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19:30–21:00 Uhr
Der Chor
Szenische Lesung mit Nachgespräch|Szenische Lesung mit Nachgespräch
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Goethe-Institut China, Peking
- Sprache Chinesisch
- Preis Eintritt frei
Szenische Lesung mit Nachgespräch –
„Der Chor“
Zeit: 07./08.09.2024, 19:30
Ort: Goethe-Institut China
Adresse: Originality Square, 798 Art District, Nr. 2 Jiuxianqiao Road, Chaoyang District, Beijing
Sprache: Chinesisch
Eintritt frei, keine Reservierung erforderlich
In Kooperation mit dem Österreichischen Kulturforum der Österreichischen Botschaft und mit Unterstützung von Pro Helvetia Shanghai, der Schweizer Kulturstiftung, dem Young Theater sowie der Abteilung für Kultur und Bildung des Deutschen Generalkonsulats in Shanghai präsentiert das Goethe-Institut China im Herbst 2024 das Stückemarktprojekt mit szenischen Lesungen, Workshops und Diskussionen. Drei Stücke junger Autor*innen aus dem deutschsprachigen Raum – „Der Chor“ von Dominik Busch, „Wasser“ von Anna Gschnitzer, und „Alice verschwindet“ von Selma Kay Matter und Marie Lucienne Verse - werden erstmals ins Chinesische übersetzt und als szenische Lesung durch chinesische Theatermacher*innen dem Publikum in China vorgestellt. Ziel des Stückemarktprojekts ist es, Nachwuchstheatermacher*innen zu unterstützen sowie den internationalen Austausch und die Zusammenarbeit im Theaterbereich zu fördern.
Zum Auftakt der Veranstaltungsreihe wird „Der Chor“ von Dominik Busch in der Inszenierung des Sleepy-less Ensembles am 7. und 8. September 2024 im Goethe-Institut China in 798 präsentiert. Eine weitere Vorstellung findet am 25. Oktober 2024 im Young Theater in Shanghai statt.
Das Stück „Der Chor“
Im Oktober 2001, einen Monat nach den Anschlägen des 11. September, treffen im Schweizer Appenzell dreißig Mitglieder des Luzerner Chors zu einer Probenwoche zusammen, an deren Ende ein Konzert stehen soll. Während der Proben kommt es jedoch zu einem Amoklauf in Luzern. Ein junger Mann dringt unter einem Vorwand mit einem im Gitarrenkoffer verstecken Sturmgewehr in die WG seiner Ex-Freundin ein und tötet zwei Menschen, darunter die Tochter einer Choristin. Während die Mutter nach Luzern gebracht wird, bleibt der Chor unter Schockstarre zurück. Zunächst soll das Konzert abgesagt werden. Bis jemand vorschlägt, „Ich finde, wir sollten morgen gemeinsam singen“, und dem Chor neuen Mut und Entschlossenheit einflößt.
Der Autor Dominik Busch war damals selbst Teil dieser Gruppe. Zwanzig Jahre später hat er viele der damaligen Chorist*innen sowie Angehörige des Opfers wiedergetroffen. Mit „Der Chor“ ist daraus ein vielstimmiger Text entstanden, der sich gegen die Ohnmacht und das Verstummen angesichts von Gewalt auflehnt und zeigt, wie der Austausch von Gedanken und Gefühlen sowie die geteilte Energie von Körpern, Atem und Gesang schließlich über die Fliehkräfte von Gewalt, Isolation und Einsamkeit obsiegen.
Die Interpretation der Regie:
Zwangsläufig werden wir mit Katastrophen und Gewalt konfrontiert und mit dem Tod, der damit unweigerlich einhergeht. Während sich der Tod bereits ereignet hat, lauert das Vergessen an seiner Seite, auf dass die Toten ein zweites Mal sterben. Ohne die Erinnerung gewinnt die Macht des Vergessens die Oberhand. Wenn der Chor eine Aufführung auf die Beine stellt, der Dramaturg das Skript schreibt und wir heute gemeinsam proben, dann aus keinem anderen Grund, als um uns dem Vergessen zu verweigern, uns dagegen zu wehren, die Toten noch einmal zu verlieren.
Wir wissen nicht, wie wir uns Gewalt, Katastrophen, Tod oder anderen zwangsläufigen Verlusten widersetzen sollten, vor allem aber dürfen wir das Vergessen nicht zulassen. In verschiedensten Formen kommen wir zusammen, um zu gedenken, zu erinnern, uns zu entsinnen, nachzudenken und zu rekonstruieren; um zu mahnen, aber auch, um Zeugnis abzulegen, um den Seelen der Lebenden und Toten zu beweisen, dass wir uns nie entfernt haben, dass wir zusammenstehen.
Wir beten aufrichtig dafür, dass wir in einem solchen Text unsere eigenen Geschichten wiederentdecken können. (Text: Sleepy-less Ensemble)
Die Besetzung
Buch: Dominik Busch
Übersetzung: Fairy no Marry Übersetzungsgruppe (天仙不配翻译小组)
Regie: Sleepy-less Ensemble (睡不好的工作室)
Performer*innen (Station Peking): Zhao Xiaolu, Zhang Mingyi, Li Kui, Liang Chuozi, Zhang Junqi
Über den Autor
Dominik Busch wurde 1979 in Sarnen geboren und wuchs in Luzern auf. Nach der Matura an der Kantonsschule Alpenquai studierte er Philosophie und Germanistik an der Universität Zürich und an der Humboldt Universität in Berlin. 2012 nahm er als Autor am Dramenprozessor am Theater Winkelwiese teil. Danach arbeitete er regelmäßig mit der freien Luzerner Gruppe Zell:stoff zusammen, so etwa für „Draussen die Stadt“ (2014) und „Nach der Arbeit“ (2018). In der Spielzeit 2015/16 war Dominik Busch Hausautor am Luzerner Theater, 2016/17 am Theater Basel, wo sein Stück „Das Recht des Stärkeren“ entstand. Buschs Theaterstücke wurden unter anderem am Luzerner Theater, am Deutschen Theater in Berlin, am Schauspielhaus Zürich, am Theater Winkelwiese, am Theater Basel, am Schlachthaus Theater Bern, im Südpol Luzern, an den Westfälischen Kammerspielen Paderborn, am Theater Oberhausen, am Theater Bielefeld, am Deutschen Nationaltheater Weimar, am Meyerhold Center in Moskau und an der Comédie Française gezeigt. Dabei traf er auf Regisseur*innen wie: Felicitas Brucker, Babett Grube, Sophie Stierle, Lily Sykes, Florian Fiedler und Jan Neumann. Stücke von Dominik Busch wurden ins Französische, Spanische, Aramäische, Rumänische, Ungarische und Russische übersetzt. 2017 realisierte er sein Hörspiel „Unsere Fahrräder wiegen nichts und kosten ein Vermögen“ für den Bayerischen Rundfunk, welches beim BR, WDR, NDR, SR, MDR und beim SRF ausgestrahlt, für die ARD Hörspieltage und für den Prix Italia nominiert wurde. Die Rechte an seinen Stücken und Hörspielen vertritt der Suhrkamp Theater Verlag.
Über die Übersetzung
Die Übersetzungsgruppe Fairy no Marry wurde im Oktober 2023 von Dora Yuemin Cheng ins Leben gerufen und besteht aus jungen Theater- und Performance-Künstler*innen, die zwischen China und Deutschland arbeiten. Die Gruppe konzentriert sich auf die Übersetzung neuer Texte und Performances aus dem aktuellen deutschsprachigen Bühnenleben, auf den Kulturtransfer sowie die Verbreitung im chinesischen Sprachkontext. Das Stück „Der Chor“ wurde von Dora Yuemin Cheng, Xu Zhuoying, Zhan Jinjin, Wang Yixi, Zei Laman und Hai Guang übersetzt und von Dora Yuemin Cheng redigiert.
Dora Yuemin Cheng ist eine mehrsprachige Dramatikerin und Theaterarbeiterin. Geboren in Nanjing, absolvierte sie ihren Bachelor in Dramatischem Schreiben an der Shanghai Theatre Academy und ihren Master in Visual Language of Performance am Wimbledon College of Art. Heute lebt und arbeitet sie in Berlin, Beijing, Shanghai und ihrer Heimatstadt Nanjing. Ihre multilingualen und mehrdimensionalen Stücke wurden in China, dem Vereinigten Königreich, Deutschland, Österreich und Dänemark gelesen oder inszeniert. Sie konzentrieren sich auf die Entwicklung des weiblichen und queeren Selbstbewusstseins sowie auf die Risse zwischen verschiedenen Definitionen von Realitäten mit philosophischen Mitteln.
Über die Regie
Sleepy-less Ensemble
Die Realität ist komplex und mehrdeutig, und Kreativität besteht in der Übersetzung von Realität. Das Sleepy-less Ensemble ist ein aus dem Nichts erschaffener Ort des kreativen Denkens, ein Vergnügungspark der Gegenwartsdokumentation und Wirklichkeitskonfrontation, eine soziale Institution und eine Form des Widerstands. Mit ihren Arbeiten wurde das Ensemble zum Wuzhen Theatre Festival, Aranya Theater Festival, Guangzhou Grand Theatre Women's Art Festival und zum Modern Drama Valley in Shanghais Jing’an District eingeladen. Zu den jüngsten Werken gehören „Echoing: The Seagull“ (2023, Rekonstruktion eines Klassikers), „Secrets“ (2023, eigene Inszenierung), „After School“ (2024, eigene Inszenierung) und „Virtual Shadows“ (2024, Kurzstück).
Über die Performer*innen
Zhao Xiaolu, Erforscherin der Bühne, möchte die Menschen durch das Theater verstehen, so langsam wie unbeirrt. Theaterstücke „If I am not me, Drei Schwestern“ und „I am the Moon“.
Zhang Mingyi, Schauspieler, Dozent für Bühnentext und Schauspiel, Gründer der White Light Theatre Company (白光剧社). Theaterarbeiten: „Das große Haus“, „Das Wintermärchen“, „Die Liebenden“, usw.
Li Kui, Schauspieler, Theaterarbeiter, Fan des fahrenden Theaters auf der Ladefläche umgebauter Lastwagen, Leiter des Tianli Duli Literary Studios (田里土里搞文艺工作室). Li Kui hat unter anderem bekannte chinesische Werke wie „One Sentence Is Ten Thousand Sentences“, „Tagebuch eines Verrückten“ und „I’m not Madame Bovary“ für die Bühne inszeniert.
Liang Chuozi wurde 2023 im Rahmen der Short Film Conference beim Ningbo Short Film Festival 2023 (NSFF) als beste Schauspielerin ausgezeichnet. Zu ihren Theaterarbeiten gehören „Drunk“, „The Island of Yingtai“, „The Dopaminerg Game“ (auch bekannt als „We're Falling“) und andere.
Zhang Junqi ist Schauspieler und studiert Regie an der Central Academy of Drama in Beijing. Zu seinen Bühnenarbeiten gehören unter anderem „Spring and Autumn of Drama“.
Übersetzung aus dem Chinesischen: Julia Buddeberg
Ort
Originality Square, 798 Art District, Jiuxianqiao Road 2, Chaoyang District
Peking
China
Ort
Originality Square, 798 Art District, Jiuxianqiao Road 2, Chaoyang District
Peking
China