Ausstellung Mändfulness

Olimar Kallas. Mit der Natur verbunden. Karikatur aus der Sammlung So ist das Leben, 1976. (Auschnitt) © Olimar Kallas

Fr, 01.10.2021 –
So, 28.11.2021

Tallinna Linnagalerii

Menschen in Estland gehen mit Stolz Pilze sammeln und besuchen Opfersteine, heilige Haine und Quellen. Wie ist es dann möglich, dass sie gleichzeitig die schöne Natur dem Wirtschaftswachstum opfern? Bei einer Demonstration für den Schutz der Wälder im Hirvepark beschrieb die estnische Anthropologin Aet Annist das Phänomen wie folgt: „Wir verhalten uns derzeit wie Invasoren in unserem eigenen Land (...). Wir übersetzen Lebensräume in Kubikmeter, lassen Bäume fallen, einen nach dem anderen, und rollen ihre Stämme zu Sägewerken und Pelletfabriken.“

Der für die Ausstellung verwendete Titel Mändfulness (wortwörtlich Kiefern-fulness) wurde einst vom Schriftsteller Valdur Mikita als estnisches Äquivalent zum Begriff Mindfulness vorgeschlagen. Mindfulness – auf Deutsch Achtsamkeit – bezeichnet eine aus dem Buddhismus stammende meditative Grundpraxis, die u.a. als wirksame Methode zur Bekämpfung von Depressionen und Angstzuständen eingesetzt wird. Der Begriff steht aber gleichzeitig auch für windige Unternehmer, die unter derselben Bezeichnung vermeintliche Schnellkurse und zahlreiche gefälschte Produkte anbieten. Das von Mikita geprägte Kunstwort verweist also nicht nur auf die heilsame estnische Liebe zu Kiefern, sondern ebenso auf eine dunkle Seite, nämlich auf das trügerische Greenwashing von Regierungen und Unternehmen, in dessen Schatten unsere natürlichen Ressourcen zerstört werden.

Die Gruppenausstellung beleuchtet die Beziehung der Menschen zur natürlichen Umwelt. Mit Humor und weiteren zur Verfügung stehenden Ausdrucksformen versucht sie ein Bewusstsein für die Auswirkungen des heutigen Handelns auf die erträumte Zukunft zu wecken.

Teil der Ausstellung sind auch Objekte des deutschen Künstlers Jan Lütjohann.

Die Ausstellung ist Teil einer fortlaufenden Reihe der Tallinner Kunsthalle, die besonderes Augenmerk auf die ökologische Verantwortung des Einzelnen und die Möglichkeiten zum positiven Handeln legt. Die Reihe ist der institutionelle Versuch, eine ethisch angemessene Plattform zur Auseinandersetzung mit aktuell brennenden Fragen zu finden. So werden übliche Einwegmaterialien aus dem „Standard-Werkzeugkasten“ einer zeitgenössischen Kunstausstellung ausgeschlossen und so wenig wie möglich, lokal verfügbare, Werkstoffe verwendet.

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