Filmkomödie Generation Beziehungsunfähig - Mittwochskino

Relaciones imposibles Foto: Tom Trambow,Pantaleon;Warner Bros.Entertainment

Mi, 08.05.2024

19:30 Uhr

Goethe-Institut Peru

Regie: Helena Hufnagel 2021, Farbe, 84 min,

Liebe in den Zeiten von Tinder: Ein ebenso so treffsicheres Porträt der Generation „Wenn-ich-mich-binde-verpasse-ich-was“, wie auch eine schmissig inszenierte Liebeskomödie um schnellen Sex, Beziehungssimulationen und Ghosting; und an der Ecke lauert dann doch die Romantik.

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Tim (Frederick Lau) ist zwar längst im Berufsleben in einer auf schick machenden Agentur angekommen, aber das Selbstbild eines jungen und vor allem ungebundenen Lebens muss unbedingt aufrecht erhalten werden: Sei es durch den gezwungen-ungezwungenen WG-Lifestyle oder im Beziehungsstatus „Single auf Tinder“, bei dem Sexualpartnerinnen so etwas ähnliches sind wie Einwegkaffeebecher. Doch dann dreht die nicht minder beziehungsunfähige Ghost (Luise Heyer) den Spieß einfach um: Zuerst schnappt sie Tim an der Tanke das letzte Stracciatella-Eis weg und dann auch noch das Car-Sharing-Auto. Beim mit punktgenauen Wortgefechten garnierten Wiedersehen hat sie ihm schnell den Kopf verdreht, auf Sex und kurzzeitige Beziehungssimulation folgt ein langes Schweigen – Ghost muss ja ihrem von Ghosting abgeleiteten Rollennamen gerecht werden. Trotz des Titels hat der Film den Glauben an die klassische Romantik allerdings doch nicht ganz verloren und so wird daraus ein ebenso treffsicheres Genetationenporträt von Leuten um die 30, wie auch eine schmissig inszenierte und wunderbar gespielte Liebeskomödie.

Frederik Lang (09.08.2022)

Pressestimmen:

„Als sich Tim, gespielt von Frederick Lau, auf einer Party das Konfetti genauer anguckt, ist er baff: Es handelt sich um seinen Roman, den er vor drei Jahren geschrieben hat. ‚Ich habe die Restbestände aus dem Verlag mitgenommen und zerschreddert – wegen der Umwelt und so’, erklärt ihm seine Agentin. Der angetrunkene und leicht bekiffte Tim beginnt, sein Werk zu verteidigen, wird aber schnell ausgebremst: ‚Dein Sujet ist hart veraltet. Frauen haben kein Interesse mehr daran, Männer zu verstehen’, sagt sie nüchtern. Sie könnte auch über Michael Nasts Buch Generation Beziehungsunfähig sprechen. (…) Matthias Schweighöfers Produktionsfirma sicherte sich die Verfilmungsrechte am Buch, die Regie übernahm die 33-jährige Helena Hufnagel. Aus dem Sachbuch hat sie ein Drehbuch gemacht, bei dem nur das übergreifende Thema das gleiche ist: Beziehungsunfähigkeit. Die Geschichte wird also von einer Frau erzählt, die selbst Teil dieser Generation ist: ‚Um unsere Gesellschaft wirklich abzubilden, braucht es auch einen weiblichen Blick in der Fiktion. In dem Film durfte ich meine eigene Sicht auf die Welt zeigen’, sagt sie“ (Danina Esau, Spiegelonline, 29.7.2021)

„Das sogenannte Ghosting, also das erklärungslose Verschwinden aus dem Leben eines Partners, ist eine der typischen Beziehungstechniken dieser ungebundenen Generation und sowohl Ghost als auch Tim haben den schwarzen Gürtel im Ghosting. (…) Das Ghosting ist die dunkle Seite der sexuellen Freiheit für alle, denn natürlich bedeutet diese auch, dass mit jemandem ins Bett zu gehen, erst mal gar nichts bedeutet. Der nächste Schritt – Tim versteht darunter gemeinsam an einem verkaterten Sonntag Asia-Fast-Food zu mampfen – ist nicht mehr selbstverständlich. Denn wenn Liebesbeziehungen den Gesetzen des Marktes unterworfen werden, wie von Michel Houellebecq schon 1994 in Ausweitung der Kampfzone beschrieben und von der Soziologin Eva Illouz theoretisiert, wird die Sexualität zum Konsumprodukt, während die eigentlich dazugehörenden Gefühle es schwer haben, sich in diesem Konkurrenzkampf in gleicher Weise zu behaupten. Die einhergehende Befreiung der Sexualität und Emotionen von einstigen gesellschaftlichen Zwängen hat sich in der Gegenwart derart radikalisiert, dass jede Bindung an jemand oder etwas anderes als das eigene Selbst als massiver Angriff auf die Selbstverwirklichung wahrgenommen wird.“ (Nicolas Freund, Süddeutsche Zeitung, 28.7.2021)

„Die ghostenden Protagonisten in ihren 30ern haben Angst, sich emotional aus dem Fenster zu lehnen. Außerdem haben sie viele Möglichkeiten, spontan jemanden zu daten und einer nervigen, längeren Beziehungsgeschichte zu entgehen. Die titelgebende Generation aber scheint irgendwie schon halb von gestern zu sein. Das zumindest deutet sich in den Worten von Tims Nichte an, mit der er über seinen Kummer spricht. Er sei doch kein Idiot, natürlich habe er Ghost seine Gefühle nicht gestanden, meint er, worauf die Nichte nur fragt: ‚Wieso nicht?’“ (Bianka Piringer, kino-zeit.de)

 

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