Literatur Festival
Drei Dichter aus drei Ländern | Workshop: The Essential Things in Poetry

Foto: MIWF 2016,  © Revius, Online Journal
Foto: MIWF 2016 (von links nach rechts: Joko Pinurbo, Alia Gabres, Marius Hulpe), © Revius, Online Journal

Marius Hulpe ist der Meinung, dass Lyrik unabhängig bleiben muss und man sich beim Schreiben niemals eingeschränkt fühlen darf.

Es ist der dritte Tag des Makassar International Writers Festival 2016, das mit seinen inzwischen zehn Veranstaltungsreihen an vier verschiedenen Orten immer lebendiger wird. Das jährlich stattfindende MIWF bietet ein Forum für Literaturliebhaber und Literaturschaffende, vor allem für jene, die in Makassar / Südsulawesi ihren Wohnsitz haben, aber auch aus anderen Teilen Indonesiens oder sogar aus anderen Ländern kommen, um miteinander ins Gespräch zu kommen und sich über die Erfahrungen, die man auf dem Weg durch die Welt der Literatur gewonnen hat, auszutauschen.

Das Festival wird nicht nur ausgerichtet, um großartige Schriftsteller einladen zu können, sondern es ist offen für Leser, Bücherliebhaber und Kunstschaffende. Außerdem bietet das MIWF eine Plattform für Studierende der Literatur, um zusätzliche Unterrichtseinheiten außerhalb des Campus' zu erhalten und auch, um das Gespräch mit ihren schriftstellerischen Vorbildern suchen zu können, deren Werke sich im Bücherregal ihres Studentenwohnheimzimmers stapeln.

Eine der Veranstaltungen, die um 15.30 - 17.30 mittelindonesischer Zeit im Gebäude des Kunstrats Makassar (Dewan Kesenian Makassar) im Fort Rotterdam stattfindet, ist der Workshop „The Essential Things in Poetry“, bei dem drei herausragende Schriftsteller aus drei verschiedenen Ländern zu Gast sind: Joko Pinurbo aus Indonesien, Marius Hulpe aus Deutschland und Alia Gabres aus Australien. Sie teilen ihr Wissen, ihre Erfahrungen und ihre jeweiligen Herangehensweisen, wie sie Gedichte verfassen und mit welche Dinge sie sich in ihren Gedichten auseinandersetzen.

Der bekannte indonesische Lyriker Joko Pinurbo vertritt die Meinung, dass man, erstens, beim Schreiben von Gedichten konkret werden muss. Warum sollte man über abstrakte Dinge schreiben? Man sollte sich darum bemühen, Gedichte zu schaffen, bei denen deutlich wird, in welche Richtung sie gehen und mit welchen Dingen sie sich jeweils auseinandersetzen. Joko Pinurbo empfiehlt, zweitens, Gedichte oder Texte zu schreiben, die an die alltäglichen Lebenserfahrungen anknüpfen, sowohl an die eigenen Lebenserfahrungen als auch an die anderer Menschen bzw. der Leser. Will man ein Schriftsteller werden, der gute Texte hervorbringt, so muss man, drittens, das Schreiben erlernen und mindestens zehn Jahre in der Praxis bleiben. Dieser Prozess sei unerlässlich, sagt er.
 
Marius Hulpe, junger talentierter Lyriker aus Deutschland, der bereits drei Bücher veröffentlicht hat, teilt ebenfalls seine Erfahrungen beim Schreiben mit, vor allem von Gedichten. Er ist der Meinung, dass Lyrik unabhängig bleiben muss und man sich beim Schreiben niemals eingeschränkt fühlen darf. Es wäre wünschenswert, wenn wir über Dinge schreiben könnten, die sich nur sehr schwer in Worte fassen lassen und nicht von vielen Menschen beachtet werden.


Foto: Marius Hulpe, MIWF 2016,  © Revius, Online Journal Foto: Marius Hulpe, MIWF 2016, © Revius, Online Journal Marius Hulpe, junger talentierter Lyriker aus Deutschland, hat bereits drei Bücher geschrieben.

Alia Gabres gehört zu den Lyrikerinnen, die sich in ihren Gedichten unter anderem mit Gewalt auseinandersetzen. Ihre Texte erzählen vom Krieg und sie verleihen den Menschen am Rande der Gesellschaft eine Stimme. Viele ihrer Werke wurden auf die Bühne gebracht und es kam nicht selten vor, dass nach der Vorstellung Zuschauer auf sie zukamen und ihr rieten, sie solle aufhören, über derartige Dinge zu schreiben und stattdessen mit dem Schreiben von Liebesgedichten beginnen. Das führte allerdings dazu, dass sich Alias Gabres selbst schwor, niemals Liebesgedichte zu schreiben. Doch dann wurde Alia bewusst, dass viele Menschen nichts über die Erzählweise von Liebesgeschichten einer Frau mit schwarzer Hautfarbe wussten und das wollte sie in Worte fassen. So entstand ein Liebesgedicht, das ihr zufolge sehr radikal ist. Diese Erfahrung ließe sich wie folgt zusammenfassen: Wenn wir uns selbst beschränken, um über Dinge zu schreiben, die im Zusammenhang mit unserem Umfeld stehen, dann ist dies auch der Moment, in dem wir unsere Kreativität beschränken, um weiteres schaffen zu können.

Der Moderator Aslan Abidin, ebenfalls Lyriker, ergänzt, dass Gedichte Gedanken darstellen, die an andere Menschen weitergegeben werden wollen, sowohl inhaltlich als auch in ästhetischer Hinsicht. Das bedeutet beim Schreiben, vor allem beim Schreiben von Gedichten, dass der Text nicht nur als Mittel dient, sämtliche Ideen, ästhetische Formen, Gedanken und anderes zu veräußern, sondern auch als ein Weg, auf dem die genannten Dinge zum Leser kommen können.

Der abschließende Satz von Joko Pinurbo lautet: „Die größte Gefahr für den Schriftsteller ist der eigene Zweifel.“ Vielleicht kann dies als Ansporn für uns dienen, um mit dem Schreiben zu beginnen.