Kino Mittwochskino: Reise nach Jerusalem

Eva Löbaus ist Alice ©Kess Film

Mi, 24.05.2023

19:30 Uhr

Goethe-Institut Peru

Regie: Lucia Chiarla, 2018, 120 min

Im Mai zeigen wir zwei Frauenfilme

Reise nach Jerusalem (2018)
Regie: Lucia Chiarla
Eintritt frei


Eine Außenseiterballade in der eine Frau, Alice, keinen Job mehr findet und darüber ihren Platz in der Gesellschaft zu verlieren droht. Ihrer persönlichen Umgebung flunkert sie halbwegs erfolgreich eine intakte Freiberufler-Existenz vor. Tatsächlich hält sie sich aber mit Benzingutscheinen über Wasser, die sie als Aufwandsentschädigung für absurde Jobs bei Marktforschungsinstituten ausgehändigt bekommt.

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Alice ist freie Texterin und Redakteurin, 39 Jahre alt und temporär, wie sie vehement betont, arbeitslos. Nach ihrer Kündigung in einer Agentur half sie bereits Handelsvertreterinnen beim Bequatschen von Kundinnen, ‚verdiente‘ dabei aber nur Benzingutscheine. Später, in den verschiedenen Umschulungsmaßnahmen, die sie absolvieren musste, wurde kollektiv gepennt, gelesen oder mit Bürostühlen gekippelt.

Und beim einzigen, vielversprechenden Bewerbungsgespräch versagte das doofe Skype. Als sie ihrer aktuellen Fortbildung einfach fernbleibt, wird ihr ‚die Stütze‘ gekürzt und Alice geht das Geld aus. Ihre Eltern oder Freunde um Hilfe zu bitten gliche einer Kapitulation - kommt also gar nicht in die Tüte! Um den Schein zu wahren, verstrickt sie sich zunehmend unauflösbar in einem Netz aus Notlügen.

Schon bald fühlt sich ihr Leben an wie ein endloser Kampf gegen Windmühlen um ein kleines bisschen Glück und Erfolg. Oder um eine einzige Packung Schokokekse.

Der Debütspielfilm von Lucia Chiarla wird getragen von der Präsenz und Leistung Eva Löbaus. Sie trägt buchstäblich jede einzelne Szene des Films und spielt die unaufhaltsam nach unten sich drehende Verzweiflungsspirale von Alice glaubwürdig und bisweilen schmerzhaft nachvollziehbar.

REISE NACH JERUSALEM spielt in Berlin und zeigt die Kehrseite der Hipster-Hochburg mit ihren Start-Ups und jungen Kreativagenturen. Der Filmtitel bezieht sich auf das gleichnamige Gesellschaftsspiel, das in metaphorischer Aufgeladenheit auf allen Ebenen durchdekliniert wird. Die Regisseurin entwirft ein authentisches Zeit- und Gesellschaftsbild und zeigt Alice als eine von vielen Menschen, die dem Leben und der Gesellschaft verloren zu gehen drohen.

Kritiken und Empfehlungen

„Ein kraftvolles Drama, das zeigt, wie wackelig das Leben sein kann.“ (tip Berlin)

 „Mit ihrem nuancierten Spiel zwischen verzweifelter Motivation, totaler Resignation und Rotzigkeit ist Eva Löbau der Anker von Lucia Chiarlas Außenseiterballade.“ (epd Film)

„Ein Film nah am Leben, konsequent, hart und doch mit viel Wärme und Liebe zu seiner Hauptfigur erzählt. (Aus dem Gutachten der Filmbewertungsstelle zur Verleihung des Prädikats Wertvoll)

„Dass REISE NACH JERUSALEM den Berlin-Mythos, der längst zur Marke geworden ist, nicht fortschreibt, sollten dem Film alle danken, die in dieser Stadt tatsächlich leben.“ (Die Tageszeitung)
 

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