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19:00–20:00 Uhr, GMT
Konrad Wolf: Der Nackte Mann auf dem Sportplatz
Film|Kinovorführung
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Goethe-Institut London, London
- Sprache Deutsch und Englisch
- Preis Preis: £6, £3 ermäßigt und für Goethe-Institut Sprachkursteilnehmer*innen & Bibliotheksmitglieder.
- Teil der Reihe: Konrad Wolf - Understanding the Past, Confronting the Present
Mit fast vierzig Jahren reflektiert der Bildhauer Kemmel darüber, was er erreicht hat, was Kunst im Allgemeinen leisten und wie sie sich mit der Vergangenheit Deutschlands auseinandersetzen kann. Unterdessen geht er seinem Alltag nach. Noch bevor wir sein Gesicht sehen, ruht unser Blick seinen Händen, die eine kleine Tonfigur formen. Er schleppt Säcke mit Material und entdeckt auf einem Friedhof einen besonderen Stein. Er trifft sich mit einer Gruppe von Arbeitern, in der Hoffnung, einen von ihnen porträtieren zu können. Der Mann, den er auswählt, zögert zunächst, willigt aber schließlich ein, und wir werden Zeugen einiger Porträtsitzungen. Kemmel schreibt eine Notiz an einen Lehrer seines Sohnes, der diesem eine schlechte Note für eine Zeichnung geben hat. Ein junger Soldat und seine Freundin besuchen das Atelier. Er unternimmt eine Reise in seine Heimatstadt, wo er die Idee hat, eine Skulptur für die örtliche Fußballmannschaft zu schaffen. Er erhält den Auftrag, aber die Resonanz auf das fertige Werk ist nicht ganz so, wie er sie sich vorgestellt hat.
Der nackte Mann auf dem Sportplatz könnte sich nicht mehr von Konrad Wolfs vorheriger Film – seinem anderen Künstlerporträt Goya unterscheiden. Angesiedelt in den frühen 70er Jahren der DDR bewegt sich Wolfs Filmjuwel unaufgeregt von Episode zu Episode, von Begegnung zu Begegnung und entwickelt sich dabei peu à peu zu einer vielschichtigen Reflexion über Kunst - ihre Ziele, Erwartungen und ihre Rezeption und die Rolle der Künstler*innen in diesem Gefüge. Der Drehbuchautor Wolfgang Kohlhaase, der nach Ich war 19 zum zweiten Mal mit Wolf zusammenarbeitete, bemerkte in einem Interview, dass er den Film nicht hätte schreiben können, ohne den Bildhauer Werner Stötzer kennengelernt zu haben, einen Künstler, der sich mit denselben Fragen zu Kunst und Geschichte beschäftigte wie er selbst und Konrad Wolf. In der Vorbereitungszeit des Films arbeitete Stötzer an einer Skulptur, die sich auf Auschwitz bezog; einige Jahre zuvor hatte er ein Relief zum Gedenken an das Massaker von Babi Jar geschaffen. Im Film hängt ein Foto des Konzentrationslagers Buchenwald – das in Thüringen, Stötzers Geburtsregion, liegt – an Kemmels Wand, eine stille Erinnerung an ähnliche Anliegen.
Kohlhaase kannte Stötzer auch als begabten Kommunikator – jemanden, der mühelos mit Menschen in Kontakt treten und anschließend eine gute Geschichte davon erzählen konnte. Der Geist dieser Geschichten, Kohlhaases eigenes Talent, natürliche Dialoge zu schreiben, sein Sinn für Humor sowie eine Reihe sehr pointierter Kameraeinstellungen – all dies trägt zur leisen Komik des Films bei. Kemmel bewegt sich unaufgeregt durch ihn und nimmt jede Situation so, wie sie kommt, trotz Zweifeln und Rückschlägen: eine sanfte, keine gequälte kreative Seele. Doch Kurt Böwe, der Kemmel spielt und sich insbesondere unsicher war, wie er die körperlichen Aspekte der Rolle darstellen sollte, scheint einige Qualen durchgemacht zu haben, als er mit Wolfs typisch sparsamen bzw. nicht existenten Regieanweisungen zu kämpfen hatte. Eine Szene wurde gedreht, Wolf schwieg eine Weile und sagte dann einfach: „Weißt du, Kurt, wir machen es noch einmal.“
DDR, 1973, Farbe, 102 Min., Deutsch mit englischen Untertiteln
Regie: Konrad Wolf, Drehbuch: Konrad Wolf und Wolfgang Kohlhaase, Dramaturgie: Gerhard Wolf, Schnitt: Evelyn Carow, Kamera: Werner Bergmann, Szenenbild: Alfred Hirschmeier, Kostüme: Rita Bieler, Musik (Filmmusik): Karl-Ernst Sasse.
Mit Kurt Böwe, Elsa Grube-Deister, Wolfgang Heinz, Ursula Karusseit, Marga Legal, Ute Lubosch, Vera Oelschlegel, Erika Pelikowsky, Jaecki Schwarz, Katharina Thalbach, Martin Trettau, Ursula Werner.
Ort
50 Princes Gate
Exhibition Road
London SW7 2PH
Vereinigtes Königreich