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19:00 Uhr
Konrad Wolf: Solo Sunny
Film|Kinovorführung
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Goethe-Institut London, London
- Preis Preis: £6, £3 ermäßigt und für Goethe-Institut Sprachkursteilnehmer*innen & Bibliotheksmitglieder.
- Teil der Reihe: Konrad Wolf - Understanding the Past, Confronting the Present
Sunny ist Schlagersängerin, Anfang dreißig, unabhängig, entschlossen und nicht auf den Mund gefallen. Einen Teil der Woche tourt sie mit den Tornados, einer mittelmäßigen Band, und einer Varieté-Truppe aus Akrobaten und zweitklassigen Kabarettnummern durch die ostdeutsche Provinz. An ihren freien Tagen kehrt sie in ihre Wohnung in einem heruntergekommenen Mietshaus am Berliner Prenzlauer Berg zurück, wo die Nachbarn sie bei der Polizei angezeigt haben: zu laute Musik, zu viele Männer, und Tauben, die in ihrer Wohnung nisten. Sunny kümmert das wenig, wichtiger ist ihr eine ernsthafte Beziehung. Der Aushilfssaxophonist und Philosoph Ralph scheint vielversprechend, enttäuscht sie jedoch, gerade als die Band beschließt, sie fallen zu lassen. Am Tiefpunkt und geplagt von Selbstzweifeln geht Sunny zurück in ihren alten Fabrikjob — doch ihren Traum, eine Sängerin zu werden, der man wirklich zuhört, gibt sie nicht auf.
Nach Mama, ich lebe, der im Zweiten Weltkrieg spielt, wollte Konrad Wolf einen Film über die Gegenwart machen. Das Material kam von Wolfgang Kohlhaase, der nicht nur das Drehbuch zu Solo Sunny schrieb, sondern bei dieser vierten Kooperation mit Wolf mit Regie führte. Kohlhaase war auf ein unveröffentlichtes Interview der Journalistin Jutta Voigt mit der Sängerin Sanije Torka mit dem Titel „Solo Sanje“ gestoßen. Das Interview wurde nie veröffentlicht, wohl da Torka zu sehr Einzelgängerin und nicht sozialistisch genug war. Obwohl die Verbindung zum Film nicht offengelegt werden konnte und das Drehbuch abgeschwächt werden musste, fanden einige von Torkas Worten fast wörtlich Eingang in das Drehbuch. Renate Krößner, die im Film Sunny spielt, erinnerte sich später daran, dass sie Dinge im Film krasser sah und sie Wolf drängte, radikaler zu sein. Die Rolle machte sie zum Star und brachte ihr den Silbernen Bären auf der Berlinale 1980 ein, doch gute Angebote und weitere Erfolge blieben aus — vielleicht, weil Sunny am Ende doch zu radikal gewesen war. 1985 übersiedelte Krößner in die Bundesrepublik.
Mit 1,6 Millionen Zuschauern wurde Solo Sunny einer der erfolgreichsten DEFA-Filme, und Konrad Wolf nahm an zahllosen Publikumsgesprächen teil. Dennoch sah sich der Film ähnlicher Kritik ausgesetzt wie das unterdrückte Interview: Warum eine Figur zeigen, die so sehr auf persönliche Erfüllung statt auf kollektive Ideale fokussiert ist? Wolf verteidigte sowohl Sunny als auch seinen Film: „Es gibt solche Menschen. Und was sollen wir mit ihnen machen? Ich jedenfalls glaube, dass Menschen wie Sunny, die übrigens nie verherrlicht wird, die ihre Ecken und Kanten hat, die nicht nur negativ oder nur positiv ist, sondern dialektisch widersprüchlich. Aber die für ihre Vorstellungen von Lebenszielen eintritt und für ihre Persönlichkeit kämpft. Ich finde, das ist etwas, wofür man eintreten sollte. Diese Haltung.“ Und mit dieser Haltung konnte sich das Publikum, insbesondere das weibliche gut identifizieren.
Solo Sunny ist vor allem auch einer der großen Berlin-Filme, was er nicht zuletzt Wolfgang Kohlhaases Liebe und Gespür für die Stadt und ihre Menschen verdankt. Einige seiner frechen Dialogzeilen sind zu Klassikern geworden. Aber es ist auch das Stadtbild: das heruntergekommene Mietshaus, in dem Sunny in einem der oberen Stockwerke wohnt, Katze und Tauben am Fenster; der Blick aus Ralfs Fenster, wo er und Sunny ihr Bier trinken; die verschiedenen Verkehrsmittel — Auto, Straßenbahn und S-Bahn nebeneinander; Sunnys Zugfahrten durch die Stadt, die Kamera den Gleisen folgend; und dann die Randbezirke, wo ihre Freundin Christine lebt, die weit auseinanderstehenden neuen Wohnblöcke, dazwischen das Durcheinander von Maschinen und Baumaterial für all das, was noch zu bauen ist.
DDR, 1979, 102 Min., Farbe, Deutsch mit englischen Untertiteln
Regie: Konrad Wolf, Drehbuch: Konrad Wolf und Wolfgang Kohlhaase, Dramaturgie: Dieter Wolf, Schnitt: Evelyn Carow, Kamera: Eberhard Geick, Szenenbild: Alfred Hirschmeier, Kostüm: Rita Bieler, Musik (Score): Günther Fischer, Musik (Performance): Regine Dobberschütz, Günther Fischer Quintett.
Mit Ulrich Anschütz, Klaus Brasch, Ursula Braun, Michael Christian, Regine Doreen, Fred Düren, Heide Kipp, Renate Krößner, Alexander Lang, Dieter Montag.
Ort
50 Princes Gate
Exhibition Road
London SW7 2PH
Vereinigtes Königreich