Thomas Mann und Jean-Paul Sartre
Literatur auf den Dünen Nidas

v.l.  Corinne Roche, Paulina Pukytė und Nils Mohl
v.l. Corinne Roche, Paulina Pukytė und Nils Mohl | Foto: Natacha Paganelli

Vom 1. April bis zum 16. Mai 2014 werden Nils Mohl (Deutschland), Corinne Roche (Frankreich) und Paulina Eglė Pukytė (Litauen) während einer länderübergreifenden Autorenresidenz in der Kunstkolonie Nidden Texte und einen Blog zum Thema der fiktiven Begegnung der Schriftsteller Thomas Mann und Jean-Paul Sartre verfassen.

Die maritime Atmosphäre und die einzigartige Stille des litauischen Ostseebades Nida bieten besondere Bedingungen für den kreativen Schaffensprozess, von denen früher bis heute viele Künstler profitierten und profitieren. So scheint es ganz natürlich, dass auch der deutsche Autor Thomas Mann, dem das Thomas-Mann-Haus und das Thomas-Mann-Festival in Nida gewidmet sind, sich von diesem Ort angezogen fühlte und sich hier 1929 sein Sommerhaus einrichtete. Teile seines weltbekannten Werkes Joseph und seine Brüder entstanden in dem damals noch ostpreußischen Nidden.

1965, 10 Jahre nach Thomas Manns Tod, lichtete der litauische Fotograf Antanas Sutkus den französischen Philosophen und Autoren Jean-Paul Sartre bei seinen Streifzügen über die Dünen Nidas ab. Der Intellektuelle war mit seiner Weggefährtin Simone de Beauvoir angereist.

Zwei bedeutende Männer, beide große Autoren und Denker, faszinierte der gleiche Ort zu unterschiedlichen Zeitpunkten der Geschichte: Doch was wäre eigentlich geschehen, wenn sich Sartre und Mann zur gleichen Zeit in Nida aufgehalten und sie sich zufällig getroffen hätten?

Mit dieser Frage beschäftigen sich die Teilnehmenden der Autorenresidenz des Goethe-Instituts, des Institut Français und der Kunstkolonie Nidden der Kunstakademie Vilnius in ihren Texten: Der deutsche Autor Nils Mohl, die französische Autorin Corinne Roche und die litauische Autorin Paulina Eglė Pukytė verbringen anderthalb Monate in der Kunstkolonie Nidden, um gemeinsam und individuell über die potentiellen Ereignisse sowie über die Gedankenflüsse und Dialoge der beiden Schriftsteller nachzudenken und zu schreiben.

Ein vielfältiges internationales Autorentrio

Nils Mohl studierte in Kiel, Tübingen und Berlin neuere deutsche Literaturwissenschaft, Linguistik und Volkskunde sowie in Weimar Kulturmanagement und ist nun erfolgreicher Kurzgeschichten- und Jugendbuchautor. Besonders interessiert er sich für das Leben und die Gefühlswelt von Jugendlichen aus Stadtrandvierteln – der Hamburger Stadtteil Jenfeld dient ihm beispielsweise in seinen Romanen Es war einmal Indianerland und Stadtrandritter als Vorbild für seine literarischen Welten. Für ersteren wurde Nils Mohl mit dem Oldenburger Kinder- und Jugendbuchpreis (2011), einem Kranichsteiner Jugendliteratur-Stipendium (2011) und dem Deutschen Jugendliteraturpreis in der Kategorie Jugendbuch (2012) ausgezeichnet.

Corinne Roche besuchte als Kind und Jugendliche ein religiöses Internat; diese prägende Zeit nutzt sie als Quelle für ihre Geschichten – besonders ihr Roman Tu devrais te maquiller ist durch ihre Kindheit und Jugend inspiriert. Die Themen ihrer Veröffentlichungen sind jedoch vielfältig: So erzählt sie zum Beispiel in ihrem aktuellsten Roman Papier machine über das Schreiben selbst. Corinne Roche ist gelernte Krankenschwester und viel gereist; ihr Aufenthalt in Jerusalem veranlasste sie dazu, Hebräisch zu lernen, das sie heute fließend beherrscht. Die Autorin publizierte bereits bei renommierten französischen Verlagen wie Éditions du Seuil und Denoël.

Paulina Eglė Pukytė ist nicht nur Schriftstellerin, sondern auch Künstlerin, Dichterin, Essayistin und Kommentatorin. Sie ist Absolventin der Kunstakademie Vilnius, hat einen Masterabschluss des Royal College of Art in London und pendelt nun zwischen den beiden Hauptstädten. In Litauen schreibt sie regelmäßig für das Kulturmagazin 7 meno dienos und trägt zu anderen Publikationen bei. Ihr erstes Buch Jų papročiai wurde 2005 veröffentlicht; ihr zweites Buch Netikras zuikis – eine Sammlung kurzer Geschichten und anderer Texte – erschien 2008 und kam in diesem Jahr in die engere Auswahl für den Preis für das Buch des Jahres in Litauen. Ihr neuestes Buch Bedalis ir labdarys ist im Jahr 2013 publiziert worden.

Dieses deutsch-französisch-litauische Autorentrio könnte vielfältiger nicht sein und verspricht eine spannende und kreative Residenz in Nida. In einem Blog dokumentieren Mohl, Roche und Pukytė ihre Arbeit an den Texten, machen Anekdoten und lassen ihrem Wortfluss rund um den Themenkomplex Mann-Sartre-Nida freien Lauf. Die entstandenen Werke werden in einer Publikation des Verlags Kitos knygos zusammengefasst sowie im Rahmen des Thomas-Mann-Festivals im Juli 2014 in Nida präsentiert.
 

Die Autorenresidenz in Nida ist eine Kooperation des Goethe-Instituts Litauen mit dem Institut Français Litauen und der Kunstkolonie Nidden der Kunstakademie Vilnius, die im Rahmen des Elysée-Vertrages stattfindet und auf die Künstlerresidenz und die Ausstellung „Zwischen Zeit und Geschichte“ im Jahr 2013 aufbaut.

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