Podiumsgespräch In memoriam Pogromnacht 1938

In memoriam Pogromnacht 1938 © Herman van Heusden (Foto Mitte) | Jelmer de Haas (Fotos rechts und links)

Do, 08.11.2018

20:00 Uhr

Goethe-Institut Amsterdam

Mit Ivo Weyel, Hella und Sandra Rottenberg, moderiert von Mischa Cohen

Im Gedenken an die Pogromnacht, die vor 80 Jahren in Deutschland und Österreich stattfand, hat das Goethe-Institut vier niederländische Autoren und Autorinnen eingeladen, um von ihren Familiengeschichten zu erzählen. Die Pogrome markieren den Übergang von der Diskriminierung der deutschen Juden 1933 zur systematischen Verfolgung, die drei Jahre später in den Holocaust mündete. Ganz bewusst sollen an diesem Abend keine geschichtswissenschaftlichen Erklärungsmodelle herangezogen werden, sondern Menschen zu Wort kommen, die direkt betroffen sind von den schrecklichen Ereignissen und deren Konsequenzen in der Nacht vom 9. bis zum 10. November 1938.

Unsere Gäste sind:

  • Ivo Weyel. Seine Publikation Oorlogszoon handelt von den Jahren, in denen sein Vater untergetaucht war und währenddessen Tagebuch führte. Ivo fand das Tagebuch siebzig Jahre später, nach dem Tod seines Vaters, der nie darüber gesprochen hatte. Durch das Tagebuch lernt Ivo ihn als einen völlig anderen Menschen kennen. Oorlogszoon ist zusammengestellt aus Tagebuchfragmenten und Reflexionen seines eigenen, durcheinander gewirbelten Lebens, und entwickelt sich so zu einem einzigartigen doppelten Tagebuch, philosophisch und manchmal auch heiter, das den Leser zu rühren weiß.
    "Prachtig, wreed en indringend. Het blies me compleet van de sokken." (Monique Snoeijen, NRC Handelsblad)
     
  • Hella Rottenberg und Sandra Rottenberg. Sie schrieben De sigarenfabriek van Isay Rottenberg und damit die verborgene Geschichte eines jüdischen Amsterdamers in Nazi-Deutschland. Es ist die Geschichte ihres Großvaters, der 1932 eine Zigarrenfabrik im Städtchen Döbeln bei Dresden übernahm. Niemand, weder ihr Großvater noch ihr Vater hat ihnen jemals etwas davon erzählt. Die Fabrik war zudem eine der modernsten Deutschlands und die Konkurrenz führt auch deswegen schwere Kampagnen gegen diese. In deutschen Archiven finden die Cousinen einen Schatz an Dokumenten, in denen genauestens zu verfolgen ist, wie der niederländisch-jüdische Unternehmer Isay Rottenberg unerschrocken den Kampf um seinen Betrieb führt, um diesen in Nazi-Deutschland behalten zu können.
     
  • Mischa Cohen. Er publizierte dieses Jahr De nazi-leerling – De schuldige jeugd van Dick Woudenberg. Darin wird die Geschichte Dick Woudenbergs erzählt, der 1928 geborene Sohn des NSB-Spitzenfunktionärs Hendrik Jan Woudenberg. Von frühester Jugend an bekam dieser eine gründliche Nazi-Schulung: Er war beim Nationale Jeugdstorm, war Schüler der Reichsschule und zog schlussendlich als sechzehnjähriger Soldat an die Front als Mitglied des berüchtigten SS-Regiments Totenkopf. Nach der Kapitulation der Deutschen landete er in einem Umerziehungslager und musste versuchen, mit sich ins Reine zu kommen – sowohl mit seiner eigenen Vergangenheit als auch der seiner Familie. Wie ist es, in einem solchem Milieu aufzuwachsen? Mischa Cohen sprach mit Dick Woudenberg und beschäftigte sich mit Briefen, Tagebüchern und Erinnerungen.

Ivo Weyel (*1955) ist freischaffender Publizist. Er schreibt für nationale und internationale Zeitungen und Zeitschriften. Seit er das Tagebuch gefunden hat, beschäftigt er sich hauptsächlich mit seinem eigenen Leben.

Hella Rottenberg (*1955) ist Journalistin und Schriftstellerin. Sie studierte Russisch und arbeitete als Korrespondentin für De Volkskrant in Prag und Moskau. Sie schrieb ein Buch über die Plünderung einer russischen Kunstsammlung (Meesters, marodeurs) und zusammen mit Jelle van der Meer über das Strafrecht in der Alltagspraxis (Opwaaiende toga's).

Sandra Rottenberg (*1960) arbeitete als selbstständige Programmgestalterin für kulturelle, politische und wissenschaftliche Organisationen, Radio und Fernsehen. Sie war Produzentin und Hauptredakteurin von De Globaliseringslezing und ist vielgefragte Vorsitzende und Diskussionsleiterin bei Konferenzen und Treffen.

Mischa Cohen (*1957) ist Redakteur bei Vrij Nederland. Von ihm erschien zuvor Mijn naam is Cohen (2011). Cohen wurde zweimal nominiert für De Tegel für das beste journalistische Interview und gewann den Preis 2014. Seine Geschichte über die Redaktion von Charlie Hebdo nach dem Terroranschlag wurde nominiert für einen Mercur, den Preis für die beste Zeitschriftenreportage des Jahres.

In Zusammenarbeit mit Uitgeverij Atlas Contact.

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