„Merlin oder Das wüste Land“ von Tankred Dorst und Ursula Ehler

Merlin oder Das wüste Land
© Foto: Dmitrijus Matvejevas

Merlin, Zauberer, Magier, Scharlatan und Moralist, ist ein Sohn des Teufels. Er wird zum geheimen Inszenator blutiger Ritterschlachten und schaurig-schöner Romanzen in einer Welt, die ein fabelhaftes Mittelalter neben dem 19. und 20. Jahrhundert aufleben lässt. In den Szenen entstehen Bilder aus verschiedenen historischen Zeiten, die ineinander verwoben werden, Geschichten, Märchen, Liebe, Zank, Eifersucht, die die Vergangenheit und Gegenwart, Vorzeit und Zukunft durchdringen.

Stimmen zur Inszenierung in Litauen

Mit seinem spielerischen, nahezu kindlichen Theater erzählt der Regisseur von Liebe, Freundschaft und Verrat; von Männern, Frauen, Vätern, Söhnen und Treulosen; nicht direkt und nicht zielgerichtet, ohne eindringliche Betonung oder Verneinung; Raum für jede Folgerung lassend. Natürlich steckt in allem Ironie, manchmal sogar bissiger Spott; auch ein dekorativer Flirt mit den historischen Theaterformen und dem glänzenden postmodernistischen Kitsch aus Kunststoff. Aber all das passiert so offen, dass kein Versuch, dies zu vertuschen nötig ist. Die Ironie bildet lediglich die Oberfläche, eine dünne Schutzschicht, die das abgrenzt, was weder die Künstler noch die Zuschauer komisch finden können. Selbst dann, wenn es bewusst sentimental oder naiv bleibt.
(Vlada Kalpokaitė „Das Land muss verwüstet werden“, Teatras, 2004 Nr.2-3)

In einem solchen Raum kreuzen sich mehrere Stränge der polyphonen und komplexen Handlung, wobei sich diese im unterschiedlichen Grad der Vollendung und des Ausdrucks befinden. Dabei war es offensichtlich nicht einfach, die richtigen Handlungsstränge auszuwählen und von den anderen, mit denen sie verflochten waren, zu trennen. Die größte Aufmerksamkeit widmet der Regisseur dabei der Liebesgeschichte zwischen der Königin Guinevere (Viktorija Kuodytė) und Lancelot (Povilas Budrys), außerdem hebt er die Geschichten von Merlin (Dainius Kazlauskas), Parzival (Gytis Ivanauskas) und Mordred (Marius Jampolskis) hervor. Diese Rollen werden sozusagen zu den „Säulen“ des Stücks, neben denen auch der Teufel (Liubomiras Laucevičius), die Mutter Parzivals (Neringa Bulotaitė) und die Puppenrollen in der Eifersuchtsszene der Elaine (Giedrė Ramanauskaitė) gut getroffen wurden. Dennoch mischt sich immer wieder eine Empfindung bloß deklamierter Rollen in den Gesamteindruck.
(Alma Braškytė „Künstler und Utopien“, 7 meno dienos, 11.06.2004)

Szenische Lesung in Litauen

Premiere 24.05.2003
Regie Gintaras Varnas
Bühne Marta Vosyliūtė
Musik Musik von H. Purcell, G. F. Handel, buddhistische Musik
Mit Dainius Kazlauskas, Saulius Balandis, Viktorija Kuodytė, Povilas Budrys, Gytis Ivanauskas, Marius Jampolskis, Liubomiras Laucevičius, Ričardas Vitkaitis, Evaldas Jaras, Sigitas Šidlauskas, Modestas Pachalka, Neringa Bulotaitė, Giedrė Ramanauskaitė
Übersetzung Antanas A. Jonynas