Jenny Erpenbeck wird 1967 in Ost-Berlin geboren. Nach dem Abitur, einer Buchbinderlehre und Arbeiten an verschiedenen Theatern studiert sie zunächst Theaterwissenschaften an der Humboldt-Universität und wechselt 1989 an die Berliner Hochschule für Musik Hans Eisler zur Musiktheaterregie. Sie arbeitet als Regieassistentin und inszeniert Aufführungen für Oper und Musiktheater in Berlin und Graz. Jenny Erpenbeck lebt in Berlin.
Mit ihrer Debütnovelle
Die Geschichte vom alten Kind (1999) wird die Autorin schlagartig bekannt. Für die Recherche zu dieser genial-verstörenden Geschichte lässt sich die Autorin als 27-jährige in die elfte Klasse eines Berliner Gymnasiums einschulen, ohne dass ihre Mitschüler das Spiel durchschauen. Nach den Erzählbänden
Tand (2001) und
Wörterbuch (2007) legt die Autorin mit
Heimsuchung (2008) erstmals einen umfangreichen Roman vor, der neben der deutschen Vergangenheit zugleich auch die Geschichte einer ostdeutschen Landschaft literarisch aufgreift. Die Heimat wird zum Ort des Übergangs vor der Kulisse der stetigen gesellschaftlichen und historischen Veränderungen. „Heimat,“, sagt Erpenbeck, „das ist etwas, das man wahrscheinlich erst bemerkt, wenn man es verloren hat.“. In
Aller Tage Abend (2012) wird dieser Gedanke weiter gefasst. In fünf möglichen Biografien spiegelt sich das 20 Jahrhundert: osteuropäisches Judentum, Nazidiktatur, Exil. Es geht um kommunistische Überzeugungen, stalinistische Willkür und die Desillusionierungen in der DDR. Der Roman
Gehen, ging, gegangen (2015) erzählt vom Verlust der Heimat, aber auch vom Warten und existentiellen Lebensfragen. Ein emeritierter Professor begegnet Flüchtlingen aus Afrika, die in Berlin gestrandet sind und nicht wissen, wie es für sie weitergeht.
Jenny Erpenbeck erhielt zahlreiche Preise, u.a. 2008 den Heimito-von-Doderer-Literaturpreis, 2013 den Evangelischen Buchpreis, 2014 den Hans-Fallada-Preis und 2016 den Thomas-Mann-Preis.
Copyright: Goethe-Institut Barcelona
Text: Ilka Haederle