Hannah Arendt-Tage Buenos Aires Von Exil bis Post-Truth
Anlässlich des 50. Todestages von Hannah Arendt organisierten das Goethe-Institut und der Lehrstuhl Walter Benjamin – DAAD diese interdisziplinären Tage als einzigartige Hommage an die große deutsche Denkerin in Buenos Aires.
Die Hannah Arendt-Tage Buenos Aires. Von Exil bis Post-Truth versammelten mehr als 20 Akademiker*innen, darunter der deutsche Philosoph Thomas Meyer. Aus unterschiedlichen Perspektiven wurde das Vermächtnis einer der brillantesten Denkerinnen des 20. Jahrhunderts beleuchtet, um gleichzeitig zu untersuchen, wie ihre Ideen unsere Gegenwart weiterhin herausfordern.
Über das Projekt
Der Veranstaltungszyklus lud vom 4. bis 7. September 2025 dazu ein, in das komplexe arendtsche Universum einzutauchen. Diese Tagung im Cultural San Martín warf neues Licht auf die scharfsinnige Denkerin, deren Werk sowohl die Politik als auch den akademischen Status quo herausgefordert hat. Ein umfangreiches Programm über vier Tage bot Vorträge, wissenschaftliche Konferenzen, Filmvorführungen, Performances und eine Buchausstellung über die Autorin von Vita activa und Eichmann in Jerusalem (1906–1975).
Ziel
Die Auswirkungen des arendtschen Gedankenguts in verschiedenen Wissensbereichen, Kultur und Kunstdisziplinen neu zu interpretieren und neue Wege zu erproben, um unsere Gegenwart zu transformieren.
Zielgruppe
Allgemeines Publikum, Akademiker*innen.
Ablauf
Die Tagung wurde durch den deutschen Philosophen Thomas Meyer eröffnet, Autor von Hannah Arendt, kürzlich auf Spanisch bei Anagrama erschienen. Meyer ergriff im Verlauf der Veranstaltung ein zweites Mal das Wort, diesmal in einem öffentlichen Gespräch mit dem stellvertretenden Chefredakteur der Revista Ñ, Héctor Pavón.
Am Ende der Veranstaltungsreihe brachte Meyer seine Begeisterung über die Erfahrung seiner Teilnahme zum Ausdruck:
“Viele Menschen öffnen sich in den Veranstaltungen, beschreiben ihre Folterungen, ihr Überleben, das Glück, öffnen sich mit ihren Reflexionen der Gegenwart. Eine solche Intensität des Austausches habe ich so noch nicht erlebt”, sagte Meyer, der anschließend mehrere Länder der Region bereiste.
Die Veranstaltung brachte auch eine Reihe lokaler Expert*innen zusammen, darunter Claudia Bacci und Anabella di Pego, die über Hannah Arendt und Exilliteratur diskutierten, sowie der Schriftsteller Martín Kohan, der über die Spuren reflektierte, die Arendt in der zeitgenössischen Literatur hinterlassen hat.
Margarita Martínez befasste sich mit den Entwicklungen, die Arendt nicht vorhergesehen hatte, wie das Eindringen künstlicher Intelligenz in den öffentlichen Raum und die Gefahr neuer Formen der Entmenschlichung, während Germán Rúa das arendtsche Werk anhand der Genealogie des Bösen von Platon bis Kant untersuchte.
Unter der Moderation von Friso Maecker, Leiter des Goethe-Instituts Buenos Aires, und Patrick Eser vom DAAD diskutierten Vertreter*innen von vier deutschen politischen Stiftungen in der Podiumsdiskussion „Wem gehört Hannah Arendt?“ über ihr Vermächtnis.
Ein weiterer Höhepunkt war die Uraufführung der Performance “Es bleibt die Sprache”, entwickelt von der argentinischen Künstlerin Laura Santos und der deutschen Künstlerin Felicitas Friedrich, die Projektionen von Interviewausschnitten mit Hannah Arendt beinhaltete. Zudem führte Florencia Sichel ein geschlossenes Event mit einer großen Gruppe von Schüler*innen der Sekundarstufe durch.
Das Programm bot außerdem eine attraktive Filmreihe, die sich mit den Themen der Tagung befasste: Riefenstahl (Premiere in Argentinien) und Ökozid (Andres Veiel), Hannah Arendt (Margarethe von Trotta), Sieben Winter in Teheran (Steffi Niederzoll), Nahschuss (Franziska Stünkel) aus Deutschland sowie Der Prozess (Ulises de la Orden) aus Argentinien.
Darüber hinaus wurde im Kulturzentrum eine Ausstellung mit Büchern von und über Arendt gezeigt, mit Möbeln, die seinerzeit von der argentinischen CONADEP-Kommission genutzt wurden.
"Buenos Aires wird zum Schauplatz einer intellektuellen und künstlerischen Hommage ohnegleichen: die Hannah Arendt-Tage. Von Exil bis Post-Truth. Organisiert vom Goethe-Institut und dem Lehrstuhl Walter Benjamin – DAAD, laden sie dazu ein, die Aktualität des Denkens einer der herausforderndsten Figuren des 20. Jahrhunderts neu zu entdecken." Clarín
"Unter dem Titel Von Exil bis Post-Truth analysieren zwanzig Akademiker*innen aus sehr unterschiedlichen Perspektiven das Werk einer der brillantesten Denkerinnen des 20. Jahrhunderts. Die Tagung konzentrierte sich auf die Bedeutung von Hannah Arendts Werk in der Gegenwart und richtete sich sowohl an diejenigen, die bereits mit ihrer politischen Philosophie vertraut sind, als auch an diejenigen, die sich zum ersten Mal mit ihrem Werk beschäftigen." Noticias – Friso Maecker
"Das Goethe-Institut und der Lehrstuhl Walter Benjamin organisieren (...) eine interdisziplinäre Tagung mit Vorträgen, Filmen und Debatten über den Einfluss der deutschen Denkerin auf Politik und zeitgenössische Kultur. Das Programm umfasst Aktivitäten, die sich auf das Vermächtnis und die Aktualität der Philosophin konzentrieren, deren Ideen sowohl die moderne Politik als auch das akademische und soziale Denken beeinflusst haben." Infobae
"Die Winde des Denkens hören nicht auf zu wehen, wenn sich der 50. Todestag von Hannah Arendt (1906–1975) jährt, der frei denkenden jüdisch-deutschen Intellektuellen, die durch ihren Mut und ihre Klarheit glänzte. Grund genung für eine Hommage im Rahmen der Hannah Arendt-Tage. Von Exil bis Post-Truth, organisiert vom Goethe-Institut und dem Lehrstuhl Walter Benjamin – DAAD." Perfil – Esteban Ierardo
Teilnehmende Kurator*innen, Expert*innen und Künstler*innen
Wurde 2003 an der Ludwig-Maximilians-Universität München promoviert und sechs Jahre später dort habilitiert. 2020 ernannte ihn die LMU zum Professor für Philosophie. Nach mehrjährigen Aufenthalten in Israel und den USA lebt Meyer seit 2015 in Berlin. 2023 erschien seine Hannah Arendt-Biografie im Münchner Piper Verlag, in dem er auch eine zwölfbändige Studienausgabe von Arendts Schriften herausgibt. Die Edition wird Ende November 2025 abgeschlossen. Meyers Biografie wird in zwanzig Sprachen übersetzt werden. In diesem Jahr ist die spanische Ausgabe bei Anagrama (Barcelona) in der Übersetzung von José Rafael Hernández Arias erschienen. Bei Taurus erschien ebenfalls 2025 der von Meyer herausgegebene Band "Sobre Palestina" (übersetzt von Joaquín Chamorro Mielke).
Das Projekt wurde in Zusammenarbeit mit dem Kulturzentrum Centro Cultural San Martín durchgeführt und von der Zeitschrift Revista Ñ unterstützt. Die Veranstaltungstage waren Teil des Aktivitätenkalenders zum 200-jährigen Jubiläum der Freundschaft zwischen Deutschland und Argentinien.