Online-Lecture Literature in, not of, Germany

Das Bild zeigt Ervin Malakaj, ein Mann in einem karierten Hemd mit Bart, der vor einer Hecke steht. Links oben im Bild ist das Logo der Reihe Vorzeichen zu sehen. © Privat

Di, 04.06.2024

19:00 Uhr – 20:00 Uhr CET

Online

Online-Lecture mit Ervin Malakaj im Rahmen der Reihe #Vorzeichen

Wie beeinflusst übersetzte Literatur das Verständnis und die Wahrnehmung von deutscher Literatur und welche globalen Perspektiven werden dadurch erkennbar? Welchen Einfluss hat übersetzte Literatur auf Lehrpläne im Bildungssystem und den Buchmarkt? Können sich durch kollektiv betriebene Literaturwissenschaft und transnationale Solidaritätsnetzwerke neue Arten des Lesens entwickeln, die zu einem breiteren Verständnis und einer tieferen Wertschätzung von Literatur führen?

Diese und weitere Fragen wird Professor Ervin Malakaj von der University of British Columbia in unserer nächsten Online-Veranstaltung der Reihe #Vorzeichen in seinem Vortrag erörtern. Die Veranstaltung wird in Zusammenarbeit mit poco.lit präsentiert, einer Diskussionsplattform für Postkoloniale Literatur im weitesten Sinne. Poco.lit widmet sich der ethisch-politischen Bedeutung von Literatur. Auf kreative Art wird ein Raum geschaffen, der die kritische Auseinandersetzung mit Machtdynamiken und interkulturelle Dialoge fördert. Die Veranstaltung wird gemeinsam von Dr. Anna von Rath (poco.lit) und Dr. Maha El Hissy, der Kuratorin der Reihe, moderiert. Der Vortrag findet auf Englisch statt, die Teilnahme ist kostenlos.


Abstract

Literature in, not of, Germany: Thinking about Transnational Solidarities and Diasporic Kinship with Lana Bastašić

Ervin Malakaj nimmt Lana Bastašićs literarische Praxis, ihre Präsenz auf dem deutschen Literaturmarkt und die öffentliche Kündigung des Vertrags mit ihrem deutschen Verlag zum Anlass, darüber nachzudenken, welche und unter was für Bedingungen übersetzte Literatur vom deutschen Literaturbetrieb gefördert wird. Der Vortrag wird untersuchen, wie Bastašić als postjugoslawische Schriftstellerin für den deutschen Kontext zugleich interessant und irritierend war. Eine Provokation der etablierten Logiken eines Marktes bedeutet jedoch nicht zwangsläufig ein literarisches Scheitern. Unter Rückgriff auf postkoloniale Kritik wird der Vortrag untersuchen, wie Bastašićs Politik des Ausstiegs einen Rahmen geschaffen hat, in dem neue Konstellationen transnationaler Solidaritäten entstehen, die die Verflechtung verschiedener globaler Kämpfe aufzeigen.

Malakaj selbst wurde im ehemaligen Jugoslawien geboren und seine Familie lebte als Flüchtlinge in Deutschland. Ausgehend davon wird er nachzeichnen, wie seine persönliche Auseinandersetzung mit Bastašićs Schreiben und ihren Erfahrungen auf dem deutschen Literaturmarkt eine Form der diasporischen Verwandtschaft erzeugte, die besonders förderlich ist, um die Schnittmenge von Literatur/Diaspora/Solidarität zu untersuchen.

 

Zitat

What does solidarity mean to you? What histories of injury do you acknowledge and which do not come into view for you as worthy of your attention?

Ervin Malakaj: Historical Injury and Multidirectional Solidarity in Times of Crisis, The New Fascism Syllabus, 06.03.2022.


Bio

Ervin Malakaj ist außerordentlicher Professor für Germanistik an der University of British Columbia. Als vielfach ausgezeichneter Wissenschaftler, Lehrer und Initiator von Communitys, arbeitet er an der Schnittstelle von deutscher Kulturgeschichte und Queer Studies. Derzeit arbeitet er an einem Buch mit persönlichen Essays über queeres Leben in der bosnischen und herzegowinischen Diaspora. 2016 war er Mitbegründer des internationalen wissenschaftlichen Kollektivs Diversity, Decolonization, and the German Curriculum. Die Forschungen und gemeinschaftlichen Aktivitäten der Gruppe trugen weltweit zur Neugestaltung der Lehrplanentwicklung bei.
 

Moderation

Dr. Anna von Rath ist Co-Gründerin von poco.lit. Sie lebt in Berlin und arbeitet u.a. als Übersetzerin. In den vergangenen Jahren übersetzte sie beispielsweise Franceska Ekwuyasi, Patricia Hill Collins und Aimee Nezhukumatathil aus dem Englischen.

Dr. Maha El Hissy kuratiert in diesem Jahr die Reihe #Vorzeichen für die Goethe-Institute in Nordwesteuropa. Sie ist freie Literaturwissenschaftlerin und Kritikerin. Im November erscheint von ihr im Verbrecher Verlag eine Anthologie über Kunst und Literatur der Einwanderung ins Nachkriegsdeutschland.
 

#Vorzeichen

Die Reihe #Vorzeichen. Wen, was und wie wir lesen lädt insgesamt zu sechs Gesprächen mit Expert*innen aus Wissenschaft und Literaturbetrieb ein, um gemeinsam Kanonkritik zu üben, indem der Fokus auf das Lesen als machtkritische Praxis gelegt wird. Es sollen Texte, Schreibformen, Ästhetiken, Diskurse, Denkfiguren und Topoi beleuchtet werden, die jenseits hegemonialer, also vorherrschender, Kanonisierungsprozesse entstehen. In Kooperation mit einer akademischen Institution werden bei den Online-Lectures Speaker*innen aus verschiedenen Bereichen, etwa Wissenschaft, Verlags- oder Übersetzungswesen, zu Wort kommen und gemeinsam über Ausschlüsse von Texten und Autor*innen durch Kanonisierungsprozesse und Marktdruck diskutieren. Die Online-Veranstaltungen sind offen für alle und besonders empfehlenswert für Literaturwissenschaftler*innen, Studierende, Verleger*innen oder Übersetzer*innen.

Neben den Online-Lectures umfasst die Reihe acht Gespräche mit Autor*innen und Buchbesprechungen, die im Laufe des Jahres auf Instagram veröffentlicht werden. Ausführliche Informationen zur Reihe sowie Veranstaltungsankündigungen und Aufzeichnungen bereits stattgefundener Veranstaltungen finden Sie hier:

Zurück