Deutsch im Gymnasium
Versteckter Sprachunterricht

Mihkel Kõrbe
Foto: Goethe-Institut Estland/Andres Treial

Mihkel Kõrbe kam durch das Programm „Noored Kooli“ als Deutschlehrer zurück an seine alte Schule und betreut dort den CLIL-Unterricht.

Ich habe selbst das Deutsche Gymnasium Kadriorg (KSG) mit vertieftem Deutschunterricht absolviert, und dabei an verschiedenen Deutscholympiaden erfolgreich teilgenommen. An der Universität habe ich die deutsche Rechtssprache gelernt; bei der Arbeit im deutschen Lesesaal der Nationalbibliothek konnte ich meine Verbindung mit der deutschen Sprache und Kultur vertiefen. Als ich durch das Programm „Noored Kooli“* (Jugend in die Schule) als Lehrer an das Gymnasium in Haapsalu ging, wurde mir auch Deutschunterricht angeboten, da ich im Gymnasium die zweite Stufe des Deutschen Sprachdiploms (DSD II) bestanden hatte. Gleichzeitig begann ich mit Unterstützung des Goethe-Instituts im Kindergarten von Haapsalu Frühes Deutsch zu unterrichten. Im Frühjahr 2013 wurde ich als Lehrer an meine alte Schule eingeladen. Angefangen habe ich dort hauptsächlich als Geschichtslehrer, aber auch mit Deutsch für die erste und zweite Klasse und Geografie auf Deutsch in der siebten Klasse.

Wir unterrichten hier mit dem CLIL-Ansatz (CLIL = Content and Language Integrated Learning). Dabei geht es um Fachunterricht in einer Fremdsprache, das heißt die Schülerinnen und Schüler erwerben Fachwissen und entwickeln gleichzeitig ihre Fremdsprache. In unserer Schule werden mehrere Fächer nach CLIL-Grundsätzen gelehrt, z.B. Debattieren und Reiseleitung in der Gymnasialstufe, sowie Geographie und Geschichte in der Grundschule. Mir als Lehrer ist es wichtig, dass die Lernenden in einer CLIL-Stunde die Fremdsprache als Werkzeug wahrnehmen und nicht als Unterrichtsgegenstand an sich.

Am Anfang fiel den Schülerinnen und Schülern die Umstellung schwer, wir mussten natürlich viel am Wortschatz arbeiten. Am Ende des ersten CLIL-Schuljahres war die Verbindung von Fremdsprache und Fachunterricht aber schon ein natürlicher Teil des Lernprozesses geworden. Alles eine Frage der Gewöhnung. Die Schüler, die schon in der siebten Klasse mit CLIL-Geografie Unterricht angefangen haben, werden in der neunten Klasse auch Geschichte auf Deutsch lernen können. Nach estnischem Lehrplan wird in der neunten Klasse die Geschichte des 20. Jahrhunderts behandelt, in der Deutschland eine große Rolle spielt. Wir besprechen den I. und II. Weltkrieg, Deutschland in der Zwischenkriegszeit, Nationalsozialismus, die Trennung Deutschlands, die Berliner Mauer und die Wiedervereinigung. Hierbei benutze ich weitgehend deutschsprachige Hilfsmittel, die ich nach Bedarf adaptiere. Am Anfang bedeutet dieser Ansatz natürlich viel extra Arbeit für den Lehrer, er ist aber gleichzeitig auch sehr interessant.

Durch den CLIL-Unterricht erfahren die Lernenden, dass die deutsche Sprache wirklich nützlich ist. Die gelernte Sprache für neues Wissen nutzen zu können ist ein Erfolgserlebnis. Dabei hilft auch, dass die Fremdsprache in einer Atmosphäre eingesetzt wird, die einen natürlicheren Einsatz fordert als oftmals im Sprachunterricht. CLIL ist also eine Art versteckter Sprachunterricht. Zusätzlich erweitern die Schülerinnen und Schüler natürlich ihren Wortschatz. Das ist oft hilfreich, wenn jemand auf Deutsch studieren möchte.

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