Deutschland bei SANFIC 2018: Brennende Aktualität

The Cleaners
© gebrueder beetz filmproduktion

Mit einem wichtigen Film über Zensur im Internet und zwei Film-Juwelen von großen Regie-Meistern ist der deutsche Beitrag zum internationalen Filmfestival von Santiago eine gute Kostprobe des Brandaktuellsten des Jahres 2018.

Dieses Jahr geht der deutsche Film im internationalen Wettbewerb des Filmfestivals von Santiago (SANFIC) auf ein heikles aktuelles Thema ein: Zensur im Internet und bisher unbemerkte Dinge, die im Netz geschehen. Der Dokumentarfilm The Cleaners ist der erste Film zweier junger deutscher Regisseure, Hans Block und Moritz Riesewieck. Uraufgeführt wurde er auf dem Sundance-Festival 2018 und hat seitdem hervorragende Kritiken eingesammelt. Der Film zeigt die verborgene Welt der digitalen Zensur, die in Manila ausgeführt wird, wo die schmutzige Arbeit der Säuberung des Netzes ausgelagert ist. Im Auftrag von Unternehmen aus dem Silicon Valley sind dort tausende Menschen in zehn-Stunden-Schichten mit dem Kontrollieren der Inhalte von Facebook, YouTube und Twitter, sowie gegebenenfalls dem Löschen anstößiger Texte, Fotos und Videos beschäftigt. Dadurch wird klar, dass durch die Zensur Konversationen, Ansichten und Ereignisse vor den Blicken der Welt verborgen werden und somit unsere Fähigkeit kritisch zu denken gefährdet wird.

Des Weiteren wird man bei SANFIC die neuesten Filme von zwei bedeutenden Vertretern des deutschen Kinos sehen können: Transit von Christian Petzold, uraufgeführt bei der Berlinale 2018, sowie Margarethe von Trottas ersten Dokumentarfilm mit dem Titel Auf der Suche nach Ingmar Bergman, den sie bei den letzten Filmfestspielen von Cannes vorstellte – eine sehr persönliche Hommage zum 2018 stattfindenden 100. Geburtstag des renommierten schwedischen Filmemachers.

Der Film von Petzold basiert auf dem gleichnamigen Roman von Anna Seghers aus dem Jahr 1942, der von der angstvollen Flucht derer berichtet, die von Marseille aus vor den Nazis flohen. Aber Petzold transportiert uns nicht in die Vergangenheit. Einige Figuren sind im Jahr 1942 eingebettet, während andere Situationen der Stadt aktuell sind, wie die heutigen Geflüchteten und ihr Schicksal. Es ist ein gewagter zeitlicher Sprung, der es Petzold erlaubt, die sog. Flüchtlingskrise zu kommentieren.

Transit © Transit / Marco Krüger © Schramm Film Transit Transit / Marco Krüger © Schramm Film
Margarethe von Trotta widmet ihren ersten Dokumentarfilm Ingmar Bergman, der sie dazu inspiriert habe, Regisseurin zu werden. Den 100. Geburtstag von Bergman nutzt von Trotta, um mit Schauspieler*innen, Familienmitgliedern und anderen Regisseur*innen über den filmgeschichtlichen Beitrag des bedeutenden schwedischen Regisseurs und auch viele unbekannte Aspekte seines Lebens zu sprechen.

In der Sparte Visiones del Mundo (Weltanschauungen) nimmt SANFIC drei aktuelle Titel junger deutscher Regisseur*innen mit auf, die mit Witz und Ironie die Realität kommentieren. Der Film Sommerhäuser ist das Debüt von Sonja Kröner und wurde auf dem Filmfest München 2017 uraufgeführt, wo er die Preise für beste/r Nachwuchsregisseur/in und beste/r Nachwuchsproduzent/in gewann. Außerdem erhielt er den Bayerischen Filmpreis 2018 für das beste Drehbuch. Der Film konzentriert sich auf das Studium seiner Figuren und die Herstellung einer Atmosphäre, während er vom unaufhaltsamen Verlust einer Idylle handelt.

Sommerhäuser © © Prokino Filmverleih GmbH Sommerhäuser © Prokino Filmverleih GmbH
Casting, der dritte Spielfilm des Schauspielers, Regisseurs und Filmkritikers Nicolas Wackerbarth stützt sich auf die Wahl der Darstellenden für dieses Remake von Fassbinders Die bitteren Tränen der Petra von Kant als neue Fernsehfilmversion – mit einem männlichen Hauptdarsteller. Im Film ist es gelungen, die Essenz Fassbinders zu erfassen, in der die Erzählung in Wahrheit von Macht und Emotionen, Betrug und Ehrgeiz handelt. Auf intelligente und humorvolle Weise wird die Realität enthüllt und auch die Besetzung ist ausgezeichnet, weshalb der Film mehrere Preise gewann.

In der musikalischen Komödie Magical Mystery von Arne Feldhusen wird eine Deutschlandtour in den 90ern nachgestellt. Nach einem Zusammenbruch wegen Alkohol- und Drogenkonsums wird Karl "Charlie" Schmidt nach dem Mauerfall aus einer psychiatrischen Einrichtung entlassen. Nun muss er - frei von seiner Sucht - lernen, sich in einem völlig veränderten Land zurechtzufinden. In dieser Situation  wird er Fahrer bei einem verrückten Road-Trip mit Freunden aus der Techno-Szene. Der Hauptdarsteller, Charly Hübner, wurde für seine schauspielerische Leistung in diesem Film mit dem Ernst-Lubitsch-Preis 2018 für die beste komödiantische Leistung im deutschen Film ausgezeichnet.

In der Sparte SANFIC Educa (SANFIC lehrt) wird es zwei deutsche Filme für die ganze Familie geben. Der Film Timm Thaler oder das verkaufte Lachen des bedeutenden Regisseurs Andreas Dresen handelt von einem Jungen, der sein Lachen an einen dämonischen Baron verkauft, es später aber zurückzuerlangen versucht. Denn nichts ist so viel wert, als dass man dafür seine Seele an den Teufel verkaufen dürfte.

Der erste Film von Joya Thome, Königin von Niendorf, handelt von einem zehnjährigen Mädchen, das im Sommer als Mitglied einer Bande verschiedene Abenteuer erlebt. Bei dem meisterhaft gefilmten Werk bleiben Frische und Glaubwürdigkeit dank der jungen Schauspieler*innen erhalten. Der Film erhielt den angesehenen Preis Achtung Berlin 2017- New Berlin Film Award.
 

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