Nowosibirsk | Theaterstück
ZEMENT VON HEINER MÜLLER

Zement
© Theater Staryj Dom

Theater "Staryj dom"

Am 19. und 20. März 2020 findet auf der Bühne des Nowosibirsker Schauspiels Staryj Dom die Uraufführung des Theaterstücks Zement unter Mitwirkung des Goethe-Instituts in Nowosibirsk statt. Das Theaterstück von Heiner Müller, einem der wichtigsten deutschsprachigen Dramatiker des letzten Viertels des 20. Jahrhunderts, der in Russland noch wenig bekannt ist, wird vom Regisseur Nikita Betechtin inszeniert. Es handelt sich um eine russlandweite Premiere, da Aufführungen von Zement bisher nicht zum festen Spielplan der russischsprachigen Theater gehörten.
 
Das Theaterstück entstand 1972 nach dem gleichnamigen Roman von Fjodor Gladkow, der die Sowjetunion gegen Ende des Bürgerkriegs in Jahren 1920-1921 darstellt. Heiner Müller schrieb Zement im Auftrag des Theaters Berliner Ensemble. Die Handlung: Gleb Tschumalow, Schlosser von Beruf, kehrt aus dem Bürgerkrieg wie aus dem Totenland nach Hause zurück und findet nicht nur das heimatliche Zementwerk in Trümmern vor, sondern auch seine eigene Familie in Ruinen. Um jeden Preis will Gleb „den mechanischen Körper“ des Zementwerks wieder aufleben lassen, jedoch muss er dazu lernen, selbst wie eine Maschine zu sein.
 
Der gestalterischen Lösung der Nowosibirker Version von Zement liegt ein Nadelwand-Apparat zugrunde, in dem sich die Ideen des Kubofuturismus, Suprematismus und Plakateffektes verbinden. „Die Geometrisierung des Raums und die Strukturiertheit erlauben, der ‚trivialen‘ realistischen Rezeption des Textes zu entkommen, und betonen den Zusammenhang zwischen der mythologisierten frühsowjetischen Geschichte und dem antiken Mythos", so Bühnenbildner Alexander Mochow.
 
Regie – Nikita Betechtin
Bühnenbild – Alexander Mochow
Kostüm – Alexey Lobanow, Preisträger der Goldenen Maske
Plastik – Igor Scharoyko
Sound-Design – Jan Kuzmitschew
Textübersetzung – Alexander Filippow-Tschechow
 
Am Vorabend der Erstaufführung des Theaterstücks Zement (29. Februar) wird die Moskauer Theaterexpertin Nika Parchomowskaja im Rahmen der öffentlichen Diskussion „Der zementierende Anfang. Heiner Müller: Warum inszenieren?“ über das Phänomen Heiner Müller sprechen und ausführlich erzählen, wie seine Werke in Russland inszeniert werden.
 
Heiner Müller (1929–1995): ostdeutscher Dramatiker, Dichter, Prosaist, Essayist, Übersetzer. Anhänger von Bertolt Brecht und dessen Nachfolger als Leiter und Regisseur des Berliner Ensembles, Autor der wichtigsten deutschsprachigen Theaterproduktionen des ausgehenden 20. Jahrhunderts. Präsident der Akademie der Künste Berlin (Ost). Thomas-Mann-Preisträger (1959), Georg-Büchner‑Preisträger (1985), Heinrich-Kleist-Preisträger (1990). Heiner Müller besuchte mehrmals die UdSSR und benutzte oft Sujets aus der russischen Literatur in seinen Theaterstücken (Zement nach Fjodor Gladkow, Mauser nach Michail Scholochow und Isaak Babel, Die Wolokolamsker Chaussee nach Alexander Bek, Wladimir Majakowski), aber sie wurden von der sowjetischen Zensur nicht freigegeben. Der größte Teil des schöpferischen Erbes von Heiner Müller (insgesamt sind es 60 Theaterstücke, mehr als 80 Gedichte, 30 Erzählungen, 14 Übersetzungen, eine Reihe von Theaterberichten und Interviews) ist in Russland bisher weder übersetzt noch veröffentlicht.
 

Details

Theater "Staryj dom"

Bolschewistskaja Str. 45
Nowosibirsk

+7 (383) 362-14-74 Anna.Morosowa@goethe.de