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19:00 Uhr
Konrad Wolf: Mama, ich lebe
Film|Kinovorführung
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Goethe-Institut London, London
- Preis Preis: £6, £3 ermäßigt und für Goethe-Institut Sprachkursteilnehmer*innen & Bibliotheksmitglieder.
- Teil der Reihe: Konrad Wolf - Understanding the Past, Confronting the Present
Ein altes Foto von vier Soldaten in Uniformen der Roten Armee, posierend vor der Rückseite eines Eisenbahnwaggons, bildet den Hintergrund der Anfangstitel. Doch diese Männer sind keine Russen — sie sind deutsche Kriegsgefangene, die sich entschieden haben, mit den Sowjets zusammenzuarbeiten, in der Hoffnung, den Krieg zu beenden und nach Hause zurückzukehren zu können. Es sind Pankonin, ein Tischler, der bisher vermieden hat, eine Waffe abzufeuern; Kuschke, ein Theologiestudent; Becker, ein Pilot, der direkt vom Gymnasium zur Armee gekommen ist; und Kowalewski, der sich für einen Artisten hält. Unter der Anleitung von Major Mauris, einem baltischen Offizier der Roten Armee und Germanisten, reisen sie mit Zug und Auto durch das Land, um sich auf ihre Aufgabe vorzubereiten. Bei den Russen, die ihnen unterwegs begegnen, die sie beaufsichtigen, sie ausbilden und mit ihnen arbeiten, stoßen sie auf Misstrauen, Kameradschaft und sogar Liebe. Gleichzeitig ringen sie mit Fragen von Loyalität und Identität: Sind sie Verräter oder retten sie Leben auf beiden Seiten? Und wenn es darauf ankommt, werden sie in der Lage sein, auf andere Deutsche zu schießen?
Für Mama, ich lebe griffen Konrad Wolf und Drehbuchautor Wolfgang Kohlhaase — bei ihrer dritten Zusammenarbeit — auf Kohlhaases Hörspiel Fragen an ein Foto zurück, das 1969 erstmals im DDR-Rundfunk gesendet wurde, in einem Jahr, in dem die Kulturpolitik des ostdeutschen Rundfunks die Kampfgemeinschaft russischer und deutscher Arbeiter*innen betonen sollte. Ein Beispiel für diese war das Nationalkomitee Freies Deutschland (NKFD). Diese antifaschistische Organisation, gegründet während des Zweiten Weltkriegs und bestehend aus deutschen Kriegsgefangenen sowie exilierten Mitgliedern der Kommunistischen Partei, hatte den Auftrag, Propaganda zu verbreiten, Informationen zu sammeln und Sabotageakte gegen deutsche Truppen auf sowjetischem Gebiet durchzuführen. Im Film verweisen zwei Figuren mit höheren Positionen in der Organisation auf das NKFD: Die eine tadelt verärgert deutsche Soldaten, die während eines zur Umerziehung gezeigten russischen Films lachen, sie sollten besser über die Grausamkeiten nachdenken, die die Deutschen dem sowjetischen Volk angetan haben; die andere, ein Mitglied der Kommunistischen Partei, wünscht gemeinsam mit seinem sowjetischen Gegenpart den Protagonisten Glück für ihren gefährlichen Einsatz.
Die Handlung von Mama, ich lebe früher als die von Wolfs Ich war 19, doch das zentrale Thema ist das gleiche: der Konflikt der Protagonisten zwischen ihrer Identität als Deutsche und ihrem antifaschistischen — also antideutschen — Kampf, den sie mit den Russen teilen, erzählt in beiden Filmen durch komplexe und vielfältige Beziehungen zwischen beiden Gruppen. In Mama, ich lebe ist die episodische Struktur noch ausgeprägter, das Tempo langsam, wodurch Raum für Gespräche entsteht, die innere Konflikte und gegenseitige Wahrnehmungen ausloten. Visuell kontrastieren schwach beleuchtete Eisenbahnabteile und einfache Hütten mit weiten Landschaften — Züge, die sich durch riesige Gebiete schneiden, Wälder, die vorbeiziehen oder die Figuren umschließen, die Bäume vom Sonnenlicht durchflutet. In einem Moment wirken diese Landschaften friedlich, fast idyllisch; im nächsten Moment verwandeln sie sich in Kampfzonen, werden zu Orten plötzlicher Gewalt und sinnlosen Todes.
DDR, 1977, 103 Min., Farbe, Deutsch mit englischen Untertiteln
Regie: Konrad Wolf, Drehbuch: Konrad Wolf und Wolfgang Kohlhaase, Dramaturgie: Wolfgang Beck, Günter Klein, Klaus Wischnewski, Dieter Wolf, Schnitt: Evelyn Carow, Kamera: Werner Bergmann, Szenenbild: Alfred Hirschmeier, Kostüme: Werner Bergemann, Musik (Filmmusik): Rainer Böhm, Erzähler: Klaus Piontek.
Mit Eugen Albert, Donatas Banionis, Detlef Gieß, Jewgeni Kindinow, Eberhard Kirchberg, Iwan Lapikow, Peter Prager, Margarita Terechowa, Michail Wasskow, Uwe Zerbe.
Ort
50 Princes Gate
Exhibition Road
London SW7 2PH
Vereinigtes Königreich