ARCHIV des IMMATERIELLEN

ARCHIV des IMMATERIELLEN (Arquivo Imaterial) © Goethe-Institut Angola


ARCHIV des IMMATERIELLEN  
Ein Kooperationsprojekt des Goethe-Instituts Sudan und des Goethe-Instituts Angola in Partnerschaft mit dem Humboldt Forum Berlin.
 

Immaterielle Kulturgüter archivieren | urbane Erinnerungen
Archive gelten zweifellos als Orte kulturellen Gedächtnisses. Entscheidend ist dabei allein der Akt des Archivierens, die Praxis des Archivierens: Wer die kuratorischen Regeln festlegt, bestimmt auch über die Deutungshoheit und prägt die kulturhistorischen Narrative. Archive verweisen in ihrer Objektivität stets auf Herrschaftsdiskurse und gesellschaftliche Erzählungen. Das Archiv ist als Bindeglied zwischen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft zu verstehen.

Das kulturelle Gedächtnis in Form von Erinnerungen zu archivieren, stellt in zweierlei Hinsicht eine besondere Herausforderung dar: Einerseits sind Erinnerungen immateriell und materialisieren sich erst in Texten, Bildern oder Klängen. Andererseits sind Erinnerungen dynamisch und prozesshaft, was zu einer fortlaufenden Re-Kontextualisierung und Neubewertung führt. Archivieren bedeutet jedoch nicht einfach, Erinnerungen zu sammeln – die bloße Bewahrung von Erinnerungen erzeugt noch kein kulturelles Gedächtnis. Erst durch den kuratorischen Akt entsteht ein Referenzsystem, das Rückschlüsse auf Herrschaftssysteme, kulturelle Merkmale und gesellschaftliche Narrative erlaubt.
Ziel dieser Kooperation ist es, immaterielle Kulturgüter zu lokalisieren, zu materialisieren und zu versammeln, um so die Erinnerungskultur(en) sichtbar zu machen. Die Beispiele aus Angola und dem Sudan veranschaulichen soziale Mechanismen in Zeiten autoritärer Herrschaft, Krieg und Vertreibung.

Verfahren
Es kann kein Erbe ohne Erinnerung geben. Wir geben unsere Erinnerungen weiter. Sie sind nicht sichtbar – sie sind ein immaterielles und zeitbasiertes Erbe. Ausgehend von unterschiedlichen Formen des Erinnerns in Deutschland, im Sudan und in Angola begeben wir uns nach dem Projektbeginn im Jahr 2024 auf eine gemeinsame Reise mit den Bewohner*innen von Luanda/Angola und den sudanesischen Exilgemeinschaften, um Erinnerungen aufzuspüren und sie als Zeugnisse der Zeit zu dokumentieren.

Die drei Projektpartner arbeiten 2025/26 unter äußerst unterschiedlichen Bedingungen und mit nicht synchronisierten nationalen Geschichten, mit Erinnerungen, die in den drei Regionen bewahrt werden sollen, um verschiedene Aspekte von Kultur und Geschichte zu erhalten und individuelles Erbe und individuelle Narrative in ein kollektives kulturelles Gedächtnis zu transformieren. Gerade in der Vielfalt der drei unterschiedlichen Voraussetzungen liegt der Erkenntnisgewinn darüber, wie immaterielle Erinnerungen gesammelt und zu einem Archiv des Immateriellen, des Imaginären erhoben werden können. Die drei Länder sind durch die Frage nach der Bedeutung von Orten für individuelle Erinnerungen und für das kollektive Gedächtnis miteinander verbunden.
Im ProjektARCHIV des IMMATERIELLEN (Immaterielles Archiv)werden verborgene und verlorene Erinnerungen von Künstler*innen und Kollektiven aufgespürt.

Zerstreute Erinnerungen | Goethe-Institut Sudan
Marginalisierte Erinnerungen | Goethe-Institut Angola
Widersprüchliche Erinnerungen | Stiftung Humboldt Forum

Die gesammelten Erinnerungen werden in einem künstlerischen Archiv zusammengeführt. Das Ergebnis wird ein multidimensionales Kunstwerk sein, das die unterschiedlichen Perspektiven und vielfältigen Erinnerungen berücksichtigt.

Marginalisierte Erinnerungen | Goethe-Institut Angola
Ausgehend von der Beobachtung, dass in Angola Geschichte (im Sinne historischer Narrative) nur wenig geteilt wird und viele Momente der Landes- und Stadtgeschichte offensichtlich nicht erzählt werden, möchten wir marginalisierte Erinnerungen unvergesslich machen.
Anlässlich des 50. Jahrestags der Unabhängigkeit des Landes organisiert das Goethe-Institut Angola im Jahr 2025 verschiedene künstlerische Formate zu diesem Thema und sammelt gemeinsam mit Künstler*innen eine Sammlung marginalisierter Erinnerungen der städtischen Bevölkerung für das immaterielle Archiv. Eine in Angola seltene Polyphonie kann in diesem Erinnerungsprojekt als Methode genutzt werden, um ein erweitertes nationales Erbe zu erzählen. Kunst ermöglicht – selbst in einem sehr restriktiven politischen System – alternative Narrative und die Sichtbarkeit ungehörter Stimmen, eines anderen Erbes, auch wenn Erinnerungsarbeit stets Erinnerungspolitik ist.

Im ersten Teil organisierten wir Ende 2024 eine Reihe von Workshops und eine Konferenz, die verschiedenen marginalisierten Stimmen Gehör verschaffte.

Für den zweiten Teil des Projekts hat das Goethe-Institut Angola sechs Künstlerinnen und eine Kuratorin eingeladen, nämlich Edna Bettencourt (Kuratorin) sowie die Künstlerinnen  Irene A´mosi, Isis Hembe, Maria Belmira, Lilianne Kiame, Gegé M´bakudi und Wyssolela Moreira. Sie werden eine künstlerische Recherche durchführen, basierend auf einer angolanischen Version eines World Cafés – einer Art angolanischem „Schwarzmarkt“, auf dem marginalisierte Erinnerungen der Bevölkerung gesammelt werden. In Einzelgesprächen mit den Künstlerinnen werden die Menschen zu einem Mittag- oder Abendessen eingeladen, bei dem die Künstlerinnen diese Gespräche und Erinnerungen dokumentieren. Nach der ersten Sammlung der Geschichten sollen Gemeinsamkeiten, Verbindungen und Wiederholungen entdeckt und Aspekte der Erinnerungen in Kunst übersetzt werden.
Nach der Sammlung tauschen sich die angolanischen Künstlerinnen untereinander aus und senden erste Skizzen an Künstlerinnen aus dem Sudan und Deutschland – hier findet ein erster Austausch statt.

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