Inspirierend und anders
"Todos os Mortos" von Marco Dutra und Caetano Gotardo

Todos os Mortos
"Todos os Mortos" von Marco Dutra und Caetano Gotardo bei der Berlinale 2020 | © Hélène Louvart/Dezenove Som e Imagens

Wie belebend kann es sein, lateinamerikanisches Kino zu sehen, auch wenn sein Produktionswert es, wie im Fall von Todos os Mortos, wirtschaftlich nicht mit den privilegierteren Ländern aufnehmen kann. Wie belebend kann es sein, unter Berücksichtigung der narrativen Schwierigkeiten, mit denen die Regisseure Marco Dutra und Caetano Gotardo zu kämpfen hatten, zu sehen, dass das „Wie erzählen“ genauso wichtig oder noch wichtiger als das „Was erzählen“ genommen wird.

Von Erick Estrada

Alles beginnt im von Portugal unabhängigen Brasilien am Ende des 19. Jahrhunderts

 
Eine wohlhabende Familie verliert mit der Loslösung von Europa ihre gesamten Privilegien. Von diesem Moment an transformiert sich der Film in eine Art kleine Ode an die kämpferische Poesie, an die Multikulturalität Brasiliens, eingebettet in einer sehr kritischen Analyse seiner privilegierten Klassen und einer frontalen jedoch fast surrealistischen und von Überdruss geprägten Antwort auf die Rückkehr der Rechten im heutigen Brasilien.
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Der Film "Todos os Mortos" ist eine Art kleine Ode an die kämpferische Poesie Brasiliens | © Hélène Louvart/Dezenove Som e Imagens

Todos os Mortos ist schwierig

Die Vermischung von Zeiten, Räumen, Leben, Tod, sich kreuzender Geschichten, um die gutsituierten Klassen mit brutaler Gewalt zu sezieren, sich über das Gehabe lustig zu machen, was diese für Zeichen einer angeblichen Überlegenheit halten, all das ist kompliziert, auch verknäult (das sind die Probleme, mit denen sich die Regisseure konfrontiert sehen). Aber das Ergebnis ist inspirierend, anders. Es kommt den unbegrabenen Toten der Geschichte dieses und vieler anderer Länder nahe, den Sklaven und den Hausangestellten, mit deren Schweiß und Tränen die Welt aufgebaut wurde, wie wir sie heute kennen.
 

Der Film wird an diesen Stellen sogar revolutionär, proaktiv und löst ein Gefühl der Aufsässigkeit aus, das in der heutigen Welt, gerade in Brasilien, gebraucht wird.

Im Film Todos os Mortos bleibt alles verborgen, auch sein Rhythmus. Aber wenn wir die Regisseure in ihrer Erzählung begleiten und sie bis zum Ende kommen lassen, wird es nicht nur eine sondern viele angenehme Überraschungen geben. Ein exotischer Vogel, etwas Unvorhergesehenes, aber ein weiterer bescheidener Erfolg im Berlinale-Wettbewerb 2020
 
 

 

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