Wladiwostok
Haus von Johann Langelite (Einkaufszentrum Zentralny)

Mietshaus von Johann Langelite
Foto: Liudmila Kornilova © Goethe-Institut

Das Haus von Johann Langelite wurde im Jahr 1903 nach einem Entwurf von Architekt Michail Suworow errichtet. Heute ist das Gebäude ein städtebauliches Architekturdenkmal. Das Gebäude wurde elegant und fantasievoll gestaltet und macht einen imposanten Eindruck. 

Von Liudmila Kornilova

Das Haus von Johann Langelite ist ein städtebauliches Architekturdenkmal in Wladiwostok. Es wurde im Jahr 1903 nach einem Entwurf von Architekt Michail Suworow errichtet. Das Gebäude wurde elegant und fantasievoll gestaltet und machte einen imposanten Eindruck. Es lag in der Innenstadt von Wladiwostok und zeugte von den hohen Ansprüchen seiner Einwohner.

Das Haus von Langelite stellt ein zweistöckiges verputztes Gebäude dar. Es prägt die Ecke des Stadtviertels und seine Hauptfassaden sind der Svetlanskaia Straße (Südfassade) und dem Okeanski Prospekt (Westfassade) zugewandt. Die Fassaden werden durch aufeinander folgende Risalite von unterschiedlicher Breite, die mit Attiken abschließen, senkrecht gegliedert. Jede Attika ist mit einer Volute und einer mittig platzierten Turmspitze verziert. Die Fenster- und Türöffnungen im Erdgeschoss sind mit Archivolten gestaltet, die in die Fensterverkleidungen übergehen und dreifache und halbrunde Fensterstürze mit Schlussstein aufweisen. Unterhalb der Fensteröffnungen verläuft ein massiver profilierter Sims, der den Sockel des Gebäudes visuell hervorhebt.

Im Erdgeschoss befand sich früher ein Eisenwarenladen, der bei den Einwohnern von Wladiwostok sehr beliebt war. Seine prunkvolle Fassade zeichnete sich durch die erste Turmuhr in Wladiwostok aus. In den Obergeschossen waren komfortable Wohnungen für Mitarbeiter des Unternehmens eingerichtet.

Johann Langelite wurde um 1851/52 in Hamburg geboren. Er ließ sich im Jahr 1871 in Wladiwostok nieder, nachdem er als Anwalt der deutschen Handelsgesellschaft Dickmann & Co. dort hingezogen war. Im Auftrag der Gesellschaft erwarb er Grundstücke, die damals zu Spottpreisen verkauft wurden, und ließ Lagerhäuser und Geschäfte bauen. Im Jahr 1875 gründete er seine eigene Handelsgesellschaft und lud als Geschäftspartner seinen Bruder Iwan Langelite und den Baron Georg-Friedrich von Tolle ein.

Johann Langelite war ein Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts im Fernen Osten bekannter Kaufmann und Inhaber der Handels- und Industriegesellschaft „I. Langelite & Co“. Das Unternehmen von Langelite spezialisierte sich offiziell hauptsächlich auf den Groß- und Einzelhandel mit „schwerem“ Warengut: Metall- und Werkmaschinen, Baustoffe und Möbel, Elektromotoren und verschiedene Geräte, Lokomotiven und Bohranlagen. Tatsächlich aber verkaufte er alles, wofür Nachfrage bestand und womit er Gewinne machte.

In den Läden von Langelite wurden Eisenwaren und Glas, Türen und Fensterrahmen, Petroleum- und Elektrogeräte, Feuerlöscher und Straßenzubehör, Bilderrahmen und Weihnachtsschmuck, sogar Telefonapparate und Kopiergeräte verkauft. Auch Eigenproduktionen wurde entwickelt: Das Unternehmen besaß seine eigene Wodkabrennerei und sogar eine Backsteinfabrik, deren Produkte die Handelsmarke trugen: ein Monogramm aus den beiden Buchstaben „IЛ“ (lateinisches I und kyrillisches Л).

Im Handel stand Johann Langelite seine Frau Jelena (Thekla) zur Seite. Als er 1900 in Hamburg verstarb, ging das Handelsgeschäft in den lebenslänglichen Besitz von Jelena Langelite. Sie setzte das Werk ihres Mannes erfolgreich fort und wurde sogar zur Kauffrau zweiter Gilde gekürt. Gilden nannte man die Vereine für Handwerker und Kaufleute, die Steuerabgaben regelten. Zur ersten Gilde gehörten die Kaufleute mit einem Kapital ab 50.000 Rubel, zur zweiten ab 20.000 und zur dritten ab 8.000 Rubel. Jelena Langelite war in Wladiwostok damals Vorreiterin bei der Gestaltung von Musikabenden, Theateraufführungen und Treffen mit Prominenz.

Zwei ihrer Söhne – Johann und Georg – traten in die Fußstapfen ihrer Eltern. Letzterer wurde sogar Kaufmann erster Gilde und blieb Geschäftsführer der Handelsgesellschaft bis zu deren Schließung im Jahr 1915.

Im Jahr 1917 wurde alles, was von dem ehemals umfangreichen Unternehmen der Familie Langelite übriggeblieben war, an den Kooperationsverband übertragen. Zu Sowjetzeiten war im Erdgeschoss des Gebäudes an der Svetlanskaia Straße das „Zentrale Lebensmittelgeschäft“ untergebracht. Bis heute empfängt das Einkaufszentrum die Besucher unter demselben Namen.

Haus von Johann Langelite (Einkaufszentrum Zentralny) © Foto: Liudmila Kornilova © Goethe-Institut Haus von Johann Langelite Foto: Liudmila Kornilova © Goethe-Institut
Mitte der 1990er Jahre wurde das Gebäude privatisiert. Ende des Jahrzehnts wurden im Hof alte Bauten abgetragen und an ihrer Stelle entstand ein Einkaufszentrum. Im Jahr 2002 wurde das Gebäude modernisiert, wobei es einen hohen, doppelgeschossigen Glasaufbau erhielt. Der Entwurf dazu stammt von den Architekten A. I. Melnik und V. I. Smotrikowski. Der Umbau des Hauses löste jedoch sowohl bei Experten auf dem Gebiet der Architektur und des städtebaulichen Denkmalschutzes als auch bei Journalisten und Einwohnern der Stadt eine negative Reaktion aus.

Standortinformationen
Wladiwostok, Svetlanskaia Str. 29

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