Eberhard Friedrich Walcker
Zwei Orgeln in Barcelona

Walcker-Orgel © © Foto: Goethe-Institut Barcelona | mit freundlicher Genehmigung Palau de la Música  Walcker-Orgel © Foto: Goethe-Institut Barcelona | mit freundlicher Genehmigung Palau de la Música

Der Orgelbauer und seine Nachfahren

Dass die Orgel nicht nur für Kirchen bestimmt ist, sondern auch für Konzertsäle, erfahren wir in Barcelona gleich zwei Mal. Sowohl im Palau de la Música als auch im Palau Nacional stehen zwei Prachtexemplare der – wie Mozart sie nannte – „Königin der Musikinstrumente“.
Beide Orgeln stammen aus der Orgelwerkstatt Walcker aus Ludwigsburg in Süddeutschland. Sie wurde 1780 von Johannes Eberhard Walcker gegründet. Die beiden Orgeln in Barcelona entstanden unter der Ägide von Eberhard Friedrich Walckers. Auch heute noch bauen seine Nachfahren, die Brüder Michael und Gerhard Walcker-Mayer in ihren Werkstätten Orgeln, die in alle Welt exportiert werden.
 

Das Instrument

Orgel Die Orgel ist ein kompliziertes Gebilde. Jeder, der einmal vor einem großen Exemplar gestanden hat und seinen Blick über die unendliche Anzahl an silberglänzenden Pfeifen schweifen ließ, kann das bestätigen. Dabei beruht sie auf einem ganz einfachen Prinzip: wenn ich in eine leere Flasche blase, erklingt ein Ton. Diese Flaschen sind die Pfeifen und ihre unterschiedlichen Größen bestimmen ihren Ton. Bis zu 306 Kilo und über 11 Meter lang kann die größte sein, während die kleinste nur 6 mm lang ist. Sie tragen schöne Namen wie: spanische Trompete, Himmelsstimme (vox coelestis) oder Nachtigall. Die spanischen Trompeten übrigens stehen als einzige Pfeifen waagerecht vom Instrument ab, sodass der erste bekannte spanische Orgelbauer José de Echevarria von seiner „Artillerie“ sprach.
 

Die Walcker-Orgel im Palau de la Música

Die Walcker-Orgel im Palau de la Música wurde 1907 für den neuen Palau de la Música in Auftrag gegeben und 1908 mit 4100 Pfeifen und 4 Manualen - die Tastaturen bei der Orgel - installiert. Man konnte 60 verschiedene Register ziehen, was bedeutet, dass in 60 verschiedenen Klangfarben gespielt werden konnte. Übrigens spielt man die Orgel auch mit den Füßen, die Organist*innen bewegen sich während des Spielens ständig hin und her und müssen auch körperlich bei guter Verfassung sein.

Orgelpfeifen im Palau de la Múscia
Wegen eines Wasserschadens in den 70er Jahren konnte die Orgel viele Jahre nicht gespielt werden. Mit  finanzieller Unterstützung der Bürger*innen Barcelonas, die eine Pfeife  „adoptierten“, konnte die Orgel 2002 restauriert werden. Die Arbeiten übernahm die in Papiol bei Barcelona ansässige Orgelwerkstatt Gerhard Grenzing in Zusammenarbeit mit der im märkischen Sieversdorf ansässigen Orgelwerkstatt Christian Scheffler. Seither erklingt sie wieder im vollen Glanze und lässt durch ihre Schwingungen die Herzen der Zuhörer*innen höher schlagen.
 

Die Orgel im Palau Nacional

Die zweite, noch großartigere Walcker-Orgel – sie ist eine der größten Europas, vergleichbar mit der Orgel der Royal-Albert-Hall in London – befindet sich im ovalen Saal des Palau Nacional, dem heutigen MNAC. Gebaut für die Weltausstellung 1929, verfügt sie über 4500 Pfeifen, 6 Tastaturen und 154 Register! Sie ist über 11 Meter hoch und 34 Meter breit. 
Die berühmte Organistin Montserrat Torrent spielte auf der Orgel und unterrichtete auch ihre Schüler*innen an dem Instrument. Seit allerdings im Jahr 1974 ein Stück der maroden Decke des Gebäudes neben ihr herabfiel, spielte weder sie noch einer ihrer Schüler*innen jemals wieder auf der Orgel. Sie blieb seitdem stumm und ihrem Schicksal überlassen.
Nun besteht die Absicht, die Orgel zu restaurieren, man rechnet, dass dies ca. 6- 7 Jahre dauern und zwischen 3 und 5 Millionen Euro kosten wird. Aber wer weiß: 2029 wird das 100jährige Jubiläum gefeiert – vielleicht im Klang der restaurierten Orgel!
 

Übrigens

Die Orgel wurde zum Instrument des Jahres 2021 ernannt.
 

Traurige Fakten

Nicht nur für Kirchen und Konzertsäle sondern auch für deutsche Synagogen wurden viele Walker-Orgeln fabriziert. Alle jedoch verbrannten in der Reichsprogromnacht im November 1938 oder wurden von dem Pulk nationalsozialistischer Anhänger zerstört.


Quellen:
Walcker-Orgeln 
Die Firma Walcker 
Restaurierung der Orgel
© Text: Ulrike Fiedler
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