Fotografieausstellung За Свабоду / Für Freiheit. Fotografien von Christina Stohn

„За Свабоду“ / „For Freedom“. Fotografien von Christina Stohn Grafikdesign: Distaff Studio

Di, 20.09.2022 –
So, 27.11.2022

Litauische M. Mazvydas Nationalbibliothek

Seit den manipulierten Präsidentschaftswahlen in Belarus im Jahr 2020 sind mehr als 40.000 Belarus*innen nach Litauen ausgereist – die meisten von ihnen nach Vilnius. Durch die Umstände im eigenen Land zu Meister*innen der Selbstorganisation geworden, schafften die Menschen aus Belarus auch in Vilnius Strukturen: Co-Working-Spaces und Selbsthilfegruppen, Crowdfunding-Kampagnen für dringende Evakuierungen aus Belarus, inzwischen auch Unterstützung für die Ukraine. Doch Vilnius, einst geistliche Hauptstadt, die im 20. Jahrhundert zweimal zum intellektuellen Zentrum der belarusischen Nation wurde, verlor für viele schnell ihren symbolischen Charakter und wurde zu einem realen Ort mit Sorgen und Problemen, mit einer Migrationsbehörde und Strafzetteln. Und auch der äußere Blick auf die neu Angekommenen änderte sich: Mit dem Ausbruch des Krieges in der Ukraine erfahren viele Belarus*innen nicht mehr nur Solidarität, sondern mitunter auch Skepsis als Bürger*innen eines Satellitenstaats des Aggressors. Doch sind seither auch die ungläubigen Blicke seltener geworden, die das gegenseitige Vertrauen erschwerten. Das Wissen um die Gewalt, das die Belarus*innen mit sich trugen, ist nun auf allen Bildschirmen.
 
Mit der Ausstellung „За Свабоду“ („Für Freiheit“) gibt Christina Stohn einen Einblick in Lebensumstände sowie kollektive Identitäten von Exilant*innen aus Belarus. Die Porträts finden sich in den fremden Interieurs der provisorischen Zufluchten. Wenn Betrachter*innen hinter dem einen oder anderen Gesicht Folter, Erpressung, Haft der Familienmitglieder vermuten, liegen sie nicht ganz falsch. Und trotzdem sind es friedliche Porträts in Vilnius, einer Stadt, die Wunden heilt. Die wie zu Hause ist, nur etwas anders. Hinter der Kulisse stellt die Fotografin viele Fragen. Eine davon lautet: Wie entscheidet man sich, ob man nach Warschau oder Vilnius ausreisen soll? Die Antwort ist offensichtlich: aus Vilnius kommt man am Schnellsten zurück.
                                                           

Christina Stohn wuchs im Schwarzwald auf, wo sie eine Ausbildung zur Werbefotografin absolvierte und für das Studio Gieske arbeitete, wobei sie sich auf Interieur und Still Life Fotografie spezialisierte. Anschließend verbrachte sie acht Jahre in London, wo sie als Fotokünstlerin tätig war. Im Jahr 2014 schloss sie ihr Studium an der University of Westminster mit einem BA in Fotografie ab. 2018 erwarb sie an der HfK Bremen einen MA in Integriertem Design, der sowohl Fotografie als auch Grafikdesign umfasste. Christina Stohn lebt derzeit in Freiburg im Breisgau, Deutschland. Als freiberufliche Fotografin arbeitet sie an redaktionellen und kommerziellen Aufträgen. Ihr persönliches Portfolio beinhaltet projektbezogene Arbeiten mit einem Fokus auf Themen der kollektiven Identität und einem besonderen Interesse an Buchgestaltung.

Die Ausstellung wird vom Goethe-Institut in Zusammenarbeit mit der Litauischen Martynas Mazvydas Nationalbibliothek organisiert.

12 großformatige Porträts sind bis zum 27.11.2022 in der Litauischen M. Mazvydas Nationalbibliothek in Vilnius zu sehen. Die Onlinepräsentation und die Ausstellung in der Nationalbibliothek zeigen unterschiedliche Motive aus der Porträtserie.



 

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