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Vereinigtes Königreich

Veranstaltungsreihe

28. Mai - 11. Juni 2025

Thomas Brasch

Filmreihe|Ein Leben zwischen Ost und West

SW-Bild von einem Mann, der auf einen Spiegel schreibt Peter HartwPeter Hartwig (photo)©Zeitsprung Pictures, Wild Bunch Germanyig (photo)©Zeitsprung Pictures, Wild Bunch Germany

SW-Bild von einem Mann, der auf einen Spiegel schreibt Peter HartwPeter Hartwig (photo)©Zeitsprung Pictures, Wild Bunch Germanyig (photo)©Zeitsprung Pictures, Wild Bunch Germany

Geboren nur wenige Monate vor dem Ende des Zweiten Weltkriegs, wurde der Dramatiker, Dichter, Übersetzer und Filmregisseur Thomas Brasch zu einer der markantesten intellektuellen Stimmen der deutschen Nachkriegszeit. Anlässlich seines 80. Geburtstags in diesem Jahr präsentieren wir Andreas Kleinerts gefeiertes fiktionales Porträt Lieber Thomas (2021), Annekatrin Hendels auf Interviews und Archivmaterial basierende Dokumentation Familie Brasch (2018) sowie Thomas Braschs eigenes Regiedebüt Engel aus Eisen (1981) – ein anarchisches Gangsterdrama im geteilten Berlin während der Luftbrücke 1948/49, das ihn direkt in den Wettbewerb der Erstlingsfilme beim Filmfestival in Cannes katapultierte.

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Thomas Brasch wurde 1945 in Yorkshire als Sohn jüdischer Emigranten und überzeugter Kommunisten geboren – seine Mutter stammte aus Wien, sein Vater aus Berlin. Er wuchs mit zwei Brüdern und einer Schwester in Ost-Berlin auf. Obwohl er an die Möglichkeit einer besseren Gesellschaft in der DDR glaubte, kritisierte er das repressive Regime, in dem sein Vater Horst zum stellvertretenden Kulturminister aufstieg. Braschs politische Aktivitäten führten zu seinem Ausschluss von der Universität und der Filmhochschule sowie 1968 zu seiner Inhaftierung, nachdem er gegen die Niederschlagung des Prager Frühlings durch die Sowjetunion protestiert hatte. Seine zweijährige Haftstrafe wurde später in eine „erzieherische“ Arbeit als Fräser in einem Betrieb umgewandelt. Da ihm die Veröffentlichung seiner Texte verweigert wurde, verließ er 1976 gemeinsam mit seiner Partnerin, der Schauspielerin Katharina Thalbach, widerwillig die DDR.

Mit der Veröffentlichung seines Erzählbandes Vor den Vätern sterben die Söhne im Jahr 1977, den er noch in der DDR geschrieben hatte, stieg Brasch schnell zu literarischem Ruhm auf. Der Band Kargo. 32. Versuch auf einem untergehenden Schiff aus der eigenen Haut zu kommen (1977), eine sorgfältig komponierte Sammlung von Gedichten, Theaterstücken, Szenen, Reflexionen, Fotos und Dokumenten, die Braschs Vorliebe für das Experimentieren mit hybriden Formen widerspiegelt, erhielt ebenfalls positive Resonanz. 1977 erschien auch eines seiner bedeutendsten Theaterstücke, Rotter, über einen Opportunisten, der sowohl unter den Nazis als auch in der DDR Karriere macht. Obwohl von Kritikern und Medien gefeiert, wehrte sich Thomas Brasch konsequent gegen die Etikettierung als DDR-Dissident und übte scharfe Kritik an der westdeutschen Gesellschaft.

Nach dem Erfolg seines ersten Films Engel aus Eisen (1981) begann er sofort mit der Arbeit an seinem nächsten Film Domino (1982), in dem Katharina Thalbach eine Schauspielerin und alleinerziehende Mutter spielt, die die Kontrolle über ihr Leben verliert. Sein darauffolgendes Projekt Mercedes (1984) war eine experimentellere Low-Budget-Adaption seines gleichnamigen Theaterstücks, produziert für das niederländische Fernsehen.
Für seinen nächsten und letzten Film Der Passagier – Welcome to Germany (1988) konnte Brasch den Hollywood-Star Tony Curtis gewinnen. Curtis spielt einen erfolgreichen jüdischen Regisseur, der Jahrzehnte nach dem Zweiten Weltkrieg nach Deutschland zurückkehrt, um einen Film über seine eigene Vergangenheit zu drehen: Als Häftling wurde er gemeinsam mit anderen Gefangenen aus einem Konzentrationslager geholt, um in einem antisemitischen NS-Propagandafilm als Statist mitzuwirken. Der Film ist zugleich der Versuch des Regisseurs, seine Schuld zu verarbeiten – denn durch den Versuch, sein eigenes Leben zu retten, hatte er den Tod eines anderen Häftlings verursacht.

Obwohl unter seinen hinterlassenen Schriften ein weiteres Drehbuch gefunden wurde, wandte sich Brasch nicht erneut dem Film zu, sondern konzentrierte sich wieder auf seine literarische Arbeit. Er übersetzte und adaptierte Werke von William Shakespeare, Anton Tschechow und Maxim Gorki. Ein Großteil seiner kreativen Energie floss in ein Prosaprojekt über den realen Mörder Karl Brunke, das eine Szene in Kleinerts Lieber Thomas inspirierte und 1999 in eine nur kleinen Publikation mündete. Mehrere seiner Theaterstücke wurden aufgeführt, darunter Stiefel muß sterben, Die Trachinierinnen des Sophokles oder Macht Liebe Tod und Frauenkrieg. Drei Übermalungen. Thomas Brasch starb im November 2001 in Berlin an Herzversagen.