„Neuheiten aus der Cinemateca“

Horizont beautiful © Horizon Beautiful 2016

Montag und Dienstag im Dezember (auch am 07.12) / 17:00 Uhr

Cineteca Nacional

Goethe-Filmreihe in der Cineteca Nacional

Zum Abschluss des Jahres präsentieren wir die neusten Filme unseres Filmarchivs. Die Vorführungen schließt einen in der ehemaligen DDR zensierten Film bis hin zu ausgezeichneten Werken Fatih Akins, Andreas Dresen und Christian Petzolds mit ein. Heraus sticht dabei besonders „Babai“, der deutsche Beitrag beim internationalen Wettbewerb des SANFIC Festivals in 2016, ein Immigrationsdrama erzählt aus dem Blickwinkel eines Jungen.


PROGRAMA
 
06.12.
Karla (1965/1966), Herrmann Zschoche

07.12. Über-Ich und Du (2014), Benjamin Heisenberg

12.12. The Cut (2013/2014), Fatih Akin

13.12. Phoenix (2013/2014), Christian Petzold

19.12. Als wir träumten (2013-2015), Andreas Dresen

20.12. Babai (2014/2015), Visar Morina

26.12. Horizon Beautiful (2015), Stefan Jäger

27.12. Die Akte General( 2016), Stephan Wagner


REZENSIONEN

KARLA
Regie: Herrmann Zschoche, s.w., 134 Min., 1965/66
 
Karla Blum kommt frisch von der Universität und soll in einer Kleinstadt im Norden der DDR eine 12. Klasse in Deutsch und Geschichte unterrichten. Karla möchte ihre Schüler zu kritischen, selbstständig denkenden Menschen erziehen, wird aber sehr bald von Direktor Hirte, einem Altkommunisten, in die Schranken des Lehrplanes und der Grundsätze sozialistischer Erziehungsziele verwiesen. Ein Schüler meint den Direktor aus einem alten Foto in SA-Uniform erkannt zu haben und versucht ihn damit bloßzustellen. Auch Karla ist unsicher, muss aber klein beigeben, als sich herausstellt, dass das Foto von einer Laienspielgruppe des Jahres 1948 stammt. Ihre Beziehung zu dem "ausgestiegenen" Journalisten Kaspar ist der Schulbehörde ein weiterer Dorn im Auge. Nach einer Niederlage passt sich Karla an. Kurz vor dem Abitur begehrt sie jedoch auf, sagt ihren Schülern die Meinung. Karla wird schließlich an eine andere Schule versetzt.
 

ÜBER-ICH UND DU
Regie: Benjamin Heisenberg, Farbe, 94 Min., 2014
 
Der kleine Gauner Nick Gutlicht lebt vom Verkauf gestohlener Bücher. Einträglich ist das nicht. Er hat Schulden, muss für eine Weile abtauchen und landet in der Villa des berühmten alten Philosophen und Psychologen Curt Ledig, der sich gegen den Umzug zu seiner Tochter sträubt. Nick wird von der Familie als Aufpasser engagiert. Curt will an einem Vortrag arbeiten, den ihm niemand mehr zutraut. Die Zweckgemeinschaft der beiden Individualisten entwickelt schnell ihre eigene Dynamik. Curt sieht in Nick ein lohnendes Forschungsobjekt und unterzieht ihn einer absurden Therapie. Nick wittert in Curts Bibliothek eine Chance, seine Schulden zu tilgen. Das seltsame Paar kommt sich näher und übersteht eine Reihe absurder Abenteuer und selbst verschuldeter Gefahren.
 
 
THE CUT
Regie: Fatih Akin, Farbe, 135 Min., 2013/14
 
1915: In der Stadt Mardin lebte der Schmied Nazaret Manogian mit seiner Frau und den Zwillingstöchtern ein zufriedenes Leben, bevor ihn die türkische Polizei festnimmt – wie auch die anderen Christen armenischer Herkunft. Von seiner Familie getrennt muss er in der Wüste als Zwangsarbeiter schuften. Er überlebt ein Hinrichtungskommando und flieht. Deserteure helfen ihm weiter; er begegnet in einem Lager seiner sterbenden Schwägerin, findet in Aleppo Unterschlupf und Arbeit bei einem syrischen Seifenhersteller und erlebt dort auch das Ende des I. Weltkriegs. Nazaret hört, dass seine Töchter den türkischen Völkermord an den Armeniern überlebt haben; die Suche führt den Vater in den Libanon, nach Kuba und in die USA. Immerhin eine von ihnen hat überlebt. Mit THE CUT ist Fatih Akin ein großes, aber auch umstrittenes Epos gelungen.
 
 
PHOENIX

Regie: Christian Petzold, 35mm, Farbe, 98 Min., 2013/14
 
Bald nach dem Ende des II. Weltkriegs kehrt die Jüdin Nelly nach Deutschland zurück, gezeichnet von den schweren Gesichtsverletzungen, die sie in einem Konzentrationslager erlitten hat. Ihr Ex-Mann Johnny hat keine Ahnung, dass sie überlebt hat. Nelly sucht nach ihm, obwohl er sie einst an die Nazis verraten hat; davon ist zumindest ihre Freundin Lene überzeugt. Johnny wird sie nicht wiedererkennen; er nimmt nur eine deutliche Ähnlichkeit wahr, und diese will er ausnützen: Nelly soll seine Frau spielen, damit er an das Vermögen der Totgeglaubten kommt. Phoenix erzählt die Geschichte einer nicht mehr möglichen Heimkehr und einer wohl für immer verlorenen Identität.
 
ALS WIR TRÄUMTEN

Regie: Andreas Dresen, Farbe, 117 Min., 2013-2015
 
Vor wenigen Jahren waren Dani, Rico, Paul und Mark noch Schüler in der DDR, ideologischen Zwängen unterworfen, aber auch geborgen in einem überschaubaren Alltag. Nach der Wende scheint es keine Regeln mehr zu geben. Die Freunde genießen ihre private Anarchie, ziehen nachts durch Leipzig, rasen in gestohlenen Autos betrunken durch die nächtlichen Straßen, nehmen Drogen, randalieren und genießen ihren Vandalismus. Sie gründen eine Diskothek und scheitern nach einem Jahr an der Gewalt der Neonazis. Rico versaut seine Karriere als Boxer, Paul handelt mit Pornos; Mark verliert sein Leben, Dani die große Liebe. ALS WIR TRÄUMTEN erzählt die Geschichte einer lost generation, die unbewusst ein Opfer der Wiedervereinigung wurde.
 
 
BABAI

Regie: Visar Morina, Farbe, 104 Min., 2014/15
 
Kosovo in den neunziger Jahren, noch vor dem serbischen Angriff und vor dem folgenden Krieg: Der zehnjährige Nori und sein Vater Gezim leben vom illegalen Verkauf geschmuggelter Zigaretten. Gezim will unbedingt nach Deutschland, auch wenn er dafür seinen Sohn bei Verwandten zurücklassen muss. Lange, aber am Ende doch vergeblich versucht Nori, bei seinem Vater zu bleiben. Schließlich begibt sich der Junge auf eine lange und gefährliche Flucht, um Gezim in Deutschland zu suchen. Das Wiedersehen hatten sich wohl beide anders vorgestellt; eine echte Chance auf eine bessere Zukunft ist nicht in Sicht.
 
 
HORIZON BEAUTIFUL

Regie: Stefan Jäger, Farbe, 90 Min, 2015
 
Franz Arnold, ein dubioser Fußball-Funktionär mit viel Geld, fliegt nach Äthiopien, um durch ein vermeintliches Entwicklungshilfe-Projekt sein ramponiertes Image aufzupolieren. In Addis Abeba träumt der 12-jährige Admassu, von einer Karriere als Fußballer in Europa und sucht den Kontakt zu Arnold; der verwaiste Straßenjunge hofft vergeblich, dass ihm der Mann aus der Schweiz zu einem Platz im Internat vom FC Barcelona verhelfen würde. Schließlich bringt er den Fremden absichtlich in Gefahr, um sich als Retter seine Dankbarkeit zu erwerben. Gemeinsam begeben sich die beiden auf die Flucht in die Berge; Admassu verliert die Kontrolle über sein Vorhaben und zieht daraus die richtigen Schlüsse.
 
 
DIE AKTE GENERAL
Regie: Stephan Wagner, Farbe, 89 Min., 2015
 
Das Politdrama beleuchtet die historische Persönlichkeit Fritz Bauer, der als hessischer Generalstaatsanwalt in den Jahren 1959 bis 1962 an der Ergreifung Adolf Eichmanns beteiligt war.
"Ich wollte die Geschichte eines deutschen Helden erzählen. Aus der Perspektive der Enkel ist der Heldenstatus Bauers unstrittig. Aus der Perspektive seines Lebens ist der Held Fritz Bauer ein tragischer. Diesen Bruch filmisch wie emotional nachvollziehbar zu machen, wurde für mich das Zentrum der Inszenierung. Dabei ist DIE AKTE GENERAL viel mehr als ein biografischer Ausschnitt aus dem Leben Fritz Bauers, erzählt mit den filmischen Mitteln fiktionaler Verdichtung. Es ist ein Film über den Preis, den man zahlt, um eine Lebens-Aufgabe zu Ende zu bringen: Macht gegen Ohnmacht. Gemeinschaft gegen Isolation. Werte gegen Kompromisse." (Stephan Wagner)
 

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