Jüdische Rückkehrer

Bei dem Thema ist es dem Goethe-Institut Vilnius der Fokus auf das heutige jüdische Leben wichtig: Was bringt Menschen jüdischer Herkunft dazu, in das Land zurückzukehren oder in dem Land zu bleiben, das mit so viel Gewalt gegen die eigenen Vorfahren verbunden ist? Ziel des Projektes ist es, mit dieser „Rückkehrer-Generation“ ins Gespräch zu kommen. Während der Konzeptentwicklung haben wir uns mit lokalen Historikern, Journalisten und Schriftstellern beraten. Gewonnen werden konnte ebenfalls der nationale TV-Rundfunksender LRT, mit uns diese Produktion zu machen. So ist das Radiofeature „Wurzeln. Die Geschichte einer Reise“ entstanden.

LRT Radio-Feature – die ungehörte Geschichte von 1991

An den letzten beiden Sonntagen im Februar konnten die Hörer von LRT RADIO eine exklusive zweiteilige Radio-Dokumentation „Wurzeln. Die Geschichte einer Reise“ hören. Die Geschichte beginnt im Herbst 1991, als sich eine Gruppe von 27 Kindern aus Litauen auf den Weg nach Israel macht.

„Als wir davon erfuhren, waren wir sofort schockiert“, erinnert sich der Schriftsteller Rimantas Kmita, der zusammen mit den Journalistinen Vaida Pilibaityte und Vita Ličyte das Drehbuch für die Radio-Sendung schrieb. „Wie können Kinder in diesen Zeiten ohne ihre Eltern ins Ausland gehen? Wollten sie umziehen oder wollten sie zurückkehren? Was hatten ihre Eltern vor? Wir begannen, nach diesen Kindern zu suchen, und es wurde klar, dass dies eigentlich eine Geschichte über eine Beziehung zu Litauen, zu Israel, über eine Suche nach der eigenen Identität und den eigenen Wurzeln ist.“

Die Radiodokumentation, die in Kooperation mit dem Goethe-Institut in Vilnius produziert wird, erzählt die Geschichten von fünf Jugendlichen – Judita, Laurina, Nira, Rašella und Ranan. Die Erinnerungen werden auch von den Organisatoren der Reise, Daumantas Todesas und Ilja Bereznickas, der die Schüler damals nach Israel begleitete, geteilt.

Im ersten Teil erfahren wir, wer die Idee hatte, die Kinder nach Israel zu schicken, und wie die ersten Eindrücke und Erlebnisse der fünf in ihrer neuen Schule waren. Der zweite Teil des Features erzählt, wie die Schüler, die sich an die Freiheit von ihren Eltern gewöhnt haben, sich fragen, was die Zukunft bringt und was sie in Litauen zurückgelassen haben.

„Es war äußerst interessant, einen wenig beachteten Teil der Geschichte dieser Generation litauischer Juden zu erforschen, der vom Geist der 1990er Jahre durchdrungen ist“, sagt V. Pilibaitytė, Mitautorin der Radiodokumentation. – „Wir sind allen Helden der Geschichte unendlich dankbar für ihr Vertrauen, ihre Offenheit und ihre Geduld bei der Beantwortung unserer endlosen Fragen.“

Diese Geschichte wurde in der Zusammenarbeit mit dem Goethe-Institut Vilnius produziert und ist Teil des von Michael Müller-Verweyen und Akvilė Eglinskaitė initiierten Projekts „Jüdische Rückkehrer“ / „Sugrįžtantys žydai“.

„Uns geht es nicht um die historische Rekonstruktion dessen, was einmal war und das zerstört wurde. Auch nicht um Erinnerungspolitik.“ – sagt Institutsleiter Michael Müller-Verweyen – „Uns interessiert die Gegenwart: Es gibt eine Generation der heute Mitdreißiger/Mitvierziger, die in den Städten Vilnius, Šiauliai, Riga, Krakau … leben und ihre Beiträge (v.a. im kreativen Bereich: Cafés, Mode, Design …) zum Leben in den Städten leisten, in denen ihren Familien so viel Gewalt zugefügt worden ist. Wie steht es um diese Generation der jüdischen Bevölkerung? Sie treffen in Litauen auf eine Generation, die nach der Wende groß geworden ist, und die die jüdischen Beiträge zu ihrer eigenen litauischen Nation erst entdeckt.“

Die Radiodokumentation „Wurzeln. Die Geschichte einer Reise“ wurde jeweils Sonntag 20. und 27. Februar um 11.05 Uhr auf LRT RADIO ausgestrahlt, die Aufnahme ist auf LRT.LT Radioteka und als Podcast verfügbar.

Für Hilfe beim Sammeln von Material danken wir der Professorin am Institut für Internationale Beziehungen und Politikwissenschaft VU Violeta Davoliūtė. Die fotografischen Porträts wurden erarbeitet von Artūras Morozovas und Andreas B. Krueger.

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