Inhalte und Perspektiven der wertebasierten und europäischen Außenpolitik Deutschlands

„Inhalte und Perspektiven der wertebasierten und europäischen Außenpolitik Deutschlands“
„Inhalte und Perspektiven der wertebasierten und europäischen Außenpolitik Deutschlands“ | © Europanetzwerk Deutsch/Goethe-Institut

Am 23. Februar dieses Jahres hat das Europanetzwerk Deutsch gemeinsam mit der DAAD-Außenstelle in Brüssel zu einem digitalen Gesprächskreis mit dem Thema „Inhalte und Perspektiven der wertebasierten und europäischen Außenpolitik Deutschlands“ eingeladen. Den Anlass bildete die Publikation der Studie „Außenblick – Internationale Perspektiven auf Deutschland“ – eine als Gemeinschaftsprojekt von DAAD, GIZ und Goethe-Institut entstandene Erhebung zur Außenwahrnehmung Deutschlands, vor allem während der Corona-Pandemie.

Von Europanetzwerk Deutsch

Nach Grußworten durch Vertreter*innen der beteiligten Institutionen, d.h. Elke Kaschl-Mohni, Institutsleiterin, Leiterin der Region Südwesteuropa und EU-Beauftragte des Goethe-Instituts, und Michael Hörig, Leiter der DAAD-Außenstelle, lag der Fokus zunächst auf der Darstellung und Diskussion der außenpolitischen Positionen der deutschen Bundesregierung, deren Legislaturperiode damals gerade erst begonnen hatte. Unter der Moderation von Anne Gellinek, Leiterin des ZDF Studios in Brüssel gab Thomas Ossowski, Botschafter und Vertreter im Politischen und Sicherheitspolitischen Komitee der Ständigen Vertretung der Bundesrepublik Deutschland bei der EU, Einblicke in die neue wertebasierte Außenpolitik der Bundesregierung.

Da Annalena Baerbock in ihrer neuen Funktion als Bundesministerin des Auswärtigen für eine „feministische Außenpolitik“ einsteht, stellt sich die Frage nach der konkreten Ausgestaltung dieses politischen Programms. Um die neue feministische Ausrichtung der deutschen Außenpolitik zu verstehen, gab Herr Ossowski zunächst einen kurzen Rückblick auf die Außenpolitik der Bundesrepublik Deutschlands. Die zwei zentralen Säulen seien dabei die europäische Integration, die vor allem seit der Migrationswellen der Fünfziger Jahre bemerkbar wurde, sowie die transatlantische Zusammenarbeit seit Ende des Zweiten Weltkriegs. Die Denkrichtung dieser beiden Säulen sei immer bereits wertegeleitet gewesen, so Ossowski. Mit der neuen Regierungskoalition komme nun noch ein weiterer Aspekt hinzu: die feministische Außenpolitik. Diese ziele weniger auf eine unbedingte Frauenförderung ab, sondern sehe ihren Fokus auf dem Verständnis, dass gleichberechtigte Gesellschaftsformen friedvollere Konfliktstrategien aufzeigen. Der neue Ansatz der feministischen Außenpolitik Deutschlands wolle also die Gleichberechtigung als friedenssichernden Faktor bestärken.

Aus den Publikumsfragen im Chat wurde deutlich, wie relevant in Anbetracht der wertegeleiteten Außenpolitik Deutschlands die Frage danach ist, wie Deutschland den Spagat zwischen Anspruch und Wirklichkeit schaffen könne, etwa mit Blick auf die chinesische Regierung oder im brisanten Fall von Russland unter Putin. Neben der Bedrohung für die europäische Sicherheitsstruktur durch Russland, betonte Thomas Ossowski aber auch die große Einigkeit unter den Mitgliedstaaten der EU, die die Lage gleichermaßen als ernst bewerten. Die europäische Einheit sei in dieser Krisensituation von besonderer Wichtigkeit. Im Rückblick bekommen diese Aussagen eine neue Tragweite, schließlich begann der Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine nur einen Tag später am 24. Februar.

Alle Teilnehmenden bewegte zu diesem Zeitpunkt die Frage, wie aus diplomatischer Perspektive mit Putin umgegangen werden könne, nachdem dieser mit der Anerkennung der Unabhängigkeit der sogenannten Volksrepubliken Donezk und Lugansk eine weitere Eskalation provoziert hatte. Herr Ossowski berichtete dazu von einem neu entworfenen substantiellen Sanktionspaket gegen die russische Regierung, das in den darauffolgenden Tagen in Kraft treten würde und sowohl einzelne politische Akteure, die Wirtschaft, als auch Russland im Allgemeinen hart treffen würde. Er sprach sich in diesem Kontext klar gegen Zugeständnisse für die russische Regierung aus.

Die europäische Gemeinschaft verurteile ebenso die Anerkennung der Regionen Donezk und Lugansk als unabhängige Territorien, sowie die Annexion der Krim durch Russland. Es sei „völlig klar, dass der Ball hier im Feld Russlands liegt. Sie haben einen eklatanten Völkerrechtsbruch gemacht und wenn sie ihn reparieren, dann können wir über die Aufhebung der Sanktionen sprechen, aber solange sie es nicht tun, können wir es halt nicht machen.“

Zum Schluss der Veranstaltung betonte Herr Ossowski erneut die Prinzipientreue Deutschlands und seiner europäischen, aber auch internationalen Partner, die gerade jetzt von besonderer Bedeutung sei. Zudem müsse klar sein, dass die internationale Nachkriegsordnung auf dem Spiel stehe, genauso wie die grundlegenden, freiheitlich demokratischen Prinzipien einer internationalen auf Frieden basierten Gesellschaft.

„Nein, wir müssen da zu unseren Prinzipien stehen“, lautete eine der wichtigsten Aussagen des Abends, die heute, mehr als ein halbes Jahr nach diesem Gesprächskreis und dem fortwährenden Krieg in der Ukraine, von aktueller Relevanz ist.
 

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