Unternehmen Zukunft
Pitch-Perfect „Future Young Entrepreneurs“

Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer von Pitch-Perfect.
Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer von Pitch-Perfect. | Foto: Bernhard Ludewig

Eine Online-Plattform für günstige Nachhilfe, eine App, die Köche vermittelt: das Projekt des Goethe-Instituts „Future Young Entrepreneurs“ ermutigt nachhaltige Geschäftsideen von Jugendlichen. Auf der Abschlussveranstaltung in der Berliner Akademie der Künste konkurrierten 14 Teams um den Preis für das beste Projekt. Durchsetzen konnte sich eine Idee aus Indien.

Die fünf Schülerinnen und Schüler des Stedelijk Lyceums Kottenpark im niederländischen Enschede haben die erste Lektion des erfolgreichen Unternehmertums bereits verinnerlicht: Kenne deinen Markt! „90 Millionen Fahrräder für 70 Millionen Einwohner gibt es in den Niederlanden“, führen die angehenden Firmengründerinnen und Firmengründer auf Englisch aus. Was in ihren Augen vor allem bedeutet: 90 Millionen Fahrradschlüssel, die verloren gehen können. Abhilfe soll ihr Projekt „Fldentity“ schaffen. Hinter dem Namen verbirgt sich ein Fahrradschloss, das per Fingerabdruck geschlossen und geöffnet werden kann. Ein Prototyp existiert zwar noch nicht. „Aber technisch sind wir dazu in der Lage“, versichern die Jugendlichen.

Team „Feel Good Food“ aus den Niederlanden. Team „Feel Good Food“ aus den Niederlanden. | Foto: Bernhard Ludewig Mit Kreativität Perspektiven schaffen

„Future Young Entrepreneurs“ nennt sich das von der EU geförderte Projekt des Goethe-Instituts, das seit März 2015 Schülerinnen und Schüler im Alter zwischen 15 und 18 Jahren zu ersten Schritten in die Welt der Start-Ups ermutigt. Beteiligt sind daran Indien, Indonesien, Malawi, die Niederlande, Rumänien, Vietnam und Deutschland. In fast allen Ländern wurde mit der Initiative „Schulen: Partner der Zukunft“ (PASCH) zusammengearbeitet. Nach einer theoretischen Vorbereitungsphase, in der die jungen Gründer in spe sich viel Wissen über die Geschäftswelt aneignen konnten, traten nun in Berlin die zwei besten Teams jedes Landes bei der Abschlussveranstaltung „Pitch Perfect: Wer hat die zündende Idee?“ in der Akademie der Künste gegeneinander an.

Der Fokus des Projektes liegt dabei allerdings weder auf dem Konkurrenzgedanken, noch auf dem Profitversprechen der entwickelten Vorhaben. Vielmehr stehen die Mehrsprachigkeit und die damit verbundene berufliche Mobilität, sprich die Zukunftsperspektive der Beteiligten aus aller Welt und ihrer Altersgenossen im Vordergrund. „In manchen Teilen Europas finden 40 Prozent der jungen Menschen keine Arbeit“, gibt Heike Uhlig in ihrer Eröffnungsrede zu bedenken, Leiterin der Abteilung Sprache des Goethe-Instituts. „Weltweit rechnet man in den kommenden Jahren mit einer Jugendarbeitslosigkeit von circa 14 Prozent“. Diesem bedrohlichen Trend wirkten die „Future Young Entrepreneurs“ entgegen.

Team „School’s out“ aus Malawi. Team „School’s out“ aus Malawi. | Foto: Bernhard Ludewig Bauernhöfe finden, Köche buchen

Lediglich zwei Minuten Zeit bekommt jede Gruppe, um ihre Idee so zu präsentieren, dass sie bestenfalls Investoren anziehen könnte. Bewertet werden die sogenannten Pitches in Berlin von einer dreiköpfigen Fachjury, bestehend aus Cosima Stahr, Managerin des SEED-Programms der Vereinten Nationen zur Förderung nachhaltigen Unternehmertums; Anabel Ternès, unter anderem Professorin für E-Business an der SRH Hochschule Berlin; sowie Felix Scharf, Business Innovation Manager bei der Volkswagen AG. Unter anderem schauen sie darauf, ob die Geschäftsidee auf kreative Weise ein bestehendes Problem löst, ob sie Kriterien der Nachhaltigkeit erfüllt, wie mit vorhandenen Ressourcen umgegangen wird – und natürlich, ob der Businessplan sich umsetzen ließe.

Die Auswahl der Sieger wird der Jury nicht leicht gemacht. Die Schülerinnen und Schüler pitchen eine staunenswerte Bandbreite an Ideen mit sozialem und ökologischem Hintergrund. Aus Deutschland kommt beispielsweise das Projekt „Regiofinders“: eine App, über die sich Bauernhöfe und Geschäfte mit regionalen Produkten ausfindig machen lassen. Schülerinnen und Schüler aus Indonesien wollen mit „Beaural-Jayoe“ ein traditionelles Gewürzgetränk vertreiben, das beim Abnehmen helfen soll. Eine der beiden Gruppen aus Rumänien plant, über die App „Book a Cook“ Hobby- oder Profiköche an Gäste zu vermitteln, was interkulturelle und kulinarische Erfahrungen zugleich verspricht. Und das malawische Portal „Schools Out“ soll Lehrende und Lernende für günstige Nachhilfe vernetzen.

Teilnehmerinnen aus Indonesien Teilnehmerinnen aus Indonesien | Foto: Bernhard Ludewig Malawi kennenlernen, im Dschungel überleben

Für einen der ersten drei Plätze reicht es zwar bei keinem dieser durchweg phantasievoll und mit schönen Grafiken präsentierten Vorhaben. Dennoch ermutigt die Jury sämtliche der Gruppen, ihre Ideen weiter zu verfolgen. Den dritten Platz in diesem Kopf-an-Kopf-Rennen der Jungunternehmer belegt die zweite Gruppe der Bambino Private Secondary School aus Malawi. Die will das Wissen über ihre Heimat mit dem „Cedar Cultural Center“ mehren. „Viele Menschen im Westen denken immer noch, Afrika sei ein Land“, so die Schülerin Orelha Thodi in ihrem Pitch. Das geplante Zentrum – wo auch Künstlerinnen und Künstler aus der Region ihre Werke verkaufen können – soll malawische Kultur lebendig werden lassen.

Der zweite Platz geht an das digitale Lernspiel „Jurvival“ aus Vietnam, das fit machen soll für das Leben im Dschungel – und nebenbei viel Wissenswertes über die ökologischen Bedingungen des asiatischen Landes vermittelt. „Bis zu acht Stunden täglich verbringen wir mit Smartphones und Tablets“, so Schülerin Nguyen Thao Nguyen. Warum diese Zeit nicht auch sinnvoll nutzen?

Team „Lunat“ aus Vietnam beim Pitch. Team „Lunat“ aus Vietnam beim Pitch. | Foto: Bernhard Ludewig Mit dem gebrauchten Buch zum Erfolg

Über den ersten Platz schließlich darf sich ein Team aus Neu Delhi freuen, dessen Webportal „PeekaBook“ die Jury begeistern konnte. Nicht nur, weil die Schülerinnen und Schüler ihrer Präsentation einen lustigen Rahmen mit Fotos aus einer Art indischem Hogwarts-Internat gegeben haben. Sondern vor allem, weil ihre Idee so hervorragend durchdacht scheint. „PeekaBook“ hilft Schülern und Studenten mit wenig Geld, in Second-Hand-Buchläden das benötigte Lehrmaterial ausfindig zu machen. Auch auf die kritischen Frage, der sich jedes Team im Anschluss an den Pitch stellen muss, hat das „ PeekaBook“-Team gute Antworten parat. Den Einwand, ob nicht E-Books praktischer seien, kontern die jungen Inder mit Studien zum nicht eben florierenden E-Book-Markt in ihrer Heimat.

Team „PeekaBook“ aus Indien nach der Bekanntgabe ihres Siegs. Team „PeekaBook“ aus Indien nach der Bekanntgabe ihres Siegs. | Foto: Bernhard Ludewig Auch Netzwerken gehört zum Unternehmertum

Dass es beim Projekt „Future Young Entrepreneurs“ auch darum geht, soziale Fertigkeiten in einer internationalen Welt zu erproben, ruft Projektleiterin Miriam Irle mit dem Fairnesspreis ins Gedächtnis. Den gewinnt die rumänische Schülerin Agata Tabacu. „Sie hat sofort mit allen Gruppen den Kontakt gesucht“, lobt Irle. Gute Voraussetzungen für eine Unternehmerin von morgen.  

Von Patrick Wildermann