in Dörfern im Landesinneren gekauft hatte. Nach und nach wurde das Museum mit weiteren Gegenständen bestückt und nahm auch private Spenden entgegen.

„Teilen, zeigen, vermitteln – das hat mir schon immer gefallen“, erzählt Simik ein paar Schritte von der Theke entfernt, über der eine große Tafel mit dargestellten Kameras hängt. Und vor der Kamera eines Wanderfotografen fragt er: „An welche Orten mag er um 1870, 1880 wohl gekommen sein? Mal auf schlammigen, mal auf gepflasterten Straßen,
mit Karren... Ich meine, was für Erlebnisse hinter jedem dieser Apparate stecken.“ Dann zeigt er auf eine weitere Schaufensterpuppe, die ebenfalls als Fotograf gekleidet ist und hinter einer Camera Minutera steht, einer „Sofortbildkamera“. „Die italienischen Einwanderer machten damit Fotos auf Plätzen oder im Zoo“, erklärt er.

Simiks Museum stellt auch alte Kameras von Fotoreportern und Werbefotografen, Spionagekameras und Stereobetrachter sowie Daguerreotypien, Ambrotypien und Ferrotypien aus. Alles in allem findet man eine Vielzahl von klassischen und modernen Apparaten, unzählige Accessoires, Tausende alte Foto und im hinteren Teil des Raums ein Bücherregal mit Werken zur Fotografie.

Zur Besichtigung des Museums, das zum „Kulturort“ erklärt wurde, muss weder Eintritt bezahlt noch im Café konsumiert werden. Im Gästebuch, das auf der deutschen Kamera eines Fotostudios platziert ist, das vor über 150 Jahren existierte, sind Kommentare zu lesen wie: „Eins der außergewöhnlichsten Cafés von Buenos Aires.“
 

Ziegelmuseum

„Ziegel: quaderförmiger Stein aus gebranntem Lehm, der zum Bau von Wänden, Wohnungen usw. verwendet wird“. So steht es auf einer Tafel des Ziegelmuseums in der Kleinstadt Ringuelet, etwa 60 Kilometer von Buenos Aires entfernt. Doch das Ausstellungsangebot im ehemaligen Verwaltungsgebäude der Fabrik Ctibor reicht weit über dieses Material hinaus. Unter der Leitung einer Stiftung, der Fundación Espacio Ctibor, verbindet das Ziegelmuseum Vergangenheit und Gegenwart der 120-jährigen Produktion mit familiären und urbanen Erinnerungen.

Für die Museums- und Stiftungsleiterin Eugenia Ctibor berichtet der 2009 eröffnete Ort von der „Familiengeschichte und der Verbindung des Unternehmens mit La Plata, einer Planstadt, die mit Ziegeln erbaut werden sollte“.

Am Eingang zeugen die abtretenen Stufen der Originaltreppe von der intensiven Aktivität der Fabrik, die 1905 von Francisco Ctibor, Eugenias Urgroßvater, gekauft wurde. Der tschechische Ingenieur brachte reichlich Erfahrung mit: Er hatte sich am Bau des Eiffelturms sowie des Panamakanals beteiligt.

Im ersten der fünf Ausstellungsräume befinden sich Ctibors Schreibtisch sowie zahlreiche zeitgenössische Gegenstände. In den folgenden Räumen werden die einzelnen Schritte der Ziegelherstellung erklärt und Geräte wie Kipper, Loren, Formen und Werkzeuge gezeigt. Eine Bandbreite von Ziegelarten, darunter auch europäische Ziegel, sind in der Galerie zu sehen – neben den Ctibor-Ziegeln. Letztere wurden in bedeutenden Gebäuden in La Plata, aber auch in den Docks von Puerto Madero in Buenos Aires und im Leuchtturm von Cabo Blanco in Patagonien verbaut.

In der Nähe zeugt der riesige Schornstein des alten Hoffmann-Brennofens, der die Ziegelherstellung revolutionierte, vom tatkräftigen Einsatz zahlreicher eingewanderter Arbeiter. Dank ihnen besteht das ehrgeizige Industrieprojekt bis heute.

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