Kosmoperzeptionen des Waldes

Wälder sind durchaus nicht Wildnis, sondern haben eine seit Jahrtausenden mit menschlichen Akteuren verwobene Geschichte. In Form von Begegnungsresidenzen kreieren Indigene** Künstler*innen der Nord- und Südhalbkugel Kunstwerke im Dialog zwischen tropischen Regenwäldern und borealen Nadelwäldern, um 2025 auf der COP30 in Belem do Pará zu intervenieren, die zeitgleich mit der zweiten Ausgabe der Amazonas-Biennale stattfinden wird.
 

Zeichnung s/w Wald - Rio Iratapuru, Amapá © Edu Simões

* „Der Begriff "Kosmovision", der im Westen verwendet wird, um die kulturelle Logik einer Gesellschaft zu greifen (…) ist eurozentrisch (…), um Kulturen zu beschreiben, die möglicherweise andere Sinne bevorzugen. Der Begriff "Kosmoperzeption" ist ein umfassenderer Begriff, um die Konzeption der Welt verschiedener kultureller Gruppen zu beschreiben“ (Oyěwùmí, 2002: 3)

** Analog zur Großschreibung der Selbstbezeichnung Schwarz, wird in diesem Projekt Indigen stets groß geschrieben.

ÜBER DAS PROJEKT

Vor dem Hintergrund des Klima-Megaevents COP30, der 2025 in Belem, an der Mündung des Amazonas stattfindet, koordiniert das Goethe-Institut Rio de Janeiro in Zusammenarbeit mit Partnern in Brasilien, Kolumbien, Finnland und Deutschland eine Reihe von Residenzen, die von spezifischen Indigenen Territorien und Protagonist*innen ausgehen. Ziel ist, eine Umweltgeschichte der Wälder künstlerisch aufzubereiten, ausgehend von Indigenen Kosmoperzeptionen, traditionellen Lebensweisen von Waldbewohner*innen und wissenschaftlicher Forschung zu Archäologie, Biodiversität, und Klimawandel. Die Ergebnisse intervenieren in Form von Kunstwerken, Aktionen und Debatten auf der COP30, die zeitgleich mit der zweiten Bienal das Amazonias stattfinden wird.

Die transregionalen Begegnungsresidenzen finden größtenteils auf Indigenem Territorium statt und werden von der gastgebenden Gemeinschaft ausgerichtet. Diese definiert Thema, Methode und lädt Gäste ein. So hoffen wir, oft getrennt voneinander diskutierte Themen wie Klimagerechtigkeit, Chancengleichheit, Zukunft der kommenden Generationen mit Themen wie Provenienzforschung in Sammlungen, Rewilding und regenerative Ökonomien und koloniale Kontinuitäten in ihren Zusammenhängen zu untersuchen und zu präsentieren. Im Licht Indigener Kosmoperzeptionen entsteht ein komplexes Bild von Wald, das für dessen Schutz und gerechten Nutzen sensibilisieren soll. Dabei denken wir den Prozess auch als internen, institutionellen Lernprozess, der im Bewusstsein von Machtverhältnissen auf die notwendigen institutionellen Transformationsprozesse von Nachhaltigkeit und Diversität hinarbeitet.

Ziel

Mit diesem Projekt sollen Entscheidungsprozesse und zentrale Fragestellungen der COP30 aus Indigenen Perspektiven der Süd- und Nordhalbkugel gestaltet werden, wobei involvierte Goethe-Institute und Partner die Zusammenarbeit machtsensibel reflektieren und entsprechend anpassungsbereit agieren. Die Ergebnisse (Kunstwerke, Kartierungen, Vorträge, Veröffentlichungen) werden als offizieller Teil der COP30 einem internationalen Publikum präsentiert. Durch das Mapping des Indigenen Widerstands gemeinsam mit dem Max-Planck-Institut werden politische Entscheidungsträger*innen erreicht.

Zeitraum

2024 – 2025

Zielgruppe

Das Projekt adressiert die Gemeinschaften vor Ort, insbesondere Indigene Kollektive, die ausgehend von dem Dialog ihres Körper-Territoriums mit wissenschaftlicher Forschung zum Klimawandel an künstlerischen Prozessen arbeiten werden.

Ablauf

Im ersten Projektjahr sind fünf Begegnungsresidenzen mit lokalen Gastgebenden sowie jeweils 2-3 Gästen geplant, die gemeinsam folgenden Fragestellung nachgehen
  1. Nordbrasilien, Amazonasmündung, Insel Marajó im Keramikatelier: verlorene Objekte, Rematriation, Archäologie und natürliche Rohmaterialien
  2. Südostbrasilien, Atlantischer Regenwald, Escola Viva im Guarani-Dorf Rio Silveira: Indigene Wissensweitergabe, ökologische Bildung und regenerative Ökonomie, Wissenschaftskommunikation
  3. Im Amazonaswald (Bolivien oder Kolumbien tbd) Gastgeber über Goethe-Institut lokal: Mobilität Indigener Nationen und Kooperation im Amazonas
  4. In Sápmi (Finnland), borealer Wald, Residenz von Sami Künstler*innen: Rewilding, wissenschaftliche Praxis der Wiederherstellung von Natur, Indigener Nord-Süd-Dialog
  5. München, Museum 5 Kontinente, curator in residence: künstlerische, dekoloniale Perspektiven auf ethnografische, zoologische, botanische Sammlungen von Martius und Spix, Indigene Katalogisierung
Im zweiten Projektjahr 2025 werden die Produktion der künstlerischen Prozesse realisiert und im Programm COP30/Amazonasbiennale präsentiert.

Teilnehmende

Anita Ekman (Rio de Janeiro), Cristine Takuã, Carlos Papá (Escola Viva in São Paulo), Cilene Andrade und Ronaldo Guedes (Ateliê Marajó), Sunna Nuosiniemi (Sápmi)

Weitere Informationen

Im Verlauf des Projekts werden weiterführende Informationen hier und Impressionen der Begegnungen in den Social-Media-Kanälen bereitgestellt.

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