Wie wollen wir zusammen leben?

Das Goethe-Institut Buenos Aires entwickelte dieses zweijährige Projekt Wie wollen wir zusammen leben? zwischen 2023 und 2024. Das Projekt setzt sich aus vier großen Unterprojekten zusammen: Das Zentrum ist tot, es lebe das Zentrum und Literarische Erkundungen durch die Stadt im Jahr 2023, sowie das Festival Kreativität, Bildung und KI und Mentoringprogramm für Videokünstler*innen Wie wollen wir zusammen leben? im Jahr 2024.

 © Leandro Dopacio

Das Projekt lief von Anfang 2023 bis Ende 2024 und umfasste verschiedene kulturelle Angebote, die die Öffentlichkeit herausforderten. Im Jahr 2023 wurden im Februar audiovisuelle Installationen unter dem Titel „Das Zentrum ist tot, es lebe das Zentrum“ gezeigt und im November desselben Jahres wurden literarische Erkundungen durch die Stadt organisiert, die sich mit dem Thema des Projekts befassten.
Im Jahr 2024 fand im September das Festival Kreativität, Bildung und KI statt. Die abschließende Gruppenausstellung des Mentoringprogramm für Videokünstler*innen Wie wollen wir zusammen leben? fand zwischen November und Februar 2025 an verschiedenen Orten statt. Zielgruppe war die breite Öffentlichkeit und die Zielsetzung war die Anstoß des internationalen Austauschs und Verbindungen zwischen Künstler*innen, Stadtplaner*innen und Wissenschaftler*innen herzustellen, um über das Zusammenleben in den Städten der Zukunft zu reflektieren.
 

1. Das Zentrum ist tot, es lebe das Zentrum

Audiovisuelle Installationen im Microcentro

Die Ausstellung Das Zentrum ist tot - Es lebe das Zentrum belebte leerstehende Räume wieder, indem sie die Türen von einigen leer stehenden Geschäften öffnete und sie als Ausstellungsorte für visuelle Kunstwerke nutzte, welche einen Dialog mit dieser unvorhergesehenen Gegenwart aufnehmen. Die Ausstellung dehnte sich auch mit digitalen Kunstwerken auf die Straßen und Plätze des Microcentro aus, die das Potenzial des öffentlichen Raums aufzeigten.

Kuratorische Stimmen zum Projekt

Städte funktionieren nicht nur als Netzwerke für Wohnraum, Transport, sanitäre Versorgung, Güterproduktion oder Kommunikation, sie verhalten sich darüber hinaus wie lebende Organsimen, die verdauen, altern, sich infizieren, krank werden und schließlich sterben. Die COVID-19-Pandemie hat gezeigt, wie schnell sich Infektionen über städtische Strukturen und die von ihnen geschaffenen Netze ausbreiten können. Dieses Netz musste plötzlich aufgegeben werden, wodurch die Stadtzentren zum Stillstand kamen wie leblose Körper.

Das Zentrum ist tot - Es lebe das Zentrum war eine Ausstellung, die diesen Körper belebte. Sie war ein System, das man erschließen und begehen konnte und fand im heutigen Microcentro von Buenos Aires statt, einem Stadtviertel, dessen Zukunft heute aufgrund seiner aktuellen urbanen Transformation, einschließlich Gentrifizierung, umstritten ist. Die Ausstellung hat leere Räume wiederbelebt, indem sie die Türen von einigen leerstehenden Geschäften öffnete und sie als Ausstellungsorte für visuelle Kunstwerke nutzte, welche einen Dialog mit dieser unvorhergesehenen Gegenwart aufnahmen.

Die Ausstellung dehnte sich auch mit digitalen Kunstwerken auf die Straßen und Plätze des Microcentro aus, die das Potenzial des öffentlichen Raums aufzeigten.
Wie wollen wir zusammen leben? Oder vielmehr, wie müssen wir in den städtischen Strukturen der Zukunft zusammen leben? Die über die ganze Stadt verstreuten Kunstwerke baten dem Betrachter Antworten auf diese Fragen, und zwar in Form von Dokumenten der Vergangenheit sowie Fiktionen unserer Gegenwart und spekulierten so über die Zukunft. Metaphern und Abstraktionen waren die Grundlage dieser Vorstellungen, die uns einluden, ein neues Leben für das Microcentro zu entwerfen.

Hernán Kacew & Lívia Nolasco-Rózsás
 

Kuratierung

2. Literarische Erkundungen

Schreibwerkstatt

Gabriela Bejerman, Künstlerin im Bereich Literatur und Performance-Poesie, war mit der Durchführung dieses Projekts durch literarische Interventionen betraut. Gemeinsam mit der Fundación Medifé wurden die Teilnehmer*innen eingeladen, leere Räume und Räumlichkeiten im Microcentro zu erkunden, um auf der Grundlage der Fragestellung des Projekts „Wie wollen wir zusammenleben?“ literarische Texte zu verfassen. Interessierte konnten eine der beiden angebotenen Wegstrecken wählen - entweder die Route durch das Viertel Recoleta oder den Spaziergang durch das Microcentro der Stadt Buenos Aires. 

Gabriela Bejerman schlug einen Leitfaden für die Erkundung jedes Viertels vor, um seine Bewohner*innen und Passant*innen, seine Architektur, den Charakter seiner Räume und auch seine Worte kennen zu lernen. Darüber hinaus erhielten die Teilnehmenden einige Tage vor dem Treffen per E-Mail eine kleine Auswahl deutscher Gedichte, die ins Spanische übersetzt wurden, damit sie sich schon vorher in den Klang der Worte vertiefen konnten. Nach dem Spaziergang traf sich die Gruppe an Arbeitstischen, wo sie auf der Grundlage der gesammelten Notizen und Beobachtungen verschiedene literarische Schreibübungen durchführten, die in einer gemeinsamen Abschlussrunde besprochen wurden. 
   

Koordination

Gabriela Bejerman
Gabriela Bejerman (geb. 1973) verfügt über einen Abschluss in Literaturwissenschaften und ist Schriftstellerin. Ihre jüngsten Veröffentlichungen sind Pompa (gesammelte Gedichte, Mansalva), Un beso perdurable (Kurzgeschichten, Rosa Iceberg) und El libro de escribir (Rosa Iceberg), ein Kompendium von Schreibslogans, das Ergebnis von zwanzig Jahren Koordination von Schreib-Workshops. Als Autorin, Erzählerin, Sängerin und Performerin interessiert sie sich besonders für die Beziehungen zwischen dem menschlichen Körper und dem gesprochen Wort.

3. Kreativität, Bildung und KI

Neue Perspektiven für das Zusammenleben

Im Rahmen des vom Goethe-Institut in Zusammenarbeit mit der Fundación Medifé, der Artlab Academy und der Delegation der Europäischen Union entwickelten Festivalprogramms wurde die dynamische Synergie zwischen diesen kritischen Bereichen erkundet und eine Toolbox und das notwendige Wissen geschaffen, damit die Teilnehmenden in dieser sich ständig weiterentwickelnden Landschaft navigieren konnten.

Das Programm „Kreativität, Bildung und KI: Neue Perspektiven für das Zusammenleben“  zielte darauf ab, zu vertiefen, wie künstliche Intelligenz im Management kreativer Prozesse genutzt werden kann, die Transformationen im Bereich der Übersetzung zu verstehen, pädagogische Methoden und Erfahrungen zu transformieren und innovative Lösungen vorzuschlagen. In den verschiedenen Panels und Workshops wurden diese Themen, die Herausforderungen des zeitgenössischen Alltags, behandelt und auch kreative Prozesse über KI in Kunstausstellungen und Live-Performances erfahrbar gemacht.

Themenbereiche

Das sich über vier Tage erstreckende Festival sollte mit diesen Gesprächen die Interdependenz und Wechselbeziehung, die unterschiedliche Lebensbereiche mit der KI haben, hervorheben und neu Formen des „Zusammenlebens“ aufzeigen. Um neugewonnene Erkenntnisse im Gespräch zu vertiefen, lebendige Kontakte zu stärken und den Austausch auch informell fortzuführen, schloss das Festival mit einer Party mit Auftritten von DJ- und VJ-Sets.
 

Sondergast

Boris Eldagsen
Seit 25 Jahren stellt Boris Eldagsen international als Foto-, Video- und Installationskünstler in Galerien, auf Festivals und in Museen aus. Er nutzt seinen Hintergrund in Bildender Kunst und Philosophie, um Kunst, Fotografie und Theorie an Universitäten und Kunstschulen zu lehren.

Boris ist ein Pionier von KI-Bildern, die mit Diffusionsmodellen erzeugt werden. Seine Ablehnung der Sony World Photo Awards im April 2023 löste eine weltweite Debatte über die Beziehung zwischen Fotografie und KI-generierten Bildern aus. Er wurde zum "Aushängeschild der KI-Debatte" (SZ), und sein Bild "PSEUDOMNESIA | The Electrician" wurde "the picture that stopped the world" (The Guardian) und zu einem ikonischen Symbol für eine neue Ära.

Seit 2022 ist er einer der international anerkannten Experten für KI-generierte Bilder und regelmäßiger Gast bei Podiumsdiskussionen und Veranstaltungen.

Der in Berlin lebende Künstler sieht KI als Wissensverstärker und nutzt seine künstlerische und fotografische Erfahrung, um Bilder zu schaffen, die er mit seinen bisherigen Mitteln nicht erzeugen konnte. Auch wenn sich die Werkzeuge verändert haben, ist die Grundrichtung seiner Arbeit dieselbe geblieben: Mit einem psychologischen Ansatz hinterfragt er, was es bedeutet, ein Mensch zu sein.

4. Wie wollen wir zusammen leben?

Mentoringprogramm für Videokünstler*innen

Das Programm Wie wollen wir zusammen leben?  sollte den Dialog und die Reflexion zwischen Videokünstlern fördern. Das Projekt sah ein intensives Mentoringprogramm vor, das sich an junge Künstler*innen in Argentinien und Paraguay richtete. Ziel war es, ihnen die Möglichkeit zu geben, unveröffentlichte Videoarbeiten zu entwickeln und gleichzeitig mit Gleichaltrigen ihre spezifischen Perspektiven auf die künstlerische Arbeit sowie auf die Welt und die Situation, in der sie leben, auszutauschen.

Nach monatelanger Online-Arbeit trafen sich 20 Teilnehmer*innen des Programms und die Mentor*innen in Buenos Aires, um sich persönlich kennen zu lernen. Sie arbeiteten vier Tage und tauschten ihre Erfahrungen aus, im Rahmen eines intensiven Programms, das den gemeinsamen Aufbau der Ausstellung in der Alliance Française, Ausstellungsbesuche und eine gemeinsame Bewertung des Programms umfasste. Dieses bestand aus einer ersten Online-Phase im Juni 2024, während die zweite Phase die Entwicklung in drei Monaten eines neuen, unveröffentlichten Werks umfasste.

Das vom Goethe-Institut Buenos Aires und der Alliance Française von Buenos Aires gemeinsam mit der Fundación Medifé und der Unterstützung des Deutsch-Französischen Kulturfonds ins Leben gerufene Programm präsentierte die abschließenden Arbeiten des Projekts zwischen November 2024 und Februar 2025 im Rahmen einer Gruppenausstellung in der Alliance Française im Zentrum von Buenos Aires.
„Ich kann aus eigener Erfahrung bezeugen, dass Frankreich und Deutschland unsere Kunst fördern. In den neunziger Jahren brachten sie zusammen mit Spanien eine Gruppe von Videokünstlern zusammen und unterstützten uns als einen Raum des Widerstands gegen die hegemonialen Diskurse. Heute, inmitten des harten Kulturkampfes, der unser Land heimsucht, machen sie diese gemeinschaftliche Erfahrung, inspiriert durch Roland Barthes' Frage 'Wie zusammenleben'“, schrieb Graciela Taquini in dem kuratorischen Text, der die Ausstellung begleitet.

„Mir hat die Erfahrung sehr gut gefallen, weil sie Menschen zusammenbrachte, die weit voneinander entfernt sind, aber gleichzeitig durch ähnliche Recherchen und Fragen in Zeiten des zivilisatorischen Zusammenbruchs verbunden sind“, sagte die Mentorin Ari Nahón. Der Mentor Enrique Ramírez betonte seinerseits, dass „dieser kollaborative Ansatz es den Teilnehmer*innen ermöglichte, mit ihrer eigenen künstlerischen Stimme zu experimentieren und Vertrauen in ihre Fähigkeit, kreative Entscheidungen zu treffen, zu entwickeln“.

Die Ausstellung zeigte die im Rahmen des Projekts entstandenen Werke der 21 jungen Videokünstler*innen Alegría González, Alejandro Ismael López, Anahí Mariluan, Carlos Lescano, Cecilia Fernández López, Dalia Desamor, Dario Exequiel, Emilia Di Pascuale, Eugenia López Romero, Florencia Mamani, Floriana Erica Salzzaneo, Joquin Pedretti, Eugenia López Romero, Florencia Mamani, Floriana Lazzaneo, Joaquin Pedretti, Lisandro Ricardo, Manuel Rossi, Mariana Lombard, Martina Comaschi, Nadia Erica Salvatierra, Tam Painé Ciai, Victoria Robledo, Violeta Alvarez und Zulema Guadalupe Romero Meneses.

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